Worum geht's?
Ein neues Unternehmen zu gründen, kann nicht nur komplex sein, sondern vor allem viel Ausdauer und Geduld erfordern: Je nach Rechtsform müssen Sie Gesellschaftsverträge aufsetzen und notariell bestätigen lassen, die Firma im Handelsregister eintragen und beim Finanz- und Gewerbeamt anmelden. Um die Wartezeit zu verkürzen, können Sie aber auch eine Vorratsgesellschaft kaufen. Wie das funktioniert und was Sie rund um Übernahme, Steuern, Buchhaltung und Haftung wissen müssen, klären wir in diesem Beitrag.
1. Was ist eine Vorratsgesellschaft?
Unter einer Vorratsgesellschaft versteht man eine Firma, die bereits fertig gegründet ist, aber noch nicht aktiv betrieben wird und keine eigene Geschäftstätigkeit aufweist. Die Gesellschaften werden von speziellen Dienstleistern zum Kauf angeboten: Agenturen oder Anwaltskanzleien übernehmen den kompletten Gründungsprozess und bieten die Möglichkeit, ein Unternehmen schnell und unkompliziert zu erwerben.
Wartezeiten bei Ämtern, Behördengänge und Gewerbeanmeldung sowie die Einzahlung des Stammkapitals entfallen – denn die Vorratsgesellschaft ist bereits im Handelsregister eingetragen, hat eine rechtliche Struktur und kann sofort nach der Übernahme in Betrieb genommen werden. Welche Leistungen konkret übernommen werden, hängt vom Anbieter ab und ist letztendlich auch eine Preisfrage.
Die Bezeichnung “Vorratsgesellschaft” steht übrigens nicht für eine eigene Unternehmensform. Typischerweise werden Vorratsgesellschaften als Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), Unternehmergesellschaften (UG), Aktiengesellschaften (AG) oder Kommanditgesellschaften (KG bzw. Sonderform der GmbH & Co. KG) gegründet. Sie entscheiden vor dem Kauf, welche Rechtsform die richtige für Ihr Unternehmen ist.
GUT ZU WISSEN
Da Vorratsgesellschaften den Zweck verfolgen, Zeit und Ressourcen im Gründungsprozess einzusparen, lohnt sich der Kauf vor allem für eher aufwändig zu gründende Kapitalgesellschaften.
Was ist der Unterschied zur Mantelgesellschaft?
Während Vorratsgesellschaften ihren Betrieb noch nicht aufgenommen haben, handelt es sich bei Mantelgesellschaften um meist seit Jahren bestehende Unternehmen, die den Betrieb eingestellt haben – allerdings noch im Handelsregister eingetragen sind.
Sowohl Mantel- als auch Vorratsgesellschaften dienen dem Weiterverkauf. Bei ersteren sparen Sie sich den Papierkram rund um die Gründung und erhalten eine “leere Unternehmenshülle”. Bei Mantelgesellschaften übernehmen Sie zudem den Kundenstamm, den Ruf des Unternehmens, Mitarbeitende – aber auch eventuelle Altlasten und Schulden.
Bei beiden müssen Sie sich um den bürokratischen Aufwand einer rechtssicheren Unternehmensgründung keine Gedanken machen, da diese bereits abgeschlossen ist.
2. Vor- und Nachteile der Vorratsgesellschaft im Überblick
Möchten Sie eine Vorratsgesellschaft kaufen, haben Sie in kürzester Zeit eine fertige Firma an der Hand, um mit Ihrer Geschäftsidee loszulegen. Der Kauf geht jedoch mit höheren Kosten einher – schließlich ist der Service des Dienstleisters nicht gratis. Ob sich der Kauf lohnt oder eine Neugründung sinnvoller ist, sollten Sie daher sorgfältig abwägen.
Vorteile |
Nachteile |
Schnelle Übertragung des Unternehmens auf Sie als neuen Eigentümer |
Zeitersparnis kann entfallen, wenn Firmensitz der Vorratsgesellschaft in einem anderen Bundesland ist |
Dienstleister übernimmt Behördengänge, Genehmigungen und Anmeldungen |
Zusätzliche Kosten für Dienstleistungen rund um Gründungsprozess |
Stammkapital ist bereits eingezahlt, bestehende Bankverbindungen können übernommen werden |
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Kein Risiko von Altlasten und Schulden (im Gegensatz zur Mantelgesellschaft) |
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Vermindertes Haftungsrisiko |
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Da Kauf rechtlich als Neugründung gilt, können Fördermittel für Existenzgründer beantragt werden |
WICHTIG ZU WISSEN
Der Kauf einer Vorratsgesellschaft mit Sitz in einem anderen Bundesland hat einen entscheidenden Nachteil: Da andere Gewerbeämter zuständig sind, steigt der bürokratische Aufwand – und die Zeitersparnis sinkt. Der Gründungsprozess dauert deutlich länger und ist im Vergleich zur Neugründung meist nicht schneller abgeschlossen.
Tipp: Aus diesem Grund lohnt es sich, eine Vorratsgesellschaft zu kaufen, deren Firmensitz sich in Ihrem Bundesland befindet.
3. Welche Voraussetzungen benötigen Gründer, die eine Vorratsgesellschaft kaufen wollen?
Überlegen Sie, eine Vorratsgesellschaft zu kaufen, benötigen Sie dafür keine besonderen Voraussetzungen. Wie bei jeder Gründung – zumindest, wenn es um Kapitalgesellschaften geht – braucht es natürlich die finanziellen Mittel für das Stammkapital. Wie hoch dieses ausfällt, hängt von der Unternehmensform ab.
Zunächst müssen Sie sich daher für eine Rechtsform entscheiden. Den anschließenden Übernahmeprozess übernimmt der Dienstleister für Sie. Bei Bedarf erhalten Sie nicht nur Unterstützung beim Notartermin, sondern auch bei der Wahl der richtigen Unternehmensform.
Es ist ratsam, dass sich die Vorratsgesellschaft mit Firmensitz in dem Bundesland befindet, in dem auch Sie als Gründer ansässig sind – sonst nimmt der Anmeldeprozess wesentlich mehr Zeit in Anspruch. Außerdem sollte das Stammkapital vollständig als Bareinlage ohne versteckte Sacheinlagen auf das Bankkonto der Gesellschaft eingezahlt worden sein.
In jedem Fall ist ein seriöser Dienstleister eine grundlegende Voraussetzung für den rechtssicheren Kauf.
4. So kaufen Sie eine Vorratsgesellschaft: Schritt-für-Schritt-Anleitung
Möchten Sie nicht selbst gründen, kann es sich lohnen, eine Vorratsgesellschaft zu kaufen und den Papierkram in die Hände von Experten zu legen. Wie Sie dabei vorgehen, zeigt die folgende Schritt-für-Schritt-Anleitung:
Schritt 1: Anbieter und Rechtsform auswählen
Vorratsgesellschaften werden von spezialisierten Agenturen, Kanzleien und Unternehmensberatungen angeboten. Recherchieren Sie nach geeigneten Anbietern und vergleichen Sie die Angebote. Achten Sie auf den Ruf und die bisherigen Erfahrungen und prüfen Sie die Kosten, die für den Unternehmenskauf und die Serviceleistungen verlangt werden.
WICHTIG
Der Kaufpreis sollte in keinem Fall weniger als das Stammkapital betragen, das für die Gründung benötigt wird. Bei einer Vorrats-GmbH sind das beispielsweise 25.000 Euro, bei einer Vorrats-AG 50.000 Euro. Liegt der Kaufpreis unter der Summe des Stammkapitals, handelt es sich nicht um einen seriösen Anbieter.
Schritt 2: Unterlagen vorbereiten
Haben Sie einen geeigneten Partner gefunden, geht es an den Unternehmenskauf. Damit alles so schnell wie möglich geht – schließlich wollen Sie ja umgehend mit Ihrem Business starten – sollten Sie im nächsten Schritt die notwendigen Unterlagen vorbereiten, um alle erforderlichen Informationen zur Hand zu haben. Dazu gehören unter anderem:
- Steuer-Identifikationsnummer
- Ausweisdokument
- Firmennamen
- Geschäftsadresse
- Kapital für den Kaufpreis
Sobald Sie die gewünschte Gesellschaft zum Kauf reserviert haben, erhalten Sie einen Vorvertrag. Prüfen Sie diesen ebenso wie die anderen Unterlagen (z. B. Gründungsurkunde, Handelsregistereintragung) sorgfältig.
Schritt 3: Kaufvertrag abschließen
Sind die Unterlagen geprüft, wird der Kauf per Vertrag rechtswirksam abgeschlossen. Im Kaufvertrag sind unter anderem die Übertragung der Anteile, die Übernahme durch die neue Geschäftsführung sowie Änderungen im Handelsregister geregelt.
GUT ZU WISSEN
Der Kaufvertrag muss durch einen Notar beurkundet werden. Mit der Überweisung des Kaufpreises und der notariellen Beurkundung geht die Vorratsgesellschaft rechtswirksam auf Sie über.
Schritt 4: Vorratsgesellschaft in Betrieb nehmen
Sind alle formalen Schritte abgeschlossen und Sie als neuer Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen, können Sie mit Ihrer Geschäftstätigkeit beginnen. Achten Sie vor dem Start darauf, notwendige Versicherungen für Ihr Unternehmen abzuschließen und dieses ordnungsgemäß beim Finanzamt anzumelden.
5. Kosten und Dauer eines Vorratsgesellschaftskaufs
Die Kosten für den Kauf einer Vorratsgesellschaft variieren je nach Anbieter und sind von der Gesellschaftsform und dem entsprechenden Stammkapital abhängig. Die Dauer des Übernahmeprozesses wird wiederum vom Sitz der Gesellschaft beeinflusst.
Kosten einer Vorratsgesellschaft
Der Kaufpreis setzt sich in der Regel aus folgenden Posten zusammen:
- Kosten für die Gesellschaft (abhängig vom Stammkapital)
- Notargebühren
- Handelsregistergebühren
- Serviceleistungen für Beratung und Vermittlung
Die Gebühren für die Tätigkeiten des Dienstleisters liegen zwischen 1.500 Euro und 5.000 Euro und hängen von der Rechtsform des Unternehmens ab. Je komplexer und aufwendiger der Gründungsprozess, desto höher fallen die Servicegebühren aus.
SCHON GEWUSST?
Der Kauf einer Mantelgesellschaft ist teurer als der einer Vorratsgesellschaft – denn hier zahlen Sie den Preis für den Bekanntheitsgrad und den vorhandenen Kundenstamm ebenfalls mit.
Dauer des Kaufs einer Vorratsgesellschaft
Eine Vorratsgesellschaft gründen Sie nicht, sondern kaufen sie “fertig”, weshalb der Prozess der Übernahme deutlich schneller abgeschlossen ist als der einer Neugründung.
Wie lange es konkret dauert, bis das gekaufte Unternehmen geschäftsfähig ist, hängt unter anderem vom Firmensitz ab. Befindet sich dieser im selben Bundesland wie der zukünftige Geschäftssitz, sind Sie mit Ihrem Unternehmen oft schon innerhalb von 24 Stunden vertragsfähig. Voraussetzung ist natürlich, dass alle Unterlagen vollständig vorliegen.
Bei zwei unterschiedlichen Bundesländern dauert der Prozess länger, da die Übertragung mit einem höheren Aufwand verbunden ist: Das Unternehmen muss beim alten Gewerbeamt ab- und beim neuen angemeldet und Stellen wie das Finanzamt, die Industrie- und Handelskammer bzw. die Handwerkskammer über den Kauf informiert werden.
6. Haftung bei einer Vorratsgesellschaft
Die Haftung bei einer Vorratsgesellschaft hängt von der Rechtsform ab. Da Vorratsgesellschaften aber typischerweise als Kapitalgesellschaften (z. B. als GmbHs, AGs oder UGs) gegründet werden, ist die Haftung in der Regel beschränkt.
Möchten Sie eine Vorratsgesellschaft beispielsweise als GmbH oder UG kaufen, ist diese nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen haftbar. Sie selbst haften nicht mit Ihrem Privatvermögen – und Ihre Haftung als Gesellschafter ist auf Ihre Einlage beschränkt. Im Vergleich zur Neugründung einer GmbH oder UG entfällt zudem die Differenzhaftung.
GUT ZU WISSEN
Bei einer “normalen” Gründung können Sie trotz der beschränkten Haftung von Kapitalgesellschaften mit Ihrem Privatvermögen haftbar sein – und zwar aufgrund der Differenzhaftung. Die volle Haftungsbeschränkung tritt nämlich erst mit dem Handelsregistereintrag in Kraft, der einige Wochen dauert. Beim Kauf einer Vorrats-GmbH oder -UG ist diese bereits eingetragen und die Differenzhaftung entfällt.
7. Was müssen Unternehmer zum Thema Steuern und Buchhaltung für Vorratsgesellschaften wissen?
Der Kauf einer Vorratsgesellschaft geht mit komplexen steuerlichen und buchhalterischen Pflichten einher. So ist etwa die Gewinnermittlung mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht möglich. Unabhängig davon, ob Sie eine Vorrats-GmbH, -UG oder -AG kaufen, sind Sie bei Kapitalgesellschaften zur doppelten Buchführung verpflichtet – und das heißt: Bilanzierung, Jahresabschluss und Gewinn- und Verlustrechnung (GuV).
Mit der Übernahme muss die Vorratsgesellschaft beim Finanzamt angemeldet werden. Dieses teilt Ihnen eine Steuernummer und eine Umsatzsteuer-ID zu. Je nachdem, welche Rechtsform die Gesellschaft hat, fallen unterschiedliche Steuern an:
- Körperschaftsteuer (15 %)
- Gewerbesteuer (variiert je nach Kommune)
- Umsatzsteuer (19 %)
- Kapitalertragsteuer (25 % auf die Gewinnausschüttung an Anteilseigner; keine eigene Steuerart, sondern Erhebungsform der Einkommensteuer)
- Lohnsteuer (falls Sie Mitarbeitende beschäftigen; Höhe abhängig vom Jahreslohn)
- Solidaritätszuschlag
- Grundsteuer (sofern Grundstücke oder Immobilien zum Gesellschaftsvermögen gehören)
PRAXIS-TIPP
Grundsätzlich können Sie die Buchhaltung bei einer Vorratsgesellschaft selbst erledigen und auch die entsprechenden Steuererklärungen eigenverantwortlich anfertigen. In der Regel wird es aber sinnvoll sein, auf die Unterstützung einer kompetenten Steuerberatung als Ansprechpartner zurückzugreifen.
8. Fazit zur Vorratsgesellschaft
Möchten Sie ein Unternehmen gründen, aber sich nicht durch den langwierigen und zeitintensiven Gründungsprozess arbeiten, kann eine Vorratsgesellschaft die Lösung sein. Hier gründen Sie nicht selbst, sondern kaufen ein fertig gegründetes und sofort einsatzbereites Unternehmen.
Da Sie die Vorratsgesellschaft nach der Übernahme – die oft innerhalb von 24 Stunden abgeschlossen ist – umgehend für Ihre geschäftlichen Zwecke nutzen können, lohnt sich der Kauf insbesondere, wenn Sie schnell geschäftliche Verträge abschließen oder Investoren gewinnen möchten.
Da für die Serviceleistungen aber Kosten von mehreren Tausend Euro anfallen, sollten Sie sich überlegen, ob es Ihnen bei der Unternehmensgründung wirklich auf wenige Tage oder Wochen ankommt. Falls nicht, können Sie auch selbst gründen oder sich im Gründungsprozess unterstützen lassen, ohne direkt eine fertige Gesellschaft zu kaufen.