Arbeitszeiterfassung: Pflicht für Arbeitgeber?

Was müssen Arbeitgeber über die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung rechtlich wissen?

Fachlich geprüft von: Rechtsanwalt Sören Siebert Rechtsanwalt Sören Siebert
(10 Bewertungen, 3.80 von 5)

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Bundesarbeitsgericht hat im September 2022 entschieden, dass die Arbeitszeiterfassung für Arbeitgeber Pflicht wird.
  • Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit müssen Arbeitnehmende dokumentieren, sodass die Einhaltung von Pausen und Ruhezeiten gewahrt bleibt und Überstunden klar dokumentiert werden.
  • Arbeitgebern stehen verschiedene Systeme - analog und digital - zur Arbeitszeiterfassung zur Verfügung.

Worum geht's?

Nachdem es jahrelang nur für bestimmte Branchen Pflicht war, wird es nun für alle Unternehmen verpflichtend: Die Arbeitszeiterfassung. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu dokumentieren. Aber was bedeutet dies für Unternehmen? Wie können Kleinbetriebe die Arbeitszeiterfassung bestmöglich umsetzen? Welche Systeme zur Arbeitszeiterfassung gibt es und welche Zeiten müssen dokumentiert werden? Unser Beitrag bietet Ihnen einen Überblick über die Arbeitszeiterfassungspflicht und Lösungsansätze, wie Sie gerade im Hinblick auf Homeoffice und Vertrauensarbeit die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung umsetzen.

 

1. Was ist die Arbeitszeiterfassung und warum ist sie so wichtig?

Bei der Arbeitszeiterfassung handelt es sich um verschiedene Möglichkeiten, die täglichen Arbeitszeiten von Arbeitnehmern zu dokumentieren. Durch die Arbeitszeiterfassung kann der Arbeitgeber den Überblick über die geleistete Arbeitszeit und die einzuhaltenden Pausen und Ruhezeiten behalten.

Das ist besonders wichtig, weil sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer an die gesetzlichen Arbeitszeiten laut dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) halten müssen. Mittels der Zeiterfassung kann der Arbeitgeber außerdem kontrollieren, ob Überstunden korrekt eingetragen und abgerechnet werden.

Zum Artikel

LESEEMPFEHLUNG

Allgemeine Informationen zur Kündigung, Abmahnung oder Homeoffice finden Sie in unserem Artikel zum Arbeitsrecht.

Zum Artikel

2. Ist die Arbeitszeiterfassung Pflicht?

Vor Mai 2019 mussten Arbeitgeber lediglich Arbeitszeiten dokumentieren, die über die täglichen acht Stunden hinausgehen, so schreibt es das Arbeitszeitgesetz vor. Neben Überstunden musste auch die Sonn- und Feiertagsarbeit dokumentarisch festgehalten werden.

DAS PROBLEM DABEI

Die Dokumentation gestaltet sich dadurch als schwierig, da reguläre Arbeitszeiten nicht mit Anfang und Ende dokumentiert werden mussten und daher unklar war, wann die reguläre Arbeitszeit aufhörte und die Überstunden anfingen.

Am 14. Mai 2019 kam mit dem sogenannten “Stechuhr“-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die Wende. Der EuGH betonte, dass Arbeitgeber allgemein verpflichtet sind, die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer zu erfassen. Dabei stützt sich der EuGH auf die Richtlinie über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (2003/88/EG).

Bisher hat diese Richtlinie aber keine unmittelbare Rechtswirkung auf Ihr Unternehmen ausgelöst, weil die Bundesregierung sie erst noch in nationales Recht – also in ein Gesetz – umsetzen muss. Bisher galt daher keine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung.

Neues Urteil bringt die Wende

Das sieht jetzt allerdings mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem September 2022 anders aus. Denn das BAG stellte unmissverständlich klar, dass eine Arbeitszeiterfassungspflicht bereits von Gesetzes wegen besteht, auch wenn der deutsche Gesetzgeber die Arbeitszeitrichtlinie noch nicht umgesetzt hat.

Zu diesem Entschluss kommt das Bundesarbeitsgericht, weil es das Arbeitsschutzgesetz europarechtlich auf Grundlage der Arbeitszeitrichtlinie auslegt. Das Bundesarbeitsgericht sieht in der Folge eine Pflicht für Sie als Arbeitgeber, die Arbeitszeit Ihrer Arbeitnehmer zu erfassen.

Arbeitszeiterfassung bereits in einigen Branchen Pflicht

In einigen Branchen ergeben sich aus dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz bereits Regeln zur Arbeitszeiterfassung. Dabei handelt es sich beispielsweise um Baugewerbe, Gaststätten, Personenbeförderungsgewerbe oder Logistikunternehmen.

Auch für Minijobber gilt nach § 17 des Mindestlohngesetzes eine Pflicht, die Arbeitszeiten zu dokumentieren. Wichtig hierbei: Die dokumentierten Arbeitszeiten müssen für mindestens zwei Jahre nach Beginn der Aufzeichnung aufbewahrt werden.

3. Welche To-dos ergeben sich daraus für Ihr Unternehmen?

Aus dem Urteil zur Pflicht der Arbeitszeiterfassung wurden die genauen Eckpunkte konkretisiert. Das bedeutet für Arbeitgeber folgendes:

  1. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Beginn, das Ende, die Dauer der Arbeitszeiten, die Pausenzeiten und die Überstunden aufzuzeichnen.
  2. Es muss die Möglichkeit bestehen, diese Arbeitszeiterfassungspflicht auf die Arbeitnehmer zu übertragen. Wichtig ist hierbei die tatsächliche und korrekte Arbeitszeiterfassung.

Die Aufzeichnungsmöglichkeit kann sowohl digital als auch analog erfolgen.

AUFGEPASST

Die Pflicht, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu dokumentieren, besteht seit dem Urteil im September 2022. Eine Übergangsfrist gab es nicht. Zeichnen Sie als Arbeitgeber die Arbeitszeiten Ihrer Mitarbeiter noch immer nicht auf, sollten Sie dies schleunigst ändern, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Ein Urteil vom Hamburger Verwaltungsgericht aus dem August 2024 (Az. 15 K 964/24) bestätigt erneut die Arbeitszeiterfassungspflicht. Laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales müssen Arbeitgeber diese Pflicht bereits jetzt umsetzen.

Andernfalls müssen Arbeitgeber mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Die Aufsichtsbehörden der Bundesländer können neben einer Nachbesserung auch direkt Bußgelder verhängen. Sie sollten daher aktiv werden und ab sofort die Arbeitszeiten Ihrer Mitarbeiter dokumentieren.

4. Arbeitszeiterfassungssysteme: So setzen Sie die Zeiterfassungspflicht korrekt um

Die Arbeitszeiterfassung können Sie auf unterschiedliche Weise durchführen. Je nach Unternehmensgröße und Digitalisierungsgrad eignen sich unterschiedliche Arbeitszeiterfassungssysteme für Ihr Unternehmen. Wir stellen Ihnen im Folgenden einige vor.

Stempeluhr: Das klassische System des Stempelns im Betrieb ist zur Arbeitszeiterfassung zwar möglich, allerdings nicht mehr zeitgemäß.

Stationäres System: Vor allem größere Unternehmen und Betriebe setzen auf stationäre Terminals, bei denen sich die Mitarbeiter mittels Chip, Karte, Smartphone oder Fingerabdruck ein- und auschecken können. Die Daten werden digital gespeichert.

Stundenzettel: Die Mitarbeiter tragen per Hand Arbeitsbeginn und -ende ein und notieren die Pausenzeiten. Diese Stundennachweise eignen sich als Zeiterfassungssystem für Kleinbetriebe oder Mitarbeiter, die Sie geringfügig beschäftigen. In Zeiten der Digitalisierung ist ein manueller Stundenzettel allerdings nicht zu empfehlen. Stundennachweise können Sie allerdings auch digital in Form von Word- oder Excel-Vorlagen anbieten.

Desktop und Smartphone: Über verschiedene Plattformen kann die Arbeitszeiterfassung digital im Internet erfolgen. So müssen Mitarbeiter nicht direkt vor Ort sein und können auch aus dem Homeoffice ihre Arbeitszeit schnell und einfach eintragen.

INTERESSANT

Sie sehen, jedes System hat seine Vor- und Nachteile und eignet sich für unterschiedliche Betriebe und Arbeitsstrukturen. Arbeiten Ihre Mitarbeiter auch aus dem Homeoffice kann sich ein digitales Online-System zur Arbeitszeiterfassung anbieten. Haben Sie ein kleines Unternehmen, kommen Stundennachweise in Frage.

Neben der Erfüllung der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung sorgen Sie bei Ihren Arbeitnehmern außerdem für Sicherheit und Vertrauen, indem Sie Möglichkeiten zur Dokumentation ihrer geleisteten Arbeitszeit schaffen.

Bislang hat das Bundesarbeitsgericht noch nicht ausgearbeitet, wie das Zeiterfassungssystem gestaltet sein muss, um die Arbeitszeiterfassung korrekt zu erfüllen. Hier bleibt abzuwarten, welche Anforderungen zur Erfassung von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit in Zukunft ausgearbeitet werden.

PRAXIS-TIPP

Nutzen Sie Zeiterfassungssysteme – egal ob analog oder digital – kann Ihnen keiner vorwerfen, dass Sie die Dokumentationspflicht zur Arbeitszeiterfassung ignorieren. Auch, wenn das Bundesarbeitsgericht die Frage des „Wie“ offen gelassen hat, dürften die auf dem Markt verfügbaren Zeiterfassungssysteme ausreichen, damit Sie die Anforderungen erfüllen und die Arbeitsstunden Ihrer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen dokumentieren.

5. Arbeitszeiterfassung und Datenschutz: Was gibt es zu beachten?

Bei der Zeiterfassung sollten Sie neben dem Arbeitszeitgesetz auch den Datenschutz nicht außer Acht lassen. Hierbei spielt vor allem die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und der Schutz der personenbezogenen Daten eine entscheidende Rolle. Dazu sollten Arbeitgeber diese vier Kontrollprinzipien befolgen:

  1. Zugangskontrolle: Nutzung durch Unbefugte verhindern
  2. Weitergabekontrolle: Verhinderung von Lesen, Kopieren und Entfernen der Daten bei der Übertragung
  3. Eingabekontrolle: Nachvollziehbarkeit bei Veränderungen der Daten
  4. Verfügbarkeitskontrolle: Schutz vor Verlust und Zerstörung der Daten

Außerdem sollten die Daten zur Arbeitszeiterfassung getrennt von anderen Daten verarbeitet werden, damit eine Verwendung für andere Zwecke ausgeschlossen wird. Als Arbeitgeber sollten Sie die korrekte Zeiterfassung Ihrer Mitarbeiter im Blick haben, allerdings eine dauerhafte Überwachung des Arbeitszeitkontos Ihrer Mitarbeiter ausschließen.

6. Können Sie auch in Zukunft auf Vertrauensarbeit setzen?

Die Vertrauensarbeit beschreibt, dass die Mitarbeiter den Beginn und das Ende ihrer täglichen Arbeitszeit eigenverantwortlich bestimmen können und der Arbeitgeber auf Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitszeit verzichtet.

Hierbei ergeben sich auch durch die Arbeitszeiterfassungspflicht keine weitreichenden Änderungen. Sofern Sie geeignete Systeme zur Arbeitszeiterfassung bereitstellen, können Sie als Arbeitgeber auch weiterhin auf Vertrauensarbeit setzen.

AUFGEPASST

Wichtig ist, dass Sie auch bei der Vertrauensarbeit die gesetzlichen Regelungen aus dem Arbeitszeitgesetz hinsichtlich Pausen, Ruhezeiten, Höchstarbeitszeiten sowie Sonn- und Feiertagsarbeit einhalten.

7. Wann müssen Sie keine Arbeitszeit erfassen?

Alle Arbeitnehmenden müssen ihre Arbeitszeit erfassen. Auch leitende Führungskräfte stellen hierfür keine Ausnahme dar. Einziger Unterschied: Bei Führungskräften kann der Anspruch auf Überstundenausgleich entfallen.

8. Chronologie zur Arbeitszeiterfassung

Wenn Sie mehr über den rechtlichen Hintergrund und das Zustandekommen des Urteil des Bundesarbeitsgerichts erfahren wollen, haben wir im Folgenden eine kurze Chronologie über den gesamten Instanzenzug für Sie zusammengestellt.

Wie kam es zum „Stechuhr“-Urteil des Europäischen Gerichtshofs?

Der Ursprung dieser Entscheidung führt zurück in das Jahr 2019. In diesem Jahr hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) darüber entscheiden müssen, ob Sie als Unternehmen dazu verpflichtet sind, ein System zur Erfassung der von Ihren Mitarbeitern geleisteten Arbeitszeit einzuführen.

Dieses sollte dazu dienen, unbezahlte Überstunden und die Überschreitung von Höchst- und Ruhearbeitszeiten - beispielsweise auch an Sonn- und Feiertagen - entgegenzuwirken (EuGH, Rechtssache C-55/18). Der Rechtsstreit beruhte dabei auf einer Verbandsklage der spanischen Gewerkschaft CCOO gegen die spanische Niederlassung der Deutschen Bank.

Nachdem das spanische Oberste Gericht eine Pflicht zur Einführung eines Zeiterfassungssystems nach nationalem Recht abgelehnt hatte, korrigierte der EuGH in seinem „Stechuhr“-Urteil die Argumentation der Vorinstanz und betonte, dass die Ansicht des spanischen Gerichts gegen die Arbeitszeitrichtlinie (EG/2003/88/EG) verstößt.

ACHTUNG

Sie als Arbeitgeber sind durch die Vorgaben dieser Richtlinie dazu verpflichtet, die geleistete tägliche Arbeitszeit Ihrer Beschäftigten durch ein „objektives, verlässliches und zugängliches System“ zu erfassen.

Da es sich bei der Arbeitszeitrichtlinie um eine EU-Richtlinie handelt, sind die EU-Mitgliedstaaten dazu gezwungen, die Arbeitszeitrichtlinie zunächst in nationales Recht umzusetzen.

Ihre Arbeitnehmer können sich daher bei ihrer Arbeit nicht auf die EuGH-Entscheidung stützen. Solange der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie nicht in nationales Recht umsetzt, müssen die nationalen Gerichte nationale Vorschriften gegebenenfalls richtlinienkonform auslegen.

Wie haben deutsche Gerichte bisher dazu entschieden?

Das Arbeitsgericht Minden (Beschluss vom 15.09.2020, Az. 2 BV 8/20) hatte in einem ähnlichen Fall zu entscheiden. Dabei ging es im Ursprung aber um eine ganze andere Rechtsfrage. Das Arbeitsgericht und auch die Folgeinstanzen mussten sich mit der Frage beschäftigen, ob den Betriebsräten in größeren Unternehmen ein Initiativrecht im Rahmen ihrer Mitbestimmungsrechte aus dem Betriebsverfassungsgesetz zusteht.

Dahingehend ist das Arbeitsgericht der Ansicht, dass dem Betriebsrat zwar ein Initiativrecht im Rahmen seiner Mitbestimmungsrechte, speziell aus § 87 Absatz 1 Nummer 6 BetrVG, zusteht. Allerdings berechtigt die Norm den Betriebsrat nicht dazu, die Einführung einer technischen Kontrolleinrichtung – in Form einer elektronischen Zeiterfassung – zu verlangen.

Das Arbeitsgericht betont, dass ein Initiativrecht eben nicht besteht, weil das Mitbestimmungsrecht das Ziel verfolgt, die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer zu schützen.

Die Einführung einer solchen technischen Kontrolleinrichtung gefährdet dies jedoch. Deswegen ist es widersprüchlich, dass der Betriebsrat einerseits für die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer einsteht, aber andererseits fordert, dass der Arbeitgeber die Arbeitszeit – eben durch Einführung einer technischen Kontrolleinrichtung – seiner Mitarbeiter elektronisch erfassen soll.

Dies gilt auch, wenn der Betriebsrat sein Initiativrecht auf den Schutz der Arbeitnehmer vor unbezahlten Überstunden oder Mehrarbeit stützt.

Nach Ansicht des Arbeitsgerichts verhalten Sie sich als Arbeitgeber daher rechtskonform, wenn Sie keine Zeiterfassung zur Verfügung stellen – zumindest so lange, bis der deutsche Gesetzgeber die Arbeitszeitrichtlinie in nationales Recht umgesetzt hat.

Mitbestimmungstatbestände können auch Initiativrechte darstellen

Darauf reagierte das Landesarbeitsgericht Hamm (Beschluss vom 27.07.2021, Az.7 TaBV 79/20) mit einer Abfuhr und betonte, dass dem Betriebsrat nicht nur ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Absatz 1 Nummer 6 BetrVG zusteht, sondern die in § 87 BetrVG genannten Mitbestimmungstatbestände auch Initiativrechte darstellen.

Der Betriebsrat hat damit die Möglichkeit, die Initiative für eine angestrebte Regelung zu ergreifen und die Einigungsstelle anzurufen. Demnach kann der Betriebsrat seine Mitbestimmung für die in § 87 BetrVG genannten Mitbestimmungstatbestände erzwingen und somit die Einführung eines elektronischen Systems zur Zeiterfassung fordern (erzwingbares Initiativrecht).

INTERESSANT

Das Landesarbeitsgericht lehnt deshalb eine Einschränkung des Initiativrechts, wie es das Arbeitsgericht Minden zuvor entschieden hat, ab. Im Grundsatz bestätigte das Landesarbeitsgericht daraus eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, die der Betriebsrat mit Hilfe einer Einigungsstelle durchsetzen kann.

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt verneint schließlich ein Initiativrecht der Betriebsräte (Beschluss vom 13.09.2022, Az. 1 ABR 22/21). Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 BetrVG besteht nur, „wenn und soweit die betriebliche Angelegenheit nicht schon gesetzlich geregelt ist“.

Und genau das ist hier der Fall. Denn § 3 Absatz 2 Nummer 1 Arbeitsschutzgesetz umfasst bereits die Pflicht zur Einführung einer elektronischen Zeiterfassung beim Arbeiten. Weil eben eine solche gesetzliche Vorschrift schon existiert, ist der Betriebsrat nicht dazu berechtigt, mithilfe einer Einigungsstelle von seinem Initiativrecht Gebrauch zu machen.

Im gleichen Atemzug betont das Gericht aber auch Ihre Pflicht als Unternehmen zur Arbeitszeiterfassung und folgt damit der „Stechuhr“-Entscheidung des EuGH. Das Bundesarbeitsgericht nimmt damit, anders als die Vorinstanzen, explizit Bezug auf die Frage des Bestehens einer möglichen Arbeitszeiterfassungspflicht.

Das Gericht ist der Ansicht, dass Sie als Arbeitgeber eine gesetzliche Pflicht zur Einführung einer elektronischen Zeiterfassung haben. Es begründet die Ansicht damit, dass auch bei einer unionsrechtskonformen Auslegung von § 3 Absatz 2 Nummer 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) Sie die Pflicht trifft, die Arbeitszeit Ihrer Arbeitnehmer schon von Gesetzes wegen zu erfassen.

Denn nach § 3 Absatz 2 Nummer 1 ArbSchG haben Sie dafür zu sorgen, dass Sie entsprechende Mittel zur Verfügung stellen, um die Sicherheit und Gesundheit Ihrer Arbeitnehmer zu gewährleisten.

9. Fazit: Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit

Um eben diese Sicherheit und Gesundheit Ihrer Arbeitnehmer zu erreichen, bleibt Ihnen nur die Möglichkeit, eine entsprechende Zeiterfassung zu installieren. Nur mit einem solchen System können Sie den Schutz Ihrer Arbeitnehmer, hinsichtlich möglicher nicht bezahlter Überstunden oder die Verletzung von Ruhepausen, aufrechterhalten.

Wie Sie als Unternehmen im Ergebnis die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung erfüllen sollen, hat das Bundesarbeitsgericht allerdings nicht näher begründet. Daher ist - bis ein finales Gesetz zur Arbeitszeiterfassung existiert - jedes gängige System zur Zeiterfassung geeignet.

Achten Sie allerdings darauf, dass Sie die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes einhalten. Dokumentiert werden müssen Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit sowie Pausen und Ruhezeiten und Sonn- und Feiertagsarbeit.

 

Caroline Schmidt
Caroline Schmidt, B.A.
Legal Writerin & SEO-Redakteurin

Caroline Schmidt hat Medienbildung studiert und ein einjähriges Volontariat in der Online-Redaktion eines Berliner Legal-Tech-Unternehmens absolviert. Sie ist seit über vier Jahren als Legal Writerin tätig und hat in verschiedenen Rechtsbereichen, darunter dem Arbeitsrecht, Schreiberfahrungen gesammelt. Seit 2022 ist sie als Legal Writerin und SEO-Redakteurin Teil des eRecht24-Redaktionsteams.

Rechtsanwalt Sören Siebert
Sören Siebert
Rechtsanwalt und Gründer von eRecht24

Rechtsanwalt Sören Siebert ist Gründer von eRecht24 und Inhaber der Kanzlei Siebert Lexow. Mit 20 Jahren Erfahrung im Internetrecht, Datenschutz und ECommerce sowie mit mehr als 10.000 veröffentlichten Beiträgen und Artikeln weist Rechtsanwalt Sören Siebert nicht nur hervorragende Fach-Expertise vor, sondern hat auch das richtige Gespür für seine Leser, Mandanten, Kunden und Partner, wenn es um rechtssichere Lösungen im Online-Marketing und B2B / B2C Dienstleistungen sowie Online-Shops geht. Neben den zahlreichen Beiträgen auf eRecht24.de hat Sören Siebert u.a. auch diverse Ebooks und Ratgeber zum Thema Internetrecht publiziert und weiß ganz genau, worauf es Unternehmern, Agenturen und Webdesignern im täglichen Business mit Kunden ankommt: Komplexe rechtliche Vorgaben leicht verständlich und mit praktischer Handlungsanleitung für rechtssichere Webseiten umsetzen.

Ich möchte mit eRecht24 chatten!
Datenschutzhinweis: Ihre Daten und Ihre Chateingaben werden in unserem Chat-Tool Brevo verarbeitet, sobald Sie zustimmen, den Chat mit uns zu beginnen. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit zurücknehmen. Details hierzu entnehmen Sie unserer Datenschutzerklärung.
eRecht24 - Unsere praktischen Tools und hilfreichen Tutorials

mitgliederbereich teaser

Exklusiv für unsere Mitglieder

Alles was Webseitenbetreiber, Agenturen und Selbständige wirklich brauchen: Tools, Wissen, Musterverträge, Erstberatung und Live-Webinare.

Mehr Informationen

dsgvo teaser

Jetzt eRecht24 Premium Affiliate werden

Als eRecht24 Premium Affiliate Partner empfehlen Sie eine Lösung, mit der bereits mehr als 370.000 Webseiten erfolgreich rechtlich abgesichert wurden und erhalten dafür eine 25% Lifetime Provision!

Jetzt Affiliate werden

webinar teaser

Online Schulung mit RA Siebert

Die 7 häufigsten Abmahnfallen auf Webseiten und wie Sie diese einfach und ohne teuren Anwalt vermeiden. So haben Abmahner keine Chance!

Mehr Details