Scheinselbstständigkeit

Welche Konsequenzen hat eine Scheinselbstständigkeit für Arbeitgeber und Selbstständige?

Fachlich geprüft von: Rechtsanwalt Sören Siebert Rechtsanwalt Sören Siebert
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Das Wichtigste in Kürze

  • Scheinselbstständige Mitarbeiter sind nicht wirklich selbstständig, sondern befinden sich in einer abhängigen Beschäftigung zu ihrem Auftraggeber.
  • Eine geringe unternehmerische Freiheit, Weisungsgebundenheit und ein einzelner Hauptauftraggeber können auf eine Scheinselbstständigkeit hindeuten.
  • Stellt sich heraus, dass eine Person nur zum Schein selbstständig ist, muss der Auftraggeber die entgangenen Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen.

Worum geht's?

In vielen Branchen wie dem IT-Bereich, dem Journalismus oder den Neuen Medien stellen  sich Einzelunternehmer die Frage, ob die eigene Tätigkeit oder die von freien Mitarbeitenden tatsächlich als selbstständig einzustufen ist oder ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Ist dem so, gilt der betroffene Mitarbeiter als sozialversicherungspflichtig – und das hat Konsequenzen für Auftraggeber und Auftragnehmer. Wie Scheinselbstständigkeit in einem Arbeitsverhältnis definiert wird, wer das wie und wann prüft und was passiert, wenn es sich nicht um eine “echte” Selbstständigkeit handelt, klären wir in diesem Beitrag.

 

1. Was ist Scheinselbstständigkeit?

Eine Scheinselbständigkeit liegt vor, wenn erwerbstätige Personen als selbständige Einzelunternehmer auftreten, obwohl eigentlich eine abhängige Beschäftigung vorliegt – also ein Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis.

Da die Vertragsparteien aber eine selbstständige Tätigkeit annehmen, werden keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Diese wären laut Sozialgesetzbuch (SGB IV) jedoch zu zahlen, weil es sich in Wirklichkeit eben nicht um eine Selbstständigkeit, sondern um ein Angestelltenverhältnis handelt.

Unterschied selbstständige Tätigkeit und abhängige Beschäftigung

Selbstständig Tätige sind nicht sozialversicherungspflichtig. Wie sich sich krankenversichern und für ihr Alter vorsorgen, bleibt ihnen selbst überlassen. Fehlt es an Aufträgen, springt keine Arbeitslosenversicherung ein – denn auch für solche Fälle vorzusorgen, liegt in der Verantwortung des Selbstständigen.

Arbeitnehmer werden hingegen als sozial schutzbedürftig angesehen. Sie befinden sich in einer persönlichen Abhängigkeit zu ihrem Arbeitgeber. Daher ist dieser verpflichtet, ihre Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung anteilig zu bezahlen. Auch hat der Arbeitgeber gegenüber abhängig Beschäftigten gewisse Pflichten zu erfüllen, etwa in Bezug auf Arbeitsschutz und Mindestlohn.

Wer selbstständig ist, bestimmt seinen Lohn hingegen selbst und zahlt (bis auf einige Ausnahmen) in der Regel nichts in die gemeinschaftlichen Sozialversicherungskassen ein.

DAS PROBLEM

Ist eine Person nicht selbstständig, sondern nur scheinselbstständig, spart der Auftraggeber eine Menge Geld, das er eigentlich in die Sozialversicherung einzahlen müsste. Stellt sich eine selbstständige Tätigkeit im Sinne der Definition als Scheinselbstständigkeit heraus, werden daher Nachzahlungen fällig – und das nicht in geringer Höhe.

Wann ist eine selbstständige Person selbstständig – und wann nur zum Schein? 

Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn einen verbindlichen Kriterienkatalog zur Prüfung einer Scheinselbstständigkeit gibt es nicht. Das führt insbesondere bei Existenzgründern in der Gründungsphase häufig zu Unsicherheiten. Aber auch Auftraggeber wissen oftmals nicht, ob ein freier Mitarbeiter tatsächlich selbstständig ist oder nicht.

Was auf den ersten Blick wie eine legitime Selbstständigkeit aussieht, kann sich bei näherer Betrachtung als Scheinselbstständigkeit herausstellen und umgekehrt. Entscheidend ist hier das Gesamtbild aus mehreren Kriterien und Indizien.

In der Praxis hat die daraus resultierende rechtliche Unsicherheit Nachteile für beide Seiten: Selbstständige rutschen unfreiwillig und ohne es zu wissen in eine scheinselbstständige Tätigkeit und Unternehmen scheuen sich aus Angst vor Strafen und Nachzahlungen davor, freie Mitarbeiter überhaupt erst zu beauftragen.

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2. Welche Branchen sind von Scheinselbstständigkeit betroffen?

Auch wenn Scheinselbstständigkeit grundsätzlich jede selbstständige Person treffen kann, gibt es Branchen, die häufiger betroffen sind als andere. Zu diesen gehören:

  • IT-Branche (z. B. Programmierer, Webdesigner)
  • Marketing (z. B. Grafikdesigner, Texter, Social Media Manager)
  • Medizin (z. B. Honorarärzte, Pflegepersonal)
  • Speditionsbranche (z. B. Kurierfahrer, Logistiker)
  • Bau- und Immobilienbranche (z. B. Makler, Handwerker)
  • Bildungswesen (z. B. Lehrkräfte, Coaches)
  • Film- und Fernsehbranche (z. B. Autoren, Cutter, Produktionsassistenten)

Ob jemand tatsächlich scheinselbstständig ist oder nicht, wird von den Behörden festgestellt. Das kann beispielsweise die Deutsche Rentenversicherung Bund oder die Krankenkasse sein, aber auch das Finanzamt kann eine Prüfung anstreben, wenn Hinweise auf eine Scheinselbstständigkeit vorliegen.

GUT ZU WISSEN

Die Prüfung der Sozialversicherung unterscheidet sich von der Prüfung des Finanzamtes. Das heißt: Es ist möglich, dass die Rentenversicherung eine Scheinselbstständigkeit feststellt, das Finanzamt aber zu einem anderen Ergebnis kommt.

3. Scheinselbstständig oder nicht – wie wird das festgelegt?

Ob jemand scheinselbstständig ist oder nicht, lässt sich anhand bestimmter Kriterien überprüfen. Wichtig ist aber: Die Kriterien sind zwar ein Hinweis, aber nicht allein entscheidend. Zudem gibt es Kriterien, die schwerer wiegen als andere. Letztendlich entscheidet die zuständige Behörde über das Vorliegen einer Scheinselbstständigkeit.

Bei der Prüfung der Kriterien kommt es zudem immer auf die tatsächliche Ausgestaltung des Auftragsverhältnisses in der Praxis an – und nicht darauf, was die beiden Parteien vertraglich miteinander vereinbart haben. Ein Werkvertrag über eine freie Mitarbeit kann also nicht ausschließen, dass es sich lediglich um eine Scheinselbstständigkeit laut Sozialrecht handelt.

Was spricht für eine Scheinselbstständigkeit?

Folgende Kriterien können auf eine Scheinselbstständigkeit hinweisen:

  • Der Auftragnehmer ist wesentlich und auf Dauer für nur einen Auftraggeber tätig.
  • Mehr als 5/6 der erwirtschafteten Einnahmen stammen von einem Auftraggeber (persönliche Abhängigkeit).
  • Es erfolgt kein selbstständiger, unternehmerischer Auftritt nach außen (keine Werbung, keine Buchführung).
  • Der Auftragnehmer ist weisungsgebunden – wann er wo arbeitet, ist nicht frei gestaltbar, sondern vorgegeben.
  • Es gibt einen festen Arbeitsplatz in den Räumen des Auftraggebers und feste Arbeitszeiten.
  • Regelmäßige Termine und Meetings sind vorgegeben und die Teilnahme daran verpflichtend (Eingliederung in die Arbeitsorganisation).
  • Für Urlaube und Abwesenheiten muss sich der Freelancer mit anderen Mitarbeitern des Unternehmens absprechen.
  • Festangestellte Kollegen führen gleiche oder ähnliche Arbeiten wie der freie Mitarbeiter durch.
  • Es bestehen regelmäßige Reporting-Pflichten gegenüber dem Auftraggeber.
  • Der Selbstständige beschäftigt keine eigenen Mitarbeitenden.

Bemerken Sie, dass eins der genannten Kriterien auf Sie zutrifft, sollten Sie nicht direkt in Panik verfallen – letztendlich zählt immer das Gesamtbild. Es ist entscheidend, welche Kriterien überwiegen, denn neben Argumenten, die für eine Scheinselbstständigkeit sprechen, gibt es natürlich auch diejenigen, die eine selbstständige Tätigkeit bekräftigen.

Was spricht gegen eine Scheinselbstständigkeit?

Folgende Kriterien sprechen für eine selbstständige Tätigkeit:

  • Der Auftragnehmer wirbt für sich und sein Business und investiert Kapital (z. B. eigener Firmenname, Website, Logo, Briefköpfe, Visitenkarten).
  • Er bietet seine Arbeitskraft trotz Aufnahme der Tätigkeit auch anderen Auftraggebern an.
  • Gegenüber dem Auftraggeber besteht kein oder nur ein geringes Maß an Weisungsgebundenheit.
  • Der Auftragnehmer entscheidet allein, für welche Projekte er wann und wo tätig wird.
  • Der Selbstständige kann bei Krankheit oder Urlaub Subunternehmer beauftragen, die ihn gegenüber seinen Kunden vertreten.
  • Das unternehmerische Risiko liegt beim Auftragnehmer (z. B. aufgrund getätigter Investitionen oder eigenen Mitarbeitern).
  • Die selbstständige Tätigkeit erfolgt in eigenen Betriebsräumen.
  • Es erfolgt keine oder nur eine geringe Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers.
  • Honorar und Vergütung liegen über dem Gehalt eines Angestellten in vergleichbarer Position.
  • Über seine Preise, die Einstellung eigener Mitarbeiter, Zahlungsoptionen für Kunden sowie über Marketing und Werbemaßnahmen bestimmt der Selbstständige allein.

Häufig liest man den Tipp, dass Unternehmer mit Anmeldung einer bestimmten Rechtsform beim Finanzamt das Risiko einer Scheinselbstständigkeit umgehen können – doch das stimmt nur bedingt. Auch wenn Sie eine GmbH gründen, spricht das nicht automatisch für eine Selbstständigkeit – es ist nur ein Indiz. Treffen mehrere der genannten Kriterien auf Sie zu, können Sie dennoch scheinselbstständig sein.

Sören Siebert
Sören SiebertRechtsanwalt

Welche Rechtsformen überhaupt zur Wahl stehen, wenn Sie ein eigenes Business gründen möchten, haben wir Ihnen im Ratgeber “Welche Unternehmensform ist für Existenzgründer und Startups die richtige?” zusammengefasst.

4. Für Auftragnehmer: Wie stelle ich sicher, dass ich selbstständig bin?

Um verbindlich klären zu lassen, ob Sie selbstständig sind oder sich in einer abhängigen Beschäftigung befinden, hat der Gesetzgeber das sogenannte Statusfeststellungsverfahren eingeführt. Gesetzlich geregelt ist dieses in §7a SGB IV. In dem Verfahren prüft die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund Ihren Status verbindlich – das heißt, die Entscheidung ist auch für alle anderen Sozialversicherungsträger rechtsbindend. 

Sollten Sie selbst mit dem Ergebnis des Statusfeststellungsverfahrens nicht einverstanden sein, besteht die Möglichkeit, beim Sozialgericht Klage zu erheben. Da eine Einstufung als Scheinselbstständiger für Ihre Selbstständigkeit ernsthafte Konsequenzen haben kann, empfiehlt es sich dringend, dabei nicht ohne Unterstützung eines Anwalts zu handeln.

Ab wann genau bin ich scheinselbstständig?

Ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt oder nicht, ist nicht immer leicht einzuschätzen und kann von den Behörden durchaus anders wahrgenommen werden als von Ihnen. In jedem Fall ist eine Scheinselbstständigkeit keine persönliche Eigenschaft von Ihnen selbst, sondern bezieht sich auf die Tätigkeit, die Sie durchführen.

WUSSTEN SIE’S?

Eine Scheinselbstständigkeit bezieht sich immer auf ein konkretes Auftragsverhältnis. Das heißt: Auch wenn Sie für mehrere Auftraggeber tätig sind, kann es sein, dass eins dieser Vertragsverhältnisse als Scheinselbstständigkeit zählt – Sie also selbstständig und scheinselbstständig zugleich sind. Im Statusfeststellungsverfahren wird immer nur das jeweilige Auftragsverhältnis geprüft.

Grundsätzlich können Sie davon ausgehen: Je mehr Kriterien auf Sie bzw. Ihr Auftragsverhältnis zutreffen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie in einem Statusfeststellungsverfahren als nicht-selbstständig eingestuft werden.

Allerdings wiegt auch nicht jedes der Kriterien gleich schwer. Erfahrungsgemäß kommt dem investierten Kapital und dem Außenauftritt ein besonders hoher Stellenwert zu. Sehen die Behörden bei einer Prüfung, dass Sie eigene Betriebsräume angemietet und Werkzeuge und Material angeschafft haben, eine Website betreiben oder auf andere Weise nach außen hin selbstbewusst als eigenverantwortlicher Unternehmer auftreten, wird dies meist als Zeichen für eine “echte” Selbstständigkeit gesehen.

ACHTUNG AUCH FÜR VEREINE

In einem Urteil vom 2. Mai 2024 hat das hessische Landessozialgericht entschieden, dass ein Reitverein verpflichtet ist, Sozialversicherungsbeiträge für eine Reitlehrerin zu zahlen, wenn diese abhängig beschäftigt ist. Eine solche Beschäftigung liegt vor, wenn sie keine eigene Pferde besitzt und unentgeltlich die vereinseigenen Pferde und die Reithalle nutzen kann. Ein weiteres Indiz ist ein fehlendes unternehmerisches Risiko.

Was passiert, wenn ich tatsächlich scheinselbstständig bin?

Kommt die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Krankenkasse oder das Finanzamt hingegen zu dem Schluss, dass Ihr Auftragsverhältnis tatsächlich die Kriterien einer Scheinselbstständigkeit erfüllt, werden Sie als sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter eingestuft. Ihr Auftraggeber wird rückwirkend zu Ihrem Arbeitgeber.

Die Einstufung hat folgende Konsequenzen:

  • Sie müssen die fehlenden Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen – Ihre Haftung ist allerdings auf maximal drei Monate beschränkt.
  • Ihr Auftraggeber muss seinen Anteil an Ihren Sozialversicherungsbeiträgen komplett nachzahlen, denn er zählt als Arbeitgeber.
  • Arbeitnehmern obliegt das Recht auf Arbeitnehmerschutz (z. B. Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, bezahlter Urlaub, Kündigungsschutz).
  • Stuft Sie auch das Finanzamt als scheinselbstständig ein, sind ausgewiesene Rechnungen zu korrigieren – denn als Scheinselbstständiger dürfen Sie keine Umsatzsteuer erheben und auch keine Vorsteuer geltend machen. 
  • Nicht gezahlte Lohnsteuer muss an das Finanzamt abgeführt werden.

WICHTIG

Sind Sie nur für einen Auftraggeber tätig bzw. werden alle Vertragsverhältnisse als scheinselbstständig eingestuft, endet Ihre Selbstständigkeit und Sie müssen unter Umständen Ihr Gewerbe beim Finanzamt abmelden. Eine einmal als scheinselbstständig eingeordnete Tätigkeit können Sie nicht als Selbstständiger weiterführen.

Es kann sein, dass Sie die Deutsche Rentenversicherung Bund im Statusfeststellungsverfahren nicht als scheinselbstständig, sondern als arbeitnehmerähnlich selbstständig einstuft. Das ist wahrscheinlich, wenn Sie mehr als 5/6 Ihrer Jahresumsätze vom gleichen Auftraggeber erwirtschaften. In diesem Fall sind Sie rentenversicherungspflichtig – und das rückwirkend. Die Rentenversicherung kann bis zu vier Jahre die nicht gezahlten Beiträge (ca. 20 Prozent des Honorars) nachfordern.

Besser also, wenn Sie von Anfang an eine Scheinselbstständigkeit vermeiden. Auf welche Punkte Sie dabei achten sollten, haben wir Ihnen in einer Checkliste am Ende des Artikels zusammengefasst.

Sie möchten wissen, was für Sie als Selbstständiger wichtig ist, wenn Sie Ihr Business online bewerben oder gar ein vollständig digitales Business führen? Dann schauen Sie doch mal hier: “Website, Facebook, Marketing & Co: Als Existenzgründer rechtssicher im Netz”.

5. Für Auftraggeber: So tappen Sie nicht in die Scheinselbstständigkeits-Falle

Eine Scheinselbstständigkeit von freien Mitarbeitern und Freelancern zu vermeiden, ist nicht immer einfach – schließlich liegt es nicht in Ihrer Hand, ob sich Ihre Auftragnehmer neben Ihren Projekten noch um weitere Aufträge kümmern oder ausschließlich für Ihr Unternehmen arbeiten. Mit einigen Tipps können Sie das Risiko jedoch eindämmen, dass es sich um eine abhängige Beschäftigung handelt.

Wie kann ich als Auftraggeber ausschließen, dass freie Mitarbeiter scheinselbstständig sind? 

Um auszuschließen, dass ein freier Mitarbeiter scheinselbstständig ist, sollten Sie in Ihrem Unternehmen die folgenden Regeln beherzigen:

  • Behandeln Sie Freelancer nicht wie Angestellte: In der Wahl von Arbeitsort, Arbeitszeit, Preisen, Urlaubszeiten etc. sind Selbstständige frei.
  • Erteilen Sie nur projektbezogene Aufträge: Ihr freier Mitarbeiter sollte spezielle Aufträge bekommen und keine Routineaufgaben übernehmen, die in der Firma nebenbei noch anfallen. 
  • Interne Einbindung: Die Teilnahme an regelmäßigen, internen Meetings sollte auf ein Minimum begrenzt werden. Auch sollten freie Mitarbeiter wenn möglich keine betriebsinterne E-Mail-Adresse erhalten.
  • Freie Vertragsgestaltung: Im Werk- oder Dienstvertrag dürfen Sie dem Auftragnehmer nicht untersagen, für weitere Auftraggeber tätig zu werden.
  • Arbeitsplätze und -geräte: Seien Sie vorsichtig, wenn Sie einem freien Mitarbeiter einen festen Arbeitsplatz in Ihrer Firma zuteilen oder ihn mit Ihrer Hardware arbeiten lassen – das kann als Kriterium einer Scheinselbstständigkeit zählen. 

PRAXIS-TIPP

Auch hier gilt wieder: Das Gesamtbild entscheidet. Es ist sehr wohl möglich, dass Sie einen freien Programmierer für begrenzte Zeit beauftragen und ihm einen festen Arbeitsplatz in der Firma zuweisen. Das gilt nicht gleich als Scheinselbstständigkeit – allerdings sollten dann nicht noch weitere Kriterien auf das Auftragsverhältnis zutreffen.

Sind Sie unsicher, um welche Art des Arbeitsverhältnisses es sich handelt, können auch Sie als Auftraggeber ein Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund beantragen. In diesem wird dann geklärt, ob Ihr freier Mitarbeiter tatsächlich selbstständig ist oder ob Sie ihn als abhängigen Arbeitnehmer mit allen zugehörigen Pflichten beschäftigen müssen.

Welche Folgen hat die Scheinselbstständigkeit eines Mitarbeiters für Auftraggeber?

Ergibt die Prüfung, dass keine Selbständigkeit vorliegt, sind Sie als Auftraggeber verpflichtet, sämtliche Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen. Das heißt: Rentenversicherungsbeiträge, Abgaben an die Agentur für Arbeit, Pflegeversicherung, Krankenversicherungsbeiträge – und das rückwirkend für bis zu vier Jahre.

Wer vorsätzlich – also im Bewusstsein, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorlag – Sozialversicherungsbeiträge seiner Arbeitnehmer einbehalten hat, muss diese sogar bis zu 30 Jahre rückwirkend leisten.

Ergibt nicht nur die Prüfung des Sozialversicherungsträgers, sondern auch des Finanzamtes, dass eine Scheinselbstständigkeit vorliegt, kann die Behörde zudem gezahlte Vorsteuer von Ihnen zurückverlangen und Lohnsteuer nachfordern.

Ihrem nun nicht mehr freien, sondern abhängig beschäftigten Mitarbeiter stehen sämtliche Arbeitnehmerrechte zu. Dazu gehören etwa Kündigungsschutz, Lohnfortzahlung bei Krankheit und Urlaub, aber auch ein Monatsgehalt in der Höhe seines vorherigen Honorars. 

Wenn der Freelancer die Einstufung als Arbeitnehmer anstrebt, hat er die Möglichkeit, die Prüfung beim Sozialgericht einzuklagen. Spätestens dann sollten Sie einen Anwalt einbeziehen – denn die Folgen eines scheinselbstständigen Auftragsverhältnisses sind mitunter so schwerwiegend, dass sie den finanziellen Ruin der Firma bedeuten können.

6. Checkliste: Scheinselbstständigkeit vermeiden – so geht’s

Die Checkliste kann Ihnen eine erste Orientierung geben, ob ein Auftragsverhältnis scheinselbstständig ist oder nicht – sie ist aber kein Garant. Für eine rechtsverbindliche Aussage bedarf es der Berücksichtigung sämtlicher individueller Umstände.

Je mehr der folgenden Aussagen Sie verneinen, desto höher ist das Risiko, dass es sich bei Ihrem Auftragsverhältnis um eine Scheinselbstständigkeit handelt:

CHECKLISTE
SCHEINSELBSTSTÄNDIGKEIT
  • Der Auftragnehmer bestimmt seine Arbeitszeiten und die Wahl seines Arbeitsplatzes nach Aufnahme der Tätigkeit selbst.
  • Seine Arbeit führt der Auftragnehmer ohne Kontrolle durch das beauftragende Unternehmen aus (z. B. keine Zeitmanagement-Tools).
  • Während seiner Arbeit erstellt der Freelancer ab und an Zwischenberichte, muss aber keine regelmäßigen Kontroll-Reportings über seine Arbeit abliefern.
  • Der Selbstständige hat eine eigene Firmenwebsite, Visitenkarten oder ein Firmenschild, mit dem er sich nach außen hin präsentiert.
  • Das angesetzte Honorar des Freelancers beträgt deutlich mehr als der Stundenlohn eines Festangestellten in vergleichbarer Position.
  • Der Auftragnehmer ist frei, neben seiner selbstständigen Tätigkeit weitere Aufträge anzunehmen und neue Kunden zu akquirieren.
  • Der Auftragnehmer übernimmt andere Aufgaben als die festangestellten Beschäftigten im Unternehmen.
  • Der Freelancer ist nicht weisungsgebunden, entscheidet über die Gestaltung seiner Arbeit selbst und muss sich bezüglich Abwesenheiten und Urlaub nicht mit anderen Angestellten des Auftraggebers abstimmen.

 

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7. FAQ: Häufige Fragen zur Scheinselbstständigkeit


Was gilt als Scheinselbstständigkeit?

Eine Scheinselbstständigkeit ist gegeben, wenn sich eine Person als selbstständig ausgibt, in Wirklichkeit aber in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu ihrem Auftraggeber steht. Scheinselbstständig zu sein, ist keine Eigenschaft einer Person, sondern auf das jeweilige Auftragsverhältnis bezogen. Es ist auch möglich, gleichzeitig scheinselbstständig und selbstständig tätig zu sein.

Kann man sich strafbar machen mit Scheinselbstständigkeit?

Ja, man kann sich wegen Scheinselbstständigkeit strafbar machen. Stellen Unternehmen abhängig Beschäftigte nicht als Angestellte ein, obwohl ein Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis vorliegt, kann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe aufgrund von Sozialversicherungsbetrug drohen. Da die Arbeitgeber für die Meldung des Mitarbeiters bei den Sozialversicherungsträgern verantwortlich sind, kann sich der Scheinselbstständige in der Regel jedoch nicht strafbar machen.

Welche Strafe droht bei Scheinselbstständigkeit?

In der Regel müssen die entgangenen Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt werden. Für Auftragnehmer gilt das rückwirkend für drei Monate, für Auftraggeber hingegen für vier Jahre bzw. sogar 30 Jahre, sollte Vorsatz nachgewiesen werden. Zudem kann ein Strafverfahren aufgrund von Steuerhinterziehung bzw. Sozialversicherungsbetrug drohen.


 

Sophie Suske
Sophie Suske, M.A.
Legal Writerin, freiberuflich

Sophie Suske hat einen Masterabschluss in Sprach- und Kommunikationswissenschaften. Angefangen in der juristischen Redaktion eines Legal Tech Start Ups bereichert sie seit 2022 mit ihrer Expertise das Redaktionsteam von eRecht24 als freie Legal Writerin. Ihre inhaltlichen Schwerpunkte liegen dabei im Datenschutz, E-Commerce- und Markenrecht.

Rechtsanwalt Sören Siebert
Sören Siebert
Rechtsanwalt und Gründer von eRecht24

Rechtsanwalt Sören Siebert ist Gründer von eRecht24 und Inhaber der Kanzlei Siebert Lexow. Mit 20 Jahren Erfahrung im Internetrecht, Datenschutz und ECommerce sowie mit mehr als 10.000 veröffentlichten Beiträgen und Artikeln weist Rechtsanwalt Sören Siebert nicht nur hervorragende Fach-Expertise vor, sondern hat auch das richtige Gespür für seine Leser, Mandanten, Kunden und Partner, wenn es um rechtssichere Lösungen im Online-Marketing und B2B / B2C Dienstleistungen sowie Online-Shops geht. Neben den zahlreichen Beiträgen auf eRecht24.de hat Sören Siebert u.a. auch diverse Ebooks und Ratgeber zum Thema Internetrecht publiziert und weiß ganz genau, worauf es Unternehmern, Agenturen und Webdesignern im täglichen Business mit Kunden ankommt: Komplexe rechtliche Vorgaben leicht verständlich und mit praktischer Handlungsanleitung für rechtssichere Webseiten umsetzen.

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