Worum geht's?
Wollen Sie sich mit einem Unternehmen selbstständig machen und wagen den Schritt in die Gründung? Wenn Sie auch Mitarbeiter beschäftigen wollen, sollten Sie sich im Vorfeld allerdings gut über das deutsche Arbeitsrecht informieren. Denn es ist von einer nahezu unüberschaubaren Vielzahl gesetzlicher Regelungen und Fragestellungen geprägt: Was ist eine Abmahnung? Wann kann ich meinen Mitarbeiter kündigen? Dürfen Arbeitnehmer am Arbeitsplatz privat surfen? eRecht24 beantwortet die wichtigsten Fragen und hilft Ihnen dabei, im Wirrwarr des Arbeitsrechts den Überblick zu behalten.
1. Was ist das Arbeitsrecht und welches sind die wichtigsten rechtlichen Vorschriften?
Das deutsche Arbeitsrecht regelt im Wesentlichen die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Individualarbeitsrecht) sowie Arbeitnehmerkollektiven wie Gewerkschaften und Betriebsvertretungen (Kollektivarbeitsrecht).
Das Arbeitsrecht dient vor allem dazu, die Arbeitnehmer vor unfairen Arbeitsverhältnissen zu schützen, da diese den Arbeitgebern grundsätzlich unterlegen sind. Zusammen mit betrieblichen Interessenvertretungen wie dem Personal- oder Betriebsrat und Gewerkschaften soll das Arbeitsrecht Einfluss auf die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer nehmen.
Unter dem Begriff “Arbeitsrecht” sind verschiedene Gesetze mit unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Schwerpunkten zusammengefasst. Dazu gehören beispielsweise die Folgenden:
- Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
- Arbeitszeitgesetz
- Arbeitsschutzgesetz
- Mindestlohngesetz
- Bundesurlaubsgesetz
- Bundeselterngeld und Elternzeitgesetz
- Entgeltfortzahlungsgesetz
- Mutterschutzgesetz
- Kündigungsschutzgesetz
- Nachweisgesetz
- Betriebsverfassungsgesetz
Aber nicht nur die Gesetze regeln die arbeitsrechtlichen Vorschriften zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände verhandeln stetig neue Regelungen zugunsten der Arbeitnehmer. Tarifverträge bilden den rechtlichen Rahmen dazu.
PRAXIS-TIPP
Bei Problemen und Streitfragen können sich sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber und Arbeitnehmerkollektive mit Rechtsfragen an einen Anwalt für Arbeitsrecht wenden. Im Rahmen einer Beratung kann ein geeigneter Fachanwalt auf Ihre Situation eingehen und im besten Fall sogar außergerichtlich schlichten.
2. Abschluss des Arbeitsvertrages: mündlich oder schriftlich?
Bevor Angestellte mit der Arbeit beginnen können, müssen sie erst einmal einen Arbeitsvertrag schließen. In der Praxis schließen Arbeitnehmer und Arbeitgeber häufig schriftliche Arbeitsverträge. Der Vorteil eines schriftlichen Arbeitsvertrages liegt darin, dass es bei Streitigkeiten einfacher ist, die gegenseitigen Verpflichtungen zu beweisen.
Entgegen der falschen Vorstellung vieler Beschäftigter, muss der Vertrag aber nicht unbedingt schriftlich geschlossen werden. Auch mündliche Absprachen reichen für die Entstehung eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich aus.
Befristete und mündliche Arbeitsverträge
Eine Ausnahme hiervon bilden befristete Arbeitsverträge, bei denen der Angestellte nur für eine bestimmte Dauer für den Chef tätig wird. Die Befristungsvereinbarung müssen die Parteien zwingend schriftlich abschließen. Andernfalls ist die Befristung unwirksam und der Arbeitsvertrag ist unbefristet.
Arbeitgeber müssen aber auch bei mündlichen unbefristeten Arbeitsverträgen beachten, dass sie nach dem „Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen“ (kurz: Nachweisgesetz) eine sogenannte Nachweispflicht trifft.
ABER AUFGEPASST
Als Arbeitgeber müssen Sie demnach die wesentlichen Vertragsbedingungen wie beispielsweise Arbeitsort, kurze Tätigkeitsbeschreibung, vereinbarte Arbeitszeit, Höhe des Gehalts und Anzahl der Urlaubstage spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich festhalten und dem Arbeitnehmer übergeben.
3. Mindestlohn im Arbeitsrecht: Das sollten Arbeitgeber beachten
Seit 2015 gibt es einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland. Dieser dient als unterste Lohngrenze für Arbeitnehmer. Arbeitgeber müssen Ihren Arbeitnehmern mindestens den gesetzlichen Mindestlohn für ihre Arbeit zahlen. Ausgenommen sind davon nur Auszubildende, Langzeitarbeitslose und Praktikanten. Der Mindestlohn liegt derzeit [Stand: 2024] bei 12,41 Euro und steigt 2025 auf 12,82 Euro.
WUSSTEN SIE’S SCHON?
Je nach Branche gibt es zusätzlich branchenspezifische Mindestlöhne. Diese liegen über dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Dazu zählen Branchen wie die Pflege, Gebäudereinigung oder pädagogisches Personal.
4. Internet & Social Media: Was ist am Arbeitsplatz erlaubt?
Sie als Arbeitgeber können die private Internetnutzung während der Arbeitszeit vertraglich verbieten. Außerdem können Sie die private Internetnutzung an den firmeneigenen Geräten - auch in den Pausen oder nach Feierabend - vertraglich ausschließen. Dies betrifft dann auch das Surfen auf sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram oder TikTok.
LESEEMPFEHLUNG
Sollten Ihre Mitarbeiter geschäftlich auf Social-Media-Plattformen posten, empfehlen wir Ihnen, für diesen Zweck Social-Media-Guidelines anzufertigen. So kann Mitarbeitern der korrekte Umgang mit den sozialen Netzwerken und den Usern näher gebracht werden. Mehr dazu in unserem Artikel:
Sie können mit Ihren Arbeitnehmern allerdings auch eine Regelung treffen, bei der Sie die private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit oder in Pausen erlauben. Hierbei ist auch die Sperrung bestimmter Internetseiten möglich. Das ist ganz Ihnen als Arbeitgeber überlassen und an keine Gesetze gebunden.
5. Arbeitszeit und Arbeitszeitgesetz im Arbeitsrecht
Die Arbeitszeit ist im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelt. Dieses dient der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer. Das ArbZG gilt für alle Mitarbeiter, ausgenommen:
- Mitarbeiter, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (hier gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz),
- leitende Angestellte,
- bestimmte Berufsgruppen im öffentlichen Dienst sowie
- Beschäftigte im Straßentransport und der Luftfahrt.
Das Arbeitszeitgesetz schreibt laut Arbeitsrecht eine tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden vor. Ruhezeiten und Pausen werden nicht eingerechnet. Wird die Arbeitszeit von durchschnittlich acht Stunden pro Tag innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen nicht überschritten, kann die Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden täglich verlängert werden.
WUSSTEN SIE’S SCHON?
Vorgesetzte müssen laut einem EuGH-Urteil von 2019 (EuGH Rs. C 55/18 CCOO) die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer erfassen bzw. ihre Mitarbeiter dazu anhalten, dass sie ihre Arbeitszeit erfassen. Dies kann beispielsweise über ein digitales System (vor allem bei Mitarbeitern im Homeoffice sinnvoll) oder eine Stechuhr erfolgen.
6. Muss ich meinen Mitarbeitern Homeoffice ermöglichen?
Nein. Es gibt in Deutschland keinen Anspruch auf Homeoffice. Mit dem Mobile-Arbeit-Gesetz steht allerdings ein Gesetzesentwurf dazu in den Startlöchern.
Arbeitnehmer müssen derzeit allerdings individuell mit ihren Vorgesetzten klären, ob und inwiefern das Arbeiten von Zuhause möglich ist. Für Arbeitnehmer bieten sich im Homeoffice zahlreiche Vorteile: kein Arbeitsweg nötig, Ruhe und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind nur ein paar davon.
Vorgesetzte fürchten oft um die Arbeitsmoral und das Teamgefüge. Dabei kann das Homeoffice ihnen einiges bieten: ausgeglichene Mitarbeiter, erhöhte Produktivität und eine Kostenreduktion, weil weniger Arbeitsplätze im Büro zur Verfügung stehen müssen.
Außerdem hat das Homeoffice den positiven Effekt, dass Sie die Vertrauenskultur im Unternehmen fördern. Wägen Sie bei der Entscheidung, ob Sie Homeoffice anbieten wollen, gut ab. Viele Arbeitnehmer suchen nach Jobs, die sie von Zuhause aus erledigen können, andere wiederum fahren lieber ins Büro. Vielleicht ist ein Mix aus beidem genau das richtige für Ihr Unternehmen.
ABER ACHTUNG
Sie sind als Arbeitgeber zuständig für den Gesundheitsschutz und die Arbeitssicherheit im Homeoffice Ihrer Mitarbeiter. Beachten Sie hier die Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes.
7. Abmahnung im Arbeitsrecht: Was ist erlaubt?
Verstoßen Bedienstete schwerwiegend gegen eine Pflicht aus ihrem Arbeitsverhältnis, können Sie als Chef eine Abmahnung aussprechen. Sie bildet meist die Vorstufe zur Kündigung. Arbeitgeber sollten beachten, dass sie in der Regel vor jeder Kündigung eine Abmahnung aussprechen müssen. Mehr zum Thema Abmahnung im Arbeitsrecht lesen Sie in unserem Artikel.
8. Was müssen Arbeitgeber bei der Kündigung im Arbeitsrecht beachten?
Reicht eine Abmahnung nicht aus, um den Arbeitnehmer zur Änderung seines Verhaltens zu bewegen, muss die Kündigung herhalten. Diese bezeichnen Juristen dann als „verhaltensbedingte Kündigung“. Daneben gibt es die „personenbedingte Kündigung“ (z. B. wegen langer Krankheit) und die „betriebsbedingte Kündigung“ (z. B. wegen Insolvenz des Arbeitgebers). Alle drei Kündigungsarten gehören zu den sogenannten „ordentlichen Kündigungen“.
WUSSTEN SIE’S SCHON?
Bei ordentlichen Kündigungen müssen Sie als Vorgesetzter eine bestimmte Kündigungsfrist einhalten. Der Arbeitsvertrag selbst enthält meistens entsprechende Regelungen zu den Fristen. Sofern dort nichts zur Kündigungsfrist steht, gelten die gesetzlichen Fristen aus § 622 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Neben der fristgebundenen Kündigung gibt es die „außerordentliche Kündigung“. Bei dieser muss der Arbeitgeber keine Kündigungsfrist einhalten. Oft wird sie daher auch als „fristlose Kündigung“ bezeichnet. Vorgesetzte müssen aber beachten, dass eine gesetzliche Ausschlussfrist gilt: Ab Kenntnisnahme des Kündigungsgrundes haben sie nur zwei Wochen Zeit, die außerordentliche Kündigung auszusprechen.
Die fristlose Kündigung ist laut Arbeitsrecht aber nur in Ausnahmefällen zulässig. Es muss ein wichtiger Grund vorliegen - wie beispielsweise eine fristlose Kündigung wegen Diebstahls des Arbeitnehmers .
Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Chef zu seinem Angestellten muss so schwer beeinträchtigt sein, dass ihm die Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Diese gesetzlichen Anforderungen sind sehr schwammig und bringen auch in der Praxis immer wieder Streit mit sich.
LESEEMPFEHLUNG
Weiterführende Informationen rund um die ordentliche und fristlose Kündigung im Arbeitsrecht lesen Sie in unserem Artikel.
9. Einfaches und qualifiziertes Arbeitszeugnis: Worin liegt der Unterschied?
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder auch zwischendurch können sich Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis vom Vorgesetzten ausstellen lassen. Das Zeugnis bildet in vielen Fällen die Grundlage für die erfolgreiche Bewerbung für einen neuen Job. Es birgt aber auch Risiken, da die enthaltenen Formulierungen teilweise netter klingen, als sie tatsächlich sind.
Das Gesetz unterscheidet einfache und qualifizierte Zeugnisse. Beim einfachen Zeugnis beschränken sich die Angaben des Arbeitgebers auf Art und Dauer der Tätigkeit. Beim qualifizierten Zeugnis kommen Beschreibungen der Leistung und des Verhaltens des Angestellten hinzu. Vorgesetzte müssen das Zeugnis klar und verständlich schreiben. Es darf nur wahre Aussagen über den Beurteilten enthalten.
Doch genau in den Formulierungen des Zeugnisses liegt oft das Problem. Es hat sich mittlerweile eine Zeugnissprache herausgebildet, deren Bedeutung in Schulnoten gemessen wird und so ihre Tücken haben kann. Welche dies sind und was Sie als Arbeitgeber rund um das Thema “qualifiziertes Arbeitszeugnis” beachten sollten, lesen Sie in unserem Artikel.
10. Angestellter, freier Mitarbeiter oder Scheinselbstständigkeit: Wo liegen die Unterschiede?
Nicht jeder Vertrag mit einem Unternehmen begründet ein Arbeitsverhältnis. In vielen Branchen (z. B. im Journalismus und in Online-Redaktionen) wird auf freie Mitarbeiter zurückgegriffen. Diese werden für den Auftraggeber im Gegensatz zu Arbeitnehmern selbständig tätig und stellen für ihre Leistungen Rechnungen.
Außerdem führen sie gesetzlich verpflichtende Abgaben (z. B. Steuern und Sozialabgaben) selbst ab. Für freie Mitarbeiter hat diese Form der Tätigkeit den Vorteil, dass sie sich ihre Arbeitszeit frei einteilen und oft auch von einem beliebigen Ort aus arbeiten können.
PROBLEM SCHEINSELBSTSTÄNDIGKEIT
Aber Vorsicht: Auch eine freie Mitarbeit kann in Wirklichkeit ein Anstellungsverhältnis und damit die Arbeitnehmereigenschaft begründen. Hierbei handelt es sich dann um eine sogenannte Scheinselbstständigkeit.
Eine Scheinselbstständigkeit besteht, wenn der freie Mitarbeiter für seinen Auftraggeber wie ein Selbständiger tätig wird - also z. B. Rechnungen stellt - im Übrigen aber, wie ein Arbeitnehmer angestellt ist. Die Auftraggeber werden in solchen Fällen wie Arbeitgeber behandelt und müssen die Pflichtbeiträge (z. B. Sozialversicherungs- und Krankenversicherungsbeiträge) für den scheinbaren freien Mitarbeiter abführen. Diese Pflicht kann unter Umständen auch für die Vergangenheit bestehen.
Die Abgrenzung zwischen Selbständigkeit und Scheinselbständigkeit ist schwierig. Folgende Umstände sprechen für eine scheinselbständige Tätigkeit und damit für ein Anstellungsverhältnis:
- Der freie Mitarbeiter ist nur für einen Auftraggeber tätig.
- Er ist den Weisungen seines Auftraggebers unterworfen.
- Er kann die Arbeitszeit und den Arbeitsort nicht frei wählen und ist in den Betrieb fest eingebunden.
Liegen diese Umstände nicht vor, deutet die Tätigkeit eher auf Selbständigkeit hin.
LESE-TIPP
Mehr zum Thema Scheinselbstständigkeit und wie Sie als Arbeitgeber erkennen, ob Ihr freier Mitarbeiter in scheinselbstständiger Arbeit bei Ihnen beschäftigt ist, lesen Sie in unserem Artikel.
11. Fazit zum Thema Arbeitsrecht
Das Arbeitsrecht stellt sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber vor große Herausforderungen. Für beide kann es schwierig sein, im Dschungel der vielen Gesetze und gerichtlichen Entscheidungen den Überblick zu behalten. Von vertraglichen Bestimmungen über gesetzliche Vorgaben müssen zahlreiche Regeln eingehalten und Maßnahmen für faire Arbeitsverhältnisse getroffen werden.
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