Verfällt Urlaub?

Resturlaub und Verfallsfristen: Was Arbeitgeber rechtlich beachten müssen

Fachlich geprüft von: Rechtsanwalt Sören Siebert Rechtsanwalt Sören Siebert
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Das Wichtigste in Kürze

  • Als Arbeitgeber stehen Sie in der Mitwirkungspflicht. Sie müssen Ihre Arbeitnehmer über die Anzahl ihrer Urlaubstage und die Fristen in der ersten Woche des laufenden Jahres informieren.
  • Der gesetzliche Urlaub verfällt am Jahresende, wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist.
  • Unter bestimmten Umständen, wie Krankheit oder betriebliche Gründe, kann der Urlaub ins Folgejahr übertragen werden. Dann ist er allerdings bis zum 31. März anzutreten.

Worum geht's?

Jeder Arbeitnehmer hat einen gesetzlichen Anspruch auf eine bestimmte Anzahl von Urlaubstagen pro Kalenderjahr. Aber was passiert, wenn dieser nicht im laufenden Jahr genommen werden kann? Verfällt der Urlaub dann? Kann der Urlaub in das Folgejahr übertragen werden? Wie verhält es sich mit Urlaubsansprüchen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses? Dürfen diese auf den neuen Arbeitgeber übertragen werden? Mehr dazu lesen Sie in unserem Artikel.

 

1. Wann muss der Jahresurlaub genommen werden?

Laut § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) müssen Arbeitnehmer ihren Urlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen. Dementsprechend müssen alle Urlaubstage bis zum 31. Dezember des Jahres aufgebraucht werden.

Liegen keine wichtigen Gründe vor, damit der Urlaub ins Folgejahr übertragen werden kann und sind Sie als Arbeitgeber Ihren Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen, verfällt der nicht genommene Urlaub zum 31. Dezember des laufenden Kalenderjahres.

Verschiedene Umstände können allerdings dazu führen, dass der Urlaub ins Folgejahr übertragen werden kann. Darauf gehen wir im Folgenden näher ein.

2. Wann kommt eine Urlaubsübertragung ins Folgejahr in Betracht?

Liegen dringende persönliche Gründe vor, kann der Jahresurlaub in den ersten drei Monaten des Folgejahres, also bis zum 31. März, genommen werden. Hierbei gilt, dass der Urlaub spätestens am 31. März angetreten werden muss. Er muss also nicht vollständig zum 31. März genommen werden.

Als dringende persönliche Gründe zählen dabei eine Arbeitsunfähigkeit oder die Erkrankung von Angehörigen, die gepflegt werden müssen bzw. eine Erkrankung des Partners, mit dem der Urlaub verbracht werden soll.

Auch betriebliche Gründe können dazu führen, dass der Urlaub nicht bis zum Jahresende genommen werden kann, wie es § 7 Abs. 3 BUrlG vorschreibt. Die Urlaubsansprüche verfallen nicht, wenn der Urlaub wegen termin- oder saisongebundener Aufträge oder durch technische Probleme im Betriebsablauf nicht genommen werden kann. Auch in diesem Fall überträgt sich der Urlaubsanspruch auf die ersten drei Monate des Folgejahres.

WUSSTEN SIE’S SCHON?

Arbeitnehmer müssen für die Übertragung der Urlaubsansprüche keinen Antrag beim Arbeitgeber stellen. Liegt ein Grund für die Urlaubsübertragung vor, werden die Urlaubstage automatisch ins Folgejahr übertragen.

3. Achtung: Arbeitgeber haben Mitwirkungspflichten!

Laut einem Urteil des EuGH (Urteil vom 29.11.2017, Az. C-214/16) haben Sie als Arbeitgeber Mitwirkungsobliegenheiten. Sie sind dazu verpflichtet, Ihren Arbeitnehmern zu ermöglichen, dass sie ihren bezahlten Urlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen können. So müssen Sie Ihren Arbeitnehmern auch klar und rechtzeitig mitteilen, dass der nicht genommene Urlaub am Ende des Jahres verfällt und nur unter den genannten Umständen bis in den März des Folgejahres übertragen werden kann.

Ein BAG-Urteil (Urteil vom 31.01.2023, Az. 9 AZR 107/20) konkretisiert die Frist zur Mitwirkung und damit die Verjährung von Urlaubsansprüchen und Urlaubsabgeltungsansprüchen. Als Arbeitgeber müssen Sie Ihre Arbeitnehmenden zu Beginn des Jahres - laut BAG innerhalb einer Woche - davon in Kenntnis setzen, dass sie ihren Jahresurlaub innerhalb des Kalenderjahres nehmen müssen.

AUFGEPASST

Stellen Sie neue Mitarbeiter ein, sind auch diese Arbeitnehmer innerhalb von einer Woche ab Entstehen des vollen Urlaubsanspruchs - je nach Arbeitgeber also entweder zu Beginn der Probezeit oder nach dem Ende der sechsmonatigen Probezeit - entsprechend davon in Kenntnis zu setzen.

Die Form und der Inhalt der Belehrung sind rechtlich festgelegt. Der Arbeitgeber muss jedes Jahr aufs neue eine schriftliche Belehrung an jeden Arbeitnehmer senden. Folgendermaßen muss die Belehrung gestaltet sein:

Belehrung über Urlaubsansprüche
Inhalt und Form der Belehrung
  • für jeden Beschäftigten individuell
  • in Textform
  • zu Beginn des Kalenderjahres (in der ersten Woche)
  • Anzahl der Urlaubstage für das laufende Kalenderjahr
  • ggf. Anzahl der aus dem Vorjahr übertragenen Resturlaubstage
  • Zeitpunkt des Urlaubsverfalls
  • Aufforderung, den Urlaub rechtzeitig zu beantragen und zu nehmen
  • Hinweis, dass der Urlaub bei nicht rechtzeitiger Beantragung verfällt

 

Auch bei langanhaltender Arbeitsunfähigkeit müssen Arbeitgeber dieser Mitwirkungspflicht nachkommen. Erkrankt der Arbeitnehmer beispielsweise in der ersten Woche des Kalenderjahres und Sie sind Ihrer Mitwirkungspflicht bis dato noch nicht nachgekommen, müssen Sie den Arbeitnehmer nach seiner Erkrankung innerhalb einer Woche über seine Urlaubsansprüche informieren.

Als Arbeitgeber sind Sie in der Darlegungs- und Beweislast. Sie müssen also nachweisen können, dass Sie Ihre Arbeitnehmer rechtzeitig über ihren Urlaubsanspruch informiert haben. Kommen Sie Ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach, verfällt der Urlaub Ihrer Arbeitnehmer nicht automatisch mit dem Jahresende.

4. Können Arbeitnehmer eine Urlaubsübertragung bei Arbeitgeberwechsel beantragen?

Wechselt ein Arbeitnehmer seinen Job, kann er laut deutschem Urlaubsrecht die verbliebenen Urlaubsansprüche beim neuen Arbeitgeber beanspruchen. Damit sichergestellt werden kann, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub nicht doppelt nimmt, ist der vorherige Arbeitgeber laut § 6 Abs. 2 BUrlG dazu verpflichtet, den bisherigen Urlaub zu bescheinigen.

Beispiel: Hat der Arbeitnehmer beim alten Arbeitgeber 25 Tage Urlaub und hat diese auch vollkommen ausgeschöpft, steht ihm beim neuen Arbeitgeber kein weiterer Urlaub in dem Kalenderjahr zu. Anders verhält sich dies, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub entweder nicht ausgeschöpft hat oder beim neuen Arbeitgeber laut Arbeitsvertrag mehr Urlaubstage bekommt. In dem Fall kann er die verbliebenen Tage beim neuen Arbeitgeber noch im gleichen Kalenderjahr beanspruchen.

5. Welche Ausnahmen gibt es beim Urlaubsverfall?

Es gibt auch andere Gründe, die den Verfall des Urlaubs ausschließen. Der Urlaubsanspruch bleibt beispielsweise bestehen, wenn der Arbeitnehmer Mutterschutz oder Elternzeit in Anspruch nimmt.

ÜBRIGENS

Der Resturlaub wird dabei nicht nur in den März des Folgejahres übertragen, sondern bleibt solange bestehen, bis der Arbeitnehmer seinen Job wieder ausübt. Die Urlaubsansprüche müssen dann im laufenden oder übernächsten Jahr vom Arbeitgeber gewährt werden.

6. Verfällt Urlaub, wenn der Arbeitnehmer ihn durch Krankheit nicht nehmen kann?

Kann der Arbeitnehmer seinen Resturlaub aufgrund von Krankheit nicht nehmen, verfällt der Urlaub erstmal nicht. Urlaubsansprüche, die aufgrund von Krankheit nicht in Anspruch genommen werden können, werden ebenfalls bis in den März des Folgejahres übertragen. Aber was passiert, wenn der Arbeitnehmer länger erkrankt ist?

Das BAG hat bereits 2012 ein Urteil dazu gefällt (Urteil vom 7. August 2012, Az. 9 AZR 353/10). Der gesetzliche Urlaubsanspruch eines arbeitsunfähigen Beschäftigten, der zu Beginn oder im Verlauf des Kalenderjahres ununterbrochen erkrankt ist, verfällt 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres. Bei dieser Frist bleibt es im Übrigen auch, wenn der Arbeitgeber seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist.

7. Fazit

Es liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers, dass die Arbeitnehmer den gesetzlichen Urlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen. Somit steht der Arbeitgeber in der Mitwirkungspflicht. Er muss den Arbeitnehmer über die Anzahl der Urlaubstage und die Fristen zur Abgeltung des Urlaubs informieren.

Kommt der Arbeitgeber seinen Mitwirkungspflichten nach und der Arbeitnehmer versäumt es dennoch, seinen Urlaub rechtzeitig zu nehmen, muss er mit einem Verfall seines Urlaubs rechnen. Der Urlaub kann nur unter besonderen Umständen (betriebliche oder persönliche Gründe) sowie bei Krankheit oder im Rahmen von Mutterschutz und Elternzeit ins Folgejahr übertragen werden.

8. FAQ zum Thema “Verfällt Urlaub?”


Was passiert mit dem Resturlaub bei Kündigung des Arbeitnehmers?

Hier greift § 7 Abs. 3 BUrlG, der besagt, dass die Anzahl der Urlaubstage vom Zeitpunkt der Kündigung abhängt. Hier gibt es zwei Möglichkeiten:

  1. Kündigung bis zum 30. Juni: Dem Arbeitnehmer steht 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat seiner Beschäftigung zu.
  2. Kündigung nach dem 30. Juni: Dem Arbeitnehmer steht der volle Jahresurlaub zu. Dieser sollte nach Möglichkeit noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses genommen werden. In diesem Fall ist eine Übertragung des Urlaubs in den neuen Job nicht mehr möglich.

Muss ich als Arbeitgeber den Resturlaub auszahlen?

Nein. Als Arbeitgeber müssen Sie den Resturlaub nicht auszahlen. Der Urlaub dient der Erholung und sollte daher auch genommen oder je nach Situation ins Folgejahr übertragen werden.

Die Ausnahme davon bildet die Kündigung. Kann der Resturlaub während des bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden, wird der Urlaub mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten. Die Höhe der Auszahlung dieser Urlaubsabgeltung richtet sich nach dem Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Urlaubsabgeltungsansprüche verjähren gesetzlich nach drei Jahren. Je nach Tarif- oder Arbeitsvertrag können aber auch kürzere Fristen zur Urlaubsabgeltung vereinbart werden.


 

Caroline Schmidt
Caroline Schmidt, B.A.
Legal Writerin & SEO-Redakteurin

Caroline Schmidt hat Medienbildung studiert und ein einjähriges Volontariat in der Online-Redaktion eines Berliner Legal-Tech-Unternehmens absolviert. Sie ist seit über vier Jahren als Legal Writerin tätig und hat in verschiedenen Rechtsbereichen, darunter dem Arbeitsrecht, Schreiberfahrungen gesammelt. Seit 2022 ist sie als Legal Writerin und SEO-Redakteurin Teil des eRecht24-Redaktionsteams.

Rechtsanwalt Sören Siebert
Sören Siebert
Rechtsanwalt und Gründer von eRecht24

Rechtsanwalt Sören Siebert ist Gründer von eRecht24 und Inhaber der Kanzlei Siebert Lexow. Mit 20 Jahren Erfahrung im Internetrecht, Datenschutz und ECommerce sowie mit mehr als 10.000 veröffentlichten Beiträgen und Artikeln weist Rechtsanwalt Sören Siebert nicht nur hervorragende Fach-Expertise vor, sondern hat auch das richtige Gespür für seine Leser, Mandanten, Kunden und Partner, wenn es um rechtssichere Lösungen im Online-Marketing und B2B / B2C Dienstleistungen sowie Online-Shops geht. Neben den zahlreichen Beiträgen auf eRecht24.de hat Sören Siebert u.a. auch diverse Ebooks und Ratgeber zum Thema Internetrecht publiziert und weiß ganz genau, worauf es Unternehmern, Agenturen und Webdesignern im täglichen Business mit Kunden ankommt: Komplexe rechtliche Vorgaben leicht verständlich und mit praktischer Handlungsanleitung für rechtssichere Webseiten umsetzen.

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