FernUSG - Das Fernunterrichtsschutzgesetz

Sind alle Online-Kurs-Verträge ungültig? Wieso das FernUSG die Welt der Online-Kurse aufmischt

Fachlich geprüft von: Rechtsanwalt Sören Siebert Rechtsanwalt Sören Siebert
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Das Wichtigste in Kürze

  • Online-Kurse können unter das FernUSG fallen und benötigen dann eine staatliche Zulassung. Ohne Zulassung sind Verträge mit den Kunden unwirksam.
  • Das FernUSG gilt für Verbraucher als Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht. Ob auch B2B Kunden erfasst werden, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt.
  • Anbieter von Online-Lehrgängen, -Kursen und -Akademien sollten jetzt Ihre Angebote überprüfen und gegebenenfalls anpassen.

Worum geht's?

Was hat das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) mit meinem Online-Kurs zu tun, fragen sich viele Anbieter von Lernplattformen und Online-Akademien. Die zahlreichen jüngsten Entscheidungen der Gerichte bringen kein Licht ins Dunkel, sondern lassen wesentliche Fragen ungeklärt. Fallen B2B Verträge unter das FernUSG und ab wann liegt eine „räumliche Trennung” im Sinne des FernUSG vor? Spätestens jetzt ist es an der Zeit, sich mit den Vorgaben des FernUSG zu befassen und Ihr eigenes Angebot zu überprüfen.

Wir geben Ihnen einen Überblick über die aktuellen gerichtlichen Entscheidungen, zeigen auf, wo der Unterschied liegt, wenn Sie Digistore24, Copecart oder einen anderen Payment Anbieter für den Abschluss Ihrer Online-Kurse verwenden und fassen zusammen, was Sie als Anbieter zum FernUSG wissen müssen.

 

 

1. Wann brauchen Online-Kursanbieter eine Zulassung nach dem FernUSG?

Mal ganz auf Anfang - was haben Online-Kurse und Lernplattformen sowie Online-Akademien eigentlich mit dem Fernunterrichtsschutzgesetz zu tun? Fernunterricht verbindet man häufig mit dem Konzept Distanzunterricht. Dies ist jedoch nicht richtig, da es sich beim Distanzunterricht ursprünglich um eine Form des Schulunterrichts zur Aufrechterhaltung des Schulbetriebes in der COVID-19-Pandemie handelte.

Das Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht definiert Fernunterricht als:

"Entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen."

Daraus ergeben sich drei Kriterien. Treffen alle drei auf Ihr Kursangebot zu, betreiben Sie Fernunterricht im Sinne des Fernunterrichtsschutzgesetzes und müssen gem. § 12 FernUSG von der staatlich zuständigen Stelle zugelassen werden. Außer es trifft eine Ausnahme auf Ihr Konzept zu (dazu mehr im entsprechenden Abschnitt).

Kriterium 1: Entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen

Als erstes muss der Kurs dem Lernenden gegen Geld Fähigkeiten oder Kenntnisse beibringen.

BEISPIELE AUS DER PRAXIS

Bsp. 1: Ein bezahlter Online-Kochkurs für Einsteiger bringt dem Teilnehmer die Grundlagen in der Küche bei.

Bsp. 2: Eine kostenpflichtige Online-Akademie, die Schüler beim Lernen für Abitur und MSA unterstützt.

Bsp. 3: Eine Online-Plattform, auf der Fahrschüler für die theoretische Führerscheinprüfung lernen können.

Handelt es sich bei Ihrem Kurs also um ein kostenpflichtiges Angebot, ist bereits eines der drei Kriterien erfüllt. 

Kriterium 2: ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt

Dabei müssen der Kursbesucher und der Lehrende "räumlich getrennt" sein.

Die Voraussetzung, ob bzw. wann eine räumliche Trennung vorliegt, wird von der Rechtsprechung sehr unterschiedlich beurteilt. Viele Gerichte haben hierzu unterschiedliche Meinungen. Klarheit bringt wohl nur eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH).

Bis das soweit ist, gibt es keine klaren Richtwerte und vorausgegangene Entscheidungen anderer Gerichte müssen mit Vorsicht gehandhabt werden. Konkret kommt es also immer auf den Einzelfall an.

Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick über aktuelle Entscheidungen zum Thema Fernunterrichtsschutzgesetz.

ACHTUNG

Auch wenn die Urteile Anhaltspunkte liefern, wann eine räumliche Trennung vorliegt und eine Zulassung notwendig ist, sollten Sie bedenken, dass andere Gerichte nicht an diese Entscheidungen gebunden sind und anders urteilen können. Im Zweifel tendieren Gerichte eher dazu, eine überwiegende räumliche Trennung anzunehmen.

Nach einer Entscheidung des Landgerichts Hamburg (Urteil vom 19.07.2023 - 304 O 277/22) liegt eine räumliche Trennung vor, wenn weniger als die Hälfte des Lehrgangsstoffes im herkömmlichen Nah- oder Direktunterricht vermittelt wird und eine Tonübertragung in einen anderen Unterrichtsraum bzw. ein anderes Gebäude stattfindet.

Findet also eine räumliche Trennung im Wortsinne statt, sodass sich Lehrende und Lernende tatsächlich nicht am selben Ort aufhalten, ist nach der Rechtsprechung des LG Hamburgs der Anwendungsbereich des FernUSG eröffnet. Auch synchrone Wissensvermittlungen bei Videokonferenzen und Live-Webinaren in Echtzeit würden damit unter das Fernunterrichtsschutzgesetz fallen.

Eine räumliche Trennung bleibe folglich trotz technischer Mittel zur Überbrückung bestehen. Zur Begründung führte das LG Hamburg (Az. 304 O 277/22) den Gesetzeszweck, den Schutz vor unseriösen Lehrgangsangeboten an, welcher dagegen spreche, Videounterricht vom Fernunterricht auszunehmen.

Das LG Ravensburg (LG Ravensburg, Urt. v. 11.07.2023 - Az.: 5 O 25/23) hat in einem Urteil anders entschieden und eine räumliche Trennung abgelehnt, da bei dreimal wöchentlich stattfindenden zweistündigen Coaching Calls ein unmittelbarer Kontakt stattfinde.

Das LG München I (Endurteil vom 12.02.2024 - 29 O 12157/23) hat bei virtuellen Coaching Sitzungen ebenfalls die räumliche Trennung abgelehnt und ausgeführt, dass das Gesetz an die heutigen Verhältnisse anzupassen und entsprechend auszulegen sei.

Laut ZFU ist eine räumliche Trennung anzunehmen, wenn vor Ort-Seminare oder präsenzäquivalente Online-Seminare weniger als 50 % der Unterrichtseinheiten ausmachen.

BEISPIELE AUS DER PRAXIS

Bsp.1: Das FernUSG ist nicht anwendbar, wenn die Online-Seminare als synchrone Online-Meetings ausschließlich über Zoom stattfinden und eine Abrufung als Wiederholung für die Teilnehmer nicht möglich ist.

Bsp. 2: Ein Anbieter ermöglicht wöchentlich ein 6-stündiges Live-Training und stellt zusätzlich optional 20 Stunden Videomaterial für die Nacharbeit zur Verfügung.

Problematisch ist jedoch stets die Gewichtung der Anteile zwischen synchronen und asynchronen Veranstaltungen oder der Einsatz von Trainingsmethoden, die unterschiedlich viel zeitlichen Einsatz der Lernenden erfordern.

Letztlich muss für die Klärung der Frage, wann eine räumliche Trennung vorliegt, eine höchstrichterliche Entscheidung abgewartet werden.

Kriterium 3: der Lernerfolg des Kursbesuchers muss überwacht werden

Neben der entgeltlichen Vermittlung von Kenntnissen und der räumlichen Trennung spielt das Kriterium der Überwachung des Lernerfolgs eine wesentliche Rolle. Viele Kursanbieter fragen sich nun, wann dieses Kriterium erfüllt ist.

Zählt die Beantwortung von individuellen Fragen der Lernenden bereits als eine Form der Überwachung oder sind nur Korrekturaufgaben erfasst? Auch hier ist sich die Rechtsprechung uneinig.

Der BGH (allerdings in einer älteren Entscheidung - BGH, Urteil vom 15. Oktober 2009, III ZR 310/08, Rn. 19 und 21, juris) und das OLG Celle haben für die Überwachung des Lernerfolgs eine durchaus niedrige Grenze festgelegt und sich für eine weite Auslegung entschieden. Das OLG Celle schreibt in seinem Urteil vom 01.03.2023 (Az.: 3 U 85/22) dazu:

"Es ist ausreichend, wenn eine individuelle Anleitung des Lernenden vorgesehen ist, die eine Lernerfolgskontrolle ermöglicht. Insgesamt ist eine Überwachung des Lernerfolgs nach § 1 FernUSG bereits dann gegeben, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch hat, z. B. in einer begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlernten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolgs durch den Lehrenden oder seinem Beauftragten zu erhalten (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2009, III ZR 310/08, Rn. 19 und 21, juris)."

Hiernach würde bereits eine individuelle mündliche Kontrolle - zum Beispiel durch Fragen des Kursbesuchers und Antworten des Kursleiters - während eines begleitenden Direktunterrichts im Rahmen des Online-Kursangebots ausreichen, um eine Lernerfolgskontrolle zu bejahen.

Das OLG Köln (OLG Köln, Urt. v. 06.12.2023 - Az.: 2 U 24/23) hingegen hat in seinem Fall einen Fernunterrichtsvertrag abgelehnt, weil gerade keine echte Lernkontrolle vereinbart worden sei. Es seien vertraglich weder Prüfungsaufgaben vereinbart worden noch sei eine andersartige Rückversicherung des Lernenden über den Lernerfolg möglich gewesen. Hierbei komme es vor allem auf eine Kontrolle durch den Lehrenden an, eine reine Selbstkontrolle sei nicht ausreichend. So stelle eine sogenannte Fragenflatrate keine Lernerfolgskontrolle dar, wenn sie der Lösung einzelner Problemstellungen diene und nicht erworbenes Wissen kontrolliere.

Das OLG Hamburg hat am 20. Februar 2024 (Az.: 10 U 44/23) ähnlich entschieden und das Erfordernis einer Zulassung abgelehnt, da keine vertragliche Überwachung des Lernerfolgs geschuldet gewesen sei. Eine Überwachung des Lernerfolgs sei nicht gegeben, wenn der Lehrende dem Lernenden für individuelle Rückfragen zur Verfügung steht. Denn der Begriff “Überwachung” beinhalte ein Kontrollelement und dieses sei schon dem Wortsinn nach bei reinen Fragen nicht gegeben.

Wie die dargestellten Entscheidungen zeigen, können reine Whatsapp- oder Facebook-Gruppen für Rückfragen der Lernenden bereits ausreichen, um eine Überwachung des Lernerfolgs zu bejahen. Andere Gerichte fassen diese Auslegung als widersprüchlich auf und fordern Kontrollen in Form von Abschlussprüfungen oder bewerteten Korrekturaufgaben. Aber auch vertragliche Hinweise auf Kontrollen wie der Erwerb von Zertifikaten oder der Abschluss eines Lehrgangs als Absolvent wurden bereits als ausreichend angesehen.

Checkliste
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Rechtsprechung können folgende Konzepte für eine Überwachung des Lernerfolgs sprechen: 
  • Prüfungsaufgaben wie Multiple Choice, Drag-and-Drop, Lückentexte,
  • Checklisten,
  • mündliche Kontrollen durch Fragen des Lehrenden an den Lernenden,
  • Abschluss- oder Erfolgszertifikate.

 

Kommt es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, ist ein wichtiger Anhaltspunkt, was vertraglich zwischen dem Online-Kursanbieter und dem -besucher vereinbart wurde. Nur weil Sie zum Beispiel begleitende Live-Calls in Ihrem Kursmodell vertraglich zusichern, lässt sich nicht automatisch darauf schließen, dass diese der individuellen Lernüberwachung dienen. Hier kommt es also maßgeblich darauf an, was Sie konkret den Kursbesuchern als Leistungspaket Ihres Online-Kurses anbieten und auch tatsächlich in der Praxis machen. 

Es ist also auch problematisch, wenn Sie Prüfungsaufgaben zwar nicht vertraglich zusichern, tatsächlich aber im Alltag regelmäßig in ihren Leistungen den Lernenden anbieten.

2. Was bedeutet die Anwendbarkeit des FernUSG für Sie und Ihr Business?

Liegt Fernunterricht im Sinne des FernUSG vor, müssen auch die gesetzlichen Regelungen für Fernlehrgänge eingehalten werden. Jeder Fernlehrgang muss staatlich zugelassen werden gemäß § 12 Abs 1 FernUSG. Dafür zuständig ist die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU). Sind Sie sich unsicher, ob Ihr Angebot zulassungspflichtig ist, kann sich ein Blick in den FAQ-Bereich der ZFU lohnen. 

Verträge sind nichtig

Erfüllt ein Online-Kurs die Kriterien für Fernunterricht, benötigt der Kursanbieter dementsprechend eine Zulassung seines Kurses von der ZFU. Hat der Kursanbieter keine gesetzlich notwendige Zulassung, ist der Vertrag über diesen Online-Kurs nichtig - das steht in der Norm § 7 FernUSG.

Heißt: Der Online-Kursbesucher kann sein Geld zurückverlangen. Denn es gibt keine rechtliche Grundlage dafür, dass der Anbieter die Kursgebühr behalten darf.

Dann kann der Teilnehmer nach den gesetzlichen Regelungen über die ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 BGB) das Geld herausverlangen.

AUFGEPASST

Hat der Teilnehmer bereits Leistungen vom Kursanbieter in Anspruch genommen, schuldet er dem Anbieter Wertersatz nach dem Bereicherungsrecht.

Das FernUSG im B2C vs. B2B Bereich

Die Experten sind sich einig, dass das FernUSG im B2C Bereich, also bei Verträgen mit Verbrauchern gilt.

Ob das FernUSG auch im reinen B2B Bereich Anwendung findet, ist umstritten. Das OLG Celle (Az.: 3 U 85/22) urteilte, dass das FernUSG auch bei Verträgen mit Unternehmern anwendbar sei. Aber wieso ist das wichtig?

Weil dann Kursanbieter, die Online-Kurse für Unternehmer anbieten und in der Vergangenheit vom FernUSG unabhängig vom Kurskonzept nicht betroffen waren, genauso in den Anwendungsbereich fallen können, wenn der Anwendungsbereich des FernUSG eröffnet ist. Das heißt, Unternehmer, die das FernUSG nur deshalb nicht einhalten mussten, weil sie sich im B2B Bereich befanden, sind dann auch in der Pflicht.

Und das würde nicht nur bedeuten, dass eine Zulassungspflicht für Kurse bestände, die als Fernunterricht gelten, sondern auch, dass die verbraucherfreundlichen gesetzlichen Regelungen des FernUSG zu Gunsten von Unternehmern gelten.

Bedeutet: Unternehmer könnten bei Online-Kursen, die Fernunterricht sind, ein Widerrufs- und Kündigungsrecht haben.

Das LG München I (Endurteil vom 12.02.2024 - 29 O 12157/23)
urteilte anders und entschied, dass das FernUSG nur im Verhältnis zwischen Unternehmern und Verbrauchern greife, da die Gesetzesbegründung als Zweck den Verbraucherschutz anführe.

Bedeutet: Im B2B Bereich würde keine Zulassungspflicht nach dem FernUSG bestehen.

WICHTIG

Das Urteil des OLG Celle ist noch nicht rechtskräftig. Ob sich die Auffassung, dass das FernUSG im B2B Bereich gilt, durchsetzt, steht also noch nicht endgültig fest. Daher muss die Entscheidung des Bundesgerichtshofs abgewartet werden.

Nun werfen wir einen Blick auf die wichtigsten rechtlichen Vorgaben des FernUSG und was Online-Kurs-Anbieter hier beachten müssen.

Form und Inhalt des Fernunterrichtsvertrags, § 3 FernUSG

Verträge über Fernunterricht müssen immer in Textform geschlossen werden. Mündliche Absprachen gelten dadurch nicht.

Checkliste
Außerdem sollte der Vertrag folgendes beinhalten:
  • die Art und Geltung des Lehrgangsabschlusses,
  • Ort, Dauer und Häufigkeit des begleitenden Unterrichts,
  • Angaben über die vereinbarten Zeitabstände für die Lieferung des Fernlehrmaterials,
  • wenn der Fernunterrichtsvertrag die Vorbereitung auf eine öffentlich-rechtliche oder sonstige externe Prüfung umfasst, auch die Angaben zu Zulassungsvoraussetzungen.

Widerrufsrecht und -belehrung, § 4 FernUSG

Alle Teilnehmer an einem Fernlehrgang haben ein gesetzliches Widerrufsrecht mit einer Widerrufsfrist von 2 Wochen. Der Fernunterrichtsanbieter muss den Teilnehmer außerdem über das Widerrufsrecht bei Vertragsschluss informieren.

Kündigung ohne Angabe von Gründen, § 5 FernUSG

Außerdem können die Teilnehmer den Fernunterrichtsvertrag nach § 5 FernUSG ohne Angaben von Gründen kündigen. Die Voraussetzungen zu Inhalt, Form und Frist können Sie im Gesetzestext nachlesen.

Ordnungswidrigkeiten bei Verstoß gegen die Vorgaben des FernUSG, § 21 FernUSG

Wer als Betreiber von Fernunterricht gegen die gesetzlichen Vorgaben verstößt, muss in einigen Fällen mit einer Geldbuße von bis zu 10.000 € rechnen. Einzelheiten finden Sie im Normtext.

3. Welche Kurse fallen nicht unter das FernUSG?

Die Ausnahmen von der Zulassungspflicht für Fernlehrgänge finden sich in § 12 I 3 FernUSG:

Dient Ihr Online-Kursangebot oder E-Learning Produkt lediglich der Freizeitgestaltung oder Unterhaltung, findet die Zulassungspflicht des FernUSG keine Anwendung. Es trifft Sie in diesem Fall allerdings zumindest eine Registrierungspflicht nach § 12 I 4 FernUSG. Diese kostet laut Gebührentabelle der ZFU 100,00 € (Tarifstelle 21.1.2.13).

Aber auch hier ist Vorsicht geboten. Die Regelung ist als Ausnahme zu verstehen und Sie sollten sich nur dann auf diese stützen, wenn Ihr Angebot wirklich ausschließlich der Freizeitgestaltung oder Unterhaltung dient.

Im Übrigen können Sie zur Überprüfung, ob es sich bei Ihrem E-Learning-Angebot um einen zulassungspflichtigen Lehrgang oder nur um ein Hobby-Kurskonzept handelt, einen formlosen Antrag an die Poststelle der ZFU mit den benötigten Unterlagen schicken.

GUT ZU WISSEN

Ist Ihr Online-Kurs, -Coaching oder E-Learning-Produkt kostenfrei, müssen Sie sich über die Voraussetzungen des FernUSG auch keine Gedanken machen.

Denn das Gesetz gilt nur bei entgeltlichen Fernlehrgängen. Zumindest solange das Gesetz nicht ausdrücklich vorschreibt, dass in einem bestimmten Fall auch unentgeltliche Fernlehrgänge erfasst sind.

4. Digistore24, Copecart und andere Payment Anbieter

Wo liegt rechtlich der Unterschied, wenn Sie als Veranstaltender Ihre Kurse über einen Dienstleister wie Copecart oder Digistore24 anbieten oder einen reinen Zahlungsanbieter abwickeln?

Reseller Modelle

Bei Digistore24 und Copecart handelt es sich um Reseller-Modelle. Sie schließen als Vendor einen Resellervertrag. Das bedeutet, dass der Anbieter quasi das Produkt in Ihrem Namen verkauft. Rechtlich schließt der Kursteilnehmer also den Vertrag mit dem Reseller und nicht mit Ihnen als Anbieter. Dieses Modell ist so praktisch, weil der Vendor sich nicht selbst kümmern muss, wenn beispielsweise der Kunde nicht zahlt. Das macht dann Digistore24 oder Copecart selber.

Das ist aber im Licht der rechtlichen Vorgaben des FernUSG auch das Problem: Wenn sich nämlich im Nachhinein herausstellt, dass die Vorgaben des Fernunterrichtsgesetzes für das Kursangebot greifen und nicht eingehalten wurden, hat vertraglich der Reseller das Problem. Weil er ja Vertragspartner ist.

Reine Zahlungsdienstleister

Wenn Sie Ihren Online-Kurs über einen Zahlungsanbieter abwickeln, der nur verschiedene Zahlarten unterstützt, besteht dieses Problem nicht. Beispiele:

  • Klarna
  • Paypal
  • Payone

Denn dann wickelt Ihr Zahlungsdienstleister lediglich Ihre Zahlungen für Sie ab, ist aber nicht Vertragspartner mit Ihren Kunden und hat dementsprechend auch nichts damit zu tun, wenn die Kursverträge sich als nichtig herausstellen.

Sie können aber dennoch von Ihren Online-Kursteilnehmern aufgefordert werden, die Kursgebühren wieder zurückzuzahlen. Das Problem des zulassungspflichtigen Fernunterrichts lässt sich auf diese Art und Weise also nicht vermeiden.

5. Mein E-Learning-Angebot ist zulassungspflichtig - was nun?

Sie beantragen eine Zulassung und setzen die gesetzlichen Anforderungen nach dem FernUSG für Ihren Fernunterrichtsvertrag um - dann gelten für Ihre Produkt alle Rechte und Pflichten des Gesetzes inklusive Widerrufsrecht, Kündigungsrecht, Schriftformerfordernis, Sanktionen bei Verstößen et cetera.

Im Rahmen der Zulassung kommen Kosten auf Sie zu. Die Verwaltungsgebühren für die Zulassung eines Fernlehrgangs liegen bei 150 Prozent des Verkaufspreises. Die Mindestgebühr beträgt 1050 Euro. Alle drei Jahre müssen die Zulassungsvoraussetzungen im Rahmen einer Fortbestandsprüfung überprüft werden. Hierfür fallen als Gebühr 15 Prozent des Verkaufspreises an.

Scheuen Sie die Zulassung, gibt es folgende Möglichkeiten:

  1. Sie gestalten das Kursangebot um, sodass Sie nicht unter die Zulassungspflicht fallen.
  2. Sie akzeptieren das Risiko, trotz Zulassungspflicht ohne Zulassung weiterzumachen (nicht empfehlenswert).

Aufgepasst: Beachten Sie, dass das Zulassungsverfahren dauert und nur einzelne Kurse zugelassen werden und nicht der Anbieter als solcher.

Checkliste
Keine Zulassungspflicht nach dem FernUSG bei:
  • Kostenfreien Angeboten,
  • der Kurs findet in Präsenz vor Ort oder in präsenzäquivalenten Online-Veranstaltungen statt, 
  • Selbstlernkurse ohne individuelle Lernerfolgskontrolle, 
  • Hobby-Lehrgängen, die der Freizeitgestaltung oder der Unterhaltung dienen (Anwendungsbereich eingeschränkt).

 

Vorsicht: Die Rechtsprechung ist uneinheitlich, wann eine räumliche Trennung und eine Überwachung des Lernerfolgs vorliegen. Sind Sie sich unsicher, ob Ihr Angebot eine Zulassung benötigt, sollten Sie einen Rechtsanwalt kontaktieren und mit diesem das weitere Vorgehen abstimmen. 

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Maxie Schneider
Maxie Schneider, , Dipl.-Jur.
Head of Content & Legal Writerin

Maxie Schneider hat Rechtswissenschaften studiert und ist Diplomjuristin. Im Rahmen Ihres Studiums hat sie sich auf interdisziplinäre Rechtsthemen und die Wechselwirkung zwischen Rechtsentwicklung und fortschreitender Digitalisierung spezialisiert. Darüber hinaus ist sie zertifizierte Online-Texterin und studiert berufsbegleitend den Masterstudiengang „Digital Media Law & Management“. Seit 2022 ist Maxie Schneider Teil des eRecht24-Redaktionsteams.

Rechtsanwalt Sören Siebert
Sören Siebert
Rechtsanwalt und Gründer von eRecht24

Rechtsanwalt Sören Siebert ist Gründer von eRecht24 und Inhaber der Kanzlei Siebert Lexow. Mit 20 Jahren Erfahrung im Internetrecht, Datenschutz und ECommerce sowie mit mehr als 10.000 veröffentlichten Beiträgen und Artikeln weist Rechtsanwalt Sören Siebert nicht nur hervorragende Fach-Expertise vor, sondern hat auch das richtige Gespür für seine Leser, Mandanten, Kunden und Partner, wenn es um rechtssichere Lösungen im Online-Marketing und B2B / B2C Dienstleistungen sowie Online-Shops geht. Neben den zahlreichen Beiträgen auf eRecht24.de hat Sören Siebert u.a. auch diverse Ebooks und Ratgeber zum Thema Internetrecht publiziert und weiß ganz genau, worauf es Unternehmern, Agenturen und Webdesignern im täglichen Business mit Kunden ankommt: Komplexe rechtliche Vorgaben leicht verständlich und mit praktischer Handlungsanleitung für rechtssichere Webseiten umsetzen.

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