Vergleichende Werbung

Ein schmaler Grat im Marketing: Wann ist vergleichende Werbung laut UWG erlaubt?

Fachlich geprüft von: Rechtsanwalt Sören Siebert Rechtsanwalt Sören Siebert
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Das Wichtigste in Kürze

  • Selbstständige und Unternehmen haben häufig originelle Ideen beim Thema Marketing - eine davon ist der Vergleich mit Mitbewerbern.
  • Vergleichende Werbung ist grundsätzlich nicht verboten, kann jedoch schnell unzulässig sein und zu Abmahnungen führen.
  • Machen Sie nur objektive Vergleiche und stellen Sie Ihren Mitbewerber nicht ins schlechte Licht.

Worum geht's?

Vergleichende Werbung zieht die Aufmerksamkeit vieler Betrachter auf sich und ist daher ein sehr wirkungsvolles Marketinginstrument. Gleichzeitig bringt vergleichende Werbung auch umfangreiche rechtliche Herausforderungen mit sich. Denn: Mit einem “Unsere Produkte sind viel besser als die von Firma X” ist es nicht getan. Wenn Sie Vergleiche mit anderen Unternehmen in Ihrer Werbung machen wollen, müssen Sie sich an strikte Regelungen halten. In diesem Artikel erhalten Sie einen Überblick darüber, wie Sie vergleichende Werbung rechtssicher für sich nutzen können.

 

1. Was versteht man unter vergleichender Werbung?

Vergleichende Werbung ist eine Werbeform, bei der Sie durch den Vergleich mit einem Wettbewerber Ihre eigenen Vorteile in den Vordergrund stellen. Im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist vergleichende Werbung klar definiert:

 § 6 Abs. 1 UWG

Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.

Das heißt: Es handelt sich um vergleichende Werbung, wenn Sie in Ihrer Werbung:

  1. Ihren Konkurrenten direkt oder indirekt nennen,
  2. das Produkt Ihres Konkurrenten direkt oder indirekt nennen oder
  3. die Dienstleistung Ihres Konkurrenten direkt oder indirekt nennen. 

 

Beispiele: Direkter & Indirekter Vergleich

  • Direkter Vergleich: “Unsere Schokolade kostet 2 Euro weniger als die Schokolade von Milka.”
  • Indirekter Vergleich: “Unsere Schokolade kostet 2 Euro weniger als die Lila-Schokolade.”

2. Wann ist vergleichende Werbung zulässig?

Nach § 6 Abs. 2 UWG ist vergleichende Werbung nur erlaubt, wenn sich der Vergleich auf die gleichen Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung und objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezieht.

Vergleichende Werbung
Vier Kriterien
  • Gleiche Produkte und gleicher Zweck: Hier gilt: Vergleichen Sie Äpfel nicht mit Birnen. Wenn Sie einen Online-Shop für Fahrräder haben, können Sie diesen in der Werbung nicht mit einem Online-Shop für Autos vergleichen. Allerdings müssen die Produkte auch nicht zu 100% identisch sein. Sie können also beispielsweise losen Tee mit Teebeuteln vergleichen.
  • Objektiv: Außerdem müssen Sie bei der Eigenschaft, die Sie vergleichen, objektiv bleiben. Beschreiben Sie Ihr Fahrrad also nicht als bequemer, denn das ist keine objektive Eigenschaft. Übrigens: Wenn Sie nur die Features hervorheben, die Ihr Produkt hat, aber die relevanten Features, die das Produkt Ihres Konkurrenten hat, ignorieren, ist Ihre Werbung auch nicht mehr objektiv.
  • Wesentliche, relevante und typische Eigenschaft: Die Eigenschaft, auf die Sie sich beziehen, muss wesentlich, relevant und typisch sein. Vergleichen Sie also nicht die Farbe der Fahrräder, sondern bleiben Sie bei relevanten Eigenschaften, wie der Anzahl der Gänge des Fahrrads.
  • Nachprüfbare Eigenschaft: Die Eigenschaft muss außerdem nachprüfbar sein. Nach der Rechtsprechung zur vergleichenden Werbung bedeutet das, dass ein Sachverständiger in der Lage sein muss, die Eigenschaft zu beurteilen.

 

Anhand der folgenden Beispiele können Sie verstehen, wie schnell Werbekampagnen als unzulässig eingestuft werden können:

Beispiele: Unzulässige vergleichende Werbung

  • “Unser Social-Media-Management-Paket kostet 200 Euro weniger als das Online-Marketing-Paket von Konkurrent A.” → Es handelt sich nicht um die gleichen Dienstleistungen.
  • “Unsere Lampen werden in Indien hergestellt, während das Unternehmen A in China herstellt." → Bei dem Produktionsland handelt es sich nicht um eine für den Verbraucher wesentliche und typische Eigenschaft von Glühbirnen.
  • “Unsere Müslis schmecken besser als die von Wettbewerber A.” → Die Eigenschaft ist nicht objektiv und nicht nachprüfbar, da der Geschmack subjektiv ist.

3. Praxisbeispiele für vergleichende Werbung

Vergleichende Werbung wurde beispielsweise auch vom Discounter Lidl in den vergangenen Jahren eingesetzt. So hat Lidl beispielsweise 2021 Produkte ihrer Eigenmarke mit Produkten von anderen Marken im Hinblick auf den Preis verglichen. In der Werbung wird der Preis des gleichen Produktes für den gleichen Zweck objektiv relevant und nachprüfbar verglichen.

 

Quelle: https://unternehmen.lidl.de/pressreleases/2021/210924_pi_du-hast-die-wahl, abgerufen am 23.05.2023.

Aufgepasst

Vergleichende Werbung kann schnell von der originellen Marketing-Idee zur teuren Abmahnfalle werden. Während sich große Unternehmen es ggf. leisten können, dass eine Werbekampagne nach hinten losgeht, kann eine Abmahnung für kleinere Unternehmen ein gravierender Kostenfaktor sein.

4. Unzulässige Vergleichende Werbung

Sie müssen nicht nur die oben aufgeführten Kriterien für eine zulässige vergleichende Werbung berücksichtigen, sondern auch beachten, dass Ihr Vergleich den Wettbewerber nicht benachteiligt.

Nach § 6 UWG dürfen Sie keinen Vergleich vornehmen,

  • der im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt,
  • der den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt,
  • der die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft oder
  • der eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt. 

Im Detail bedeutet das:

Keine Verwechslungsgefahr

Sie dürfen keine vergleichende Werbung machen, die zu einer Verwechslungsgefahr Ihres Produktes mit dem des Konkurrenten führt. Kunden dürfen nicht denken, dass Ihr Produkt und das Vergleichsprodukt aus demselben Unternehmen kommen. Grenzen Sie die Produkte oder Dienstleistungen in Ihrer Werbung also klar voneinander ab.

Beispiel

Verwenden Sie Begriffe wie “vergleichbar mit”, damit klar wird, dass es sich um Produkte unterschiedlicher Unternehmen handelt. Sie dürfen Ihre Produkte sogar als “ähnlich” in der Werbung bezeichnen. Ein Gericht lehnte die Verwechslungsgefahr bei der Werbung für Staubsaugerbeutel unter dem Slogan „ähnlich Swirl“ ab, da für Kunden erkennbar war, dass das Produkt keines der Marke Swirl ist (BGH, Urteil vom 2.4.2015 – 1 ZR 167/13).

Keine Ausnutzung oder Beeinträchtigung des Rufes

Sie dürfen den Ruf Ihres Mitbewerbers niemals ausnutzen oder beeinträchtigen. Vergleichen Sie sich also nicht mit fremden Marken, nur um Ihre eigene Bekanntheit zu erhöhen. Treffen Sie außerdem keine negativen Aussagen über Ihren Wettbewerber.

Beispiel

Wenn Sie günstige Turnschuhe anbieten und diese in Ihrer Werbung mit den Sneakern von Nike gleichsetzen, wäre das eine Ausnutzung des Rufes von Nike.

Keine Herabsetzung oder Verunglimpfung

Darüber hinaus dürfen Sie Ihren Konkurrenten nicht unsachlich oder abfällig in einem Vergleich darstellen.

Beispiel

“Das Coaching-Angebot von Coach A ist unseriös. Schauen Sie sich stattdessen unser Angebot an.” Mit dieser unsachlichen Behauptung würden Sie den Ruf des Coaches A beeinträchtigen.

Ausnahme: Werbung mit Humor

Dennoch ist es möglich, ein gesundes Maß an Humor in die Werbeaussage einzubringen. So wurde beispielsweise die Werbeaussage des Internetdienstes Unitymedia „Wenn 1&1 sich streiten, freut sich der Schnellste“ als zulässig gewertet (OLG Köln, Urteil vom 30.11.2015, Az. I-6 W 130/15). Ein weiteres Beispiel ist die taz. Die taz warb mit dem Slogan „die taz ist nicht für jeden. Das ist ok so“ und deutete im Werbespot an, dass der BILD-Zeitungsleser intellektuelle Grenzen habe. (BGH, Urteil vom 01.10.2009, Az: I ZR 134/07) Der BGH entschied, dass es sich nicht um eine Herabsetzung handelte, sondern um eine humorvolle Überspitzung.

Keine Imitation oder Nachahmung

Darüber hinaus dürfen Sie auch keine Werbung machen, in der Sie Ihr Produkt als Imitation eines anderen geschützten Produktes darstellen.

Beispiel

“Unser Softdrink schmeckt genauso wie Fanta.” Der Verbraucher erhält dadurch den Eindruck, dass der Softdrink eine Nachahmung von Fanta sei.

Wichtig ist, es wird immer eine Einzelfallentscheidung vorgenommen. Ausschlaggebend für die Entscheidung ist die Perspektive des durchschnittlichen Verbrauchers. Es kommt also darauf an, wie Verbraucher Ihre Werbung verstehen würden.

5. Welche rechtlichen Konsequenzen erwarten Sie bei Verstößen?

Wenn Sie vergleichend werben und Ihr Mitbewerber den Verdacht hat, Ihre Werbung könnte gegen § 6 UWG verstoßen, geht es meistens sehr schnell: Sie erhalten eine Abmahnung. Darin fordert der Wettbewerber i.d.R eine Unterlassungserklärung von Ihnen.

Nehmen Sie eine Abmahnung niemals auf die leichte Schulter und lassen Sie sich durch einen Fachanwalt im Wettbewerbsrecht unterstützen. Außerdem kann eine unzulässige vergleichende Werbung sogar Schadensersatzansprüche nach § 9 UWG nach sich ziehen.

6. Fazit

Insgesamt ergibt sich durch diese Regelungen ein enger Rahmen, in dem vergleichende Werbung erlaubt ist.

Bevor Ihre Werbekampagne live geht...

...sollten Sie immer final prüfen, ob Ihr Vergleich:

1. gleiche Produkte für den gleichen Zweck und objektiv wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften vergleicht

und

2. keine Verwechslungsgefahr, keine Ausnutzung oder Beeinträchtigung des Rufes, keine Herabsetzung oder Verunglimpfung und keine Imitation oder Nachahmung darstellt.

Sie wollen noch mehr zum Thema Werbung erfahren? Lesen Sie unseren Artikel zum Thema Mondpreise, Schleichwerbung & Co.: Verbotene Werbung, die Unternehmen meiden sollten.

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Frauke Frotscher
Frauke Frotscher, LL.M.
Legal Writerin

Frauke Frotscher ist Wirtschaftsjuristin und hat sich im Rahmen ihres Masterstudiums im internationalen Lizenzrecht auf die Rechtsgebiete des Urheber-, Marken- und Vertragsrechts sowie das Zusammenspiel von Recht und Künstlicher Intelligenz spezialisiert. Mit diesen Schwerpunkten verstärkt sie seit 2023 das eRecht24-Redaktionsteam als Legal Writerin. Aufgrund ihrer vorherigen Tätigkeit als Juristin einer Rechtsabteilung, ist sie Expertin in der verständlichen Kommunikation juristischer Inhalte.

Rechtsanwalt Sören Siebert
Sören Siebert
Rechtsanwalt und Gründer von eRecht24

Rechtsanwalt Sören Siebert ist Gründer von eRecht24 und Inhaber der Kanzlei Siebert Lexow. Mit 20 Jahren Erfahrung im Internetrecht, Datenschutz und ECommerce sowie mit mehr als 10.000 veröffentlichten Beiträgen und Artikeln weist Rechtsanwalt Sören Siebert nicht nur hervorragende Fach-Expertise vor, sondern hat auch das richtige Gespür für seine Leser, Mandanten, Kunden und Partner, wenn es um rechtssichere Lösungen im Online-Marketing und B2B / B2C Dienstleistungen sowie Online-Shops geht. Neben den zahlreichen Beiträgen auf eRecht24.de hat Sören Siebert u.a. auch diverse Ebooks und Ratgeber zum Thema Internetrecht publiziert und weiß ganz genau, worauf es Unternehmern, Agenturen und Webdesignern im täglichen Business mit Kunden ankommt: Komplexe rechtliche Vorgaben leicht verständlich und mit praktischer Handlungsanleitung für rechtssichere Webseiten umsetzen.

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