Worum geht's?
Abmahnungen sind ein arbeitsrechtliches Instrument, um Arbeitnehmer wegen Pflichtverletzungen gegen den Arbeitsvertrag zu verwarnen. Eine Abmahnung des Arbeitgebers gilt dabei als “gelbe Karte", bevor eine Kündigung ausgesprochen werden kann. Arbeitgeber sollten aber einige Dinge beachten, damit die Abmahnung auch wirksam ist. Welche Formalien Sie beim Inhalt und der Form von Abmahnungen im Arbeitsrecht beachten müssen, lesen Sie in unserem Artikel.
1. Welche Voraussetzungen sind bei einer Abmahnung erforderlich?
Eine Abmahnung ist im Arbeitsrecht ein wichtiges Instrument und in der Regel eine notwendige Voraussetzung für den Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung. Die Abmahnung dient als “gelbe Karte” für den Arbeitnehmer. Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers werden benannt und bei einer Wiederholung des Verhaltens droht der Arbeitgeber mit einer Kündigung.
Die gesetzliche Grundlage bildet § 314 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Damit eine Abmahnung wirksam ist, muss sie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Dementsprechend sind Sie als Arbeitgeber in der Pflicht, bei einem Fehlverhalten eines Mitarbeiters das mildeste Mittel zu wählen. Dies ist die Abmahnung vor der Kündigung.
AUFGEPASST
Besonders schwere Pflichtverletzungen (Diebstahl, Gewalttätigkeiten) bedürfen in der Regel keiner vorherigen Abmahnung. Hier können Sie als Arbeitgeber direkt eine fristlose Kündigung aussprechen.
Die Abmahnung erfüllt drei Zwecke: Warnfunktion, Hinweisfunktion und Ermahnfunktion. Aus diesen ergeben sich mittelbar auch die notwendigen Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Abmahnung. Denn genügt die Abmahnung nicht bestimmten formalen und inhaltlichen Voraussetzungen, so ist sie unwirksam. Der Beschäftigte kann dann verlangen, dass die Abmahnung aus seiner Personalakte gelöscht wird.
INTERESSANT
Die Abmahnung dient in erster Linie dazu, den Arbeitnehmer auf sein pflichtwidriges Verhalten hinzuweisen. Dabei ist es zwingend notwendig, dass die Abmahnung das gerügte Verhalten genau bezeichnet, sodass für den Arbeitnehmer eindeutig zu erkennen ist, was ihm vorgeworfen wird. Eine einmalige Abmahnung genügt, um im Anschluss eine Kündigung auszusprechen.
Eine Ermahnung steht im Gegensatz zu einer Abmahnung. Während eine Abmahnung ein arbeitsrechtliches Instrument ist, um auf das Fehlverhalten des Arbeitnehmers hinzuweisen, hat die Ermahnung eine ausschließliche Rügefunktion.
2. Die häufigsten Fehler in Abmahnungen
Die Form der Abmahnung muss bestimmten inhaltlichen Erfordernissen entsprechen, um wirksam zu sein. Als Arbeitgeber können Sie nicht jedes Verhalten Ihres Angestellten rügen. Privates und außerdienstliches Verhalten darf in einer Abmahnung kein Thema sein. Außerdem dürfen Sie Ihren Arbeitnehmer nicht abmahnen, weil er beispielsweise bestimmte Umsatzziele (“schlechte Arbeitsleistung”) nicht erreicht hat.
Jedes abgemahnte Verhalten müssen Sie als Arbeitgeber genau dokumentieren, um es im Zweifelsfall beweisen zu können. Ohne Beweise haben Sie meistens keine Chance bei möglichen Kündigungsschutzprozessen. In Kapitel 2 zeigen wir Ihnen mögliche Formulierungen für die Abmahnung auf.
Fehlt in der Abmahnung die Erwähnung, wie der Arbeitnehmer sein Verhalten in Zukunft bessern kann, um einer Kündigung zu entgehen, kann die Abmahnung im Arbeitsrecht ebenfalls unwirksam sein.
Verweisen Sie nicht auf Gespräche, die es zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitnehmer gegeben hat, sondern schildern Sie diese bestenfalls nochmal kurz und knapp. Weitere gravierende Fehler in der Abmahnung können Folgende sein:
- es ist kein eindeutiger Hinweis auf die Pflichtverletzung enthalten
- der Arbeitnehmer wird nicht aufgefordert, sein Verhalten zu ändern
- es werden keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen angedroht
- die Abmahnung wurde nicht vom Personalverantwortlichen oder dem direkten Vorgesetzten des Arbeitnehmers unterschrieben, sondern von einer nicht weisungsbefugten Person
ACHTUNG BEI SAMMELABMAHNUNGEN
Sie können den Arbeitnehmer auch wegen mehrerer Verstöße gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten abmahnen. In diesem Fall handelt es sich um eine sogenannte Sammelabmahnung. Hier ist allerdings Obacht geboten! Trifft nur eines der genannten Fehlverhalten nicht zu, ist die komplette Abmahnung unwirksam.
3. Beispiele für Formulierungen einer Abmahnung im Arbeitsrecht
Wichtig ist, dass Sie als Arbeitgeber Ihrem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten möglichst genau beschreiben und dafür auch seine Pflichtverletzungen genau benennen (Hinweisfunktion). “häufiges Zuspätkommen” oder “regelmäßiger Alkoholkonsum während der Arbeitszeit” genügen als Abmahnungsgründe nicht. Folgendermaßen können Sie die Gründe der Abmahnung formulieren:
- „Sie sind am 19.09.2024 erst um 8:40 Uhr und folglich 40 Minuten zu spät zur Arbeit erschienen.“
- „Sie haben am 15.10.2024 um 10:20 Uhr während Ihrer Arbeitszeit im erheblichen Maß Alkohol getrunken.“
Weiterhin soll die Abmahnung den betroffenen Arbeitnehmer zu einem künftigen vertragsgemäßen Verhalten auffordern (Ermahnfunktion). Dies können Sie mit folgenden Formulierungen in der Abmahnung tun:
- „Sie haben dadurch ihre Vertragspflichten verletzt. Wir erwarten, dass Sie zukünftig pünktlich um 8:00 Uhr an Ihrem Arbeitsplatz erscheinen.“
- „Dadurch haben Sie gegen Ziffer 5 des Arbeitsvertrages verstoßen. Wir fordern Sie auf, zukünftig während Ihrer Arbeitszeit keinen Alkohol zu konsumieren.“
Zuletzt müssen Sie dem Arbeitnehmer in der Abmahnung auch die rechtlichen Konsequenzen androhen, falls er dieses vertragswidrige Verhalten wiederholt (Warnfunktion).
- „Sollte sich dieses Verhalten wiederholen, behalten wir uns das Recht zur Kündigung vor.“
- „Sollten Sie hiergegen erneut verstoßen, werden wir von unserem Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses Gebrauch machen.“
ACHTUNG
Die Warnfunktion kann jedoch dann an Bedeutung verlieren, wenn Sie als Arbeitgeber z. B. nach der dritten und vierten Abmahnung eine weitere aussprechen, statt die angedrohten Konsequenzen zu erfüllen.
In diesen Fällen kann der Arbeitnehmer zu Recht davon ausgehen, dass Sie sich vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses scheuen. Ebenso kann es an Bedeutung der Warnfunktion fehlen, wenn sich der einmal abgemahnte Arbeitnehmer längere Zeit vertragstreu verhält.
4. So sollte eine Abmahnung im Arbeitsrecht gestaltet sein
Die Abmahnung kann generell mündlich, also formlos ausgesprochen werden. Doch es bietet sich aus Arbeitgebersicht an, die Abmahnung schriftlich gegen Bestätigung des Empfangs auszusprechen. Denn kündigen Sie Ihrem Mitarbeiter im Nachgang wegen eines erneuten Fehlverhaltens, tragen Sie als Arbeitgeber in einem Kündigungsschutzprozess die Beweislast dafür, dass eine Abmahnung ausgesprochen wurde. Haben Sie keinen Nachweis, droht unter Umständen der Verlust des Rechtsstreits.
Es gibt keine bundeseinheitlichen und gesetzlichen Fristen zum Ausspruch der Abmahnung. Sie sollten allerdings mit der Abmahnung nicht allzu lange warten, denn ansonsten kann davon ausgegangen werden, dass Sie das Fehlverhalten Ihres Arbeitnehmers tolerieren. Als Richtwert gelten in der Praxis zwei Wochen.
Wichtig ist, dass die Abmahnung im Arbeitsrecht folgende Angaben enthält:
- Datum der Verwarnung
- Hinweis auf das Fehlverhalten mit Tatsachen und Beispielen
- Aufforderung sich künftig vertragsgemäß zu verhalten
- Warnung und weitere arbeitsrechtliche Folgen
- ggf. Unterschrift einer weisungsbefugten Person
- Datum des Fehlverhaltens
5. Gründe, die bei der Abmahnung im Arbeitsrecht eine Rolle spielen
Sie können Mitarbeiter in einem Arbeitsverhältnis aus unterschiedlichen Gründen abmahnen. Mögliche Gründe für Abmahnungen sind beispielsweise folgende:
- Arbeitsverweigerung
- Verstoß gegen den Arbeitsvertrag oder die Betriebsvereinbarung
- Missachtung von Arbeitsanweisungen
- Unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit (z. B. Selbstbeurlaubung)
- Verstoß gegen die Arbeitszeitregelungen (z. B. Zuspätkommen oder Arbeitszeitbetrug)
- Fehlverhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen oder Kunden
- Mobbing
- sexuelle Belästigung
- Beleidigung
- Diskriminierung
- Verstöße gegen Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften
- Nichttragen von Schutzkleidung
- Ignorieren von Warnhinweisen
- Nichtbeachtung von Gefahrenhinweisen
- private Internetnutzung am Arbeitsplatz (sofern nicht ausdrücklich erlaubt)
LESEEMPFEHLUNG
Es gibt auch Fehlverhalten, welches keiner vorherigen Abmahnung bedarf. Als Arbeitgeber dürfen Sie Ihrem Mitarbeiter beispielsweise bei Diebstahl eine fristlose Kündigung aussprechen, ohne dass Sie ihn vorher abgemahnt haben. Mehr zu diesem Thema lesen Sie in unserem Artikel.
6. Welche Rechte hat der Arbeitnehmer bei einer unwirksamen Abmahnung?
Ist die Abmahnung unwirksam, weil es sich bei dem vorgeworfenen Verhalten gar nicht um eine Pflichtverletzung aus dem Arbeitsvertrag handelt, so kann der Arbeitnehmer die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen.
Denn die Arbeitsgerichte gehen davon aus, dass eine solche ungerechtfertigte Abmahnung den Arbeitnehmer an seiner beruflichen Entwicklung hindert und damit unangemessen in sein Persönlichkeitsrecht eingreift. Der Arbeitnehmer kann gegen die Abmahnung notfalls auch gerichtlich vorgehen.
ÜBRIGENS
Gleiches gilt auch, wenn Sie als Arbeitgeber die entsprechende Frist nicht einhalten oder die Abmahnung nicht den formalen und inhaltlichen Anforderungen entspricht. Im Zweifelsfall können auf beiden Seiten Rechtsanwälte eingeschaltet werden, um die Situation noch außergerichtlich zu klären.
7. Dos und Don’ts, um Fehler bei der Abmahnung zu vermeiden
Damit Ihnen keine Fehler bei der Abmahnung Ihres Mitarbeiters passieren, haben wir Ihnen im Folgenden die wichtigsten Tipps für eine wirksame Abmahnung zusammengefasst.
- Frist beachten: Innerhalb von zwei Wochen nach der Pflichtverletzung sollte die Abmahnung zugestellt werden.
- Grund für die Ermahnung angeben
- Beweise des Fehlverhaltens dokumentieren und angeben
- Warnung bei weiterhin nicht vertragsgemäßem Verhalten aussprechen
- deutliche und klare Formulierung: Dem Arbeitnehmer muss klar sein, was er falsch gemacht hat und wie er sein Verhalten ändern kann.
- Unterschrift von weisungsbefugten Personen
- keine Vorwürfe, die Sie nicht beweisen können
- Pflichtverletzungen ignorieren und zu spät abmahnen
- keine Beweissicherung
- unvollständige Abmahnungen verteilen
- Unterschrift einer nicht weisungsbefugten Person auf der Abmahnung
- Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
- mündliche Abmahnungen aussprechen
8. Fazit zur Abmahnung im Arbeitsrecht
Wollen Sie als Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Abmahnung gegen Ihren Arbeitnehmer aussprechen, sollten Sie die nötigen Formalitäten einhalten. Wichtig ist, dass das Datum der Abmahnung sowie das Datum der Pflichtverletzung enthalten sind. Außerdem sollte der Grund inkl. Beweise genannt werden. Den Arbeitnehmer müssen Sie in der Abmahnung darauf hinweisen, welche Konsequenzen sein Verstoß hat. Die Unterschrift darf nicht fehlen und muss von einer weisungsbefugten Person sein.
Stellen Sie Ihrem Mitarbeiter die Abmahnung schriftlich und spätestens zwei Wochen nach der Pflichtverletzung zu, damit sie wirksam ist. Bei besonders schweren Pflichtverstößen wie Diebstahl oder Gewalttätigkeiten ist in der Regel keine vorherige Abmahnung nötig. Hier können Sie direkt eine fristlose Kündigung aussprechen.
Wenn Sie eine Abmahnung aussprechen, die ungerechtfertigt oder unwirksam ist, kann Ihr Arbeitnehmer dagegen vorgehen. Im Falle der Unwirksamkeit müssen Sie die Abmahnung aus der Personalakte des Arbeitnehmers löschen. Berücksichtigen Sie unsere Tipps, um Fehler bei der Abmahnung schon im Vorfeld zu vermeiden.