Worum geht's?
Der Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht legt fest, dass die Rechte an einer Marke nur noch eingeschränkt durchgesetzt werden können, sobald Waren einer Marke einmal in den Verkehr gebracht wurden. Hat der Markeninhaber selbst oder ein von ihm autorisierter Händler das Produkt verkauft, dürfen Käufer dieses weiterverkaufen – ohne dass der Inhaber der Marke den Verkauf verbieten kann. Welche Konsequenzen die Erschöpfung des Markenrechts für Unternehmer hat, klären wir in diesem Beitrag.
1. Was versteht man unter einer Erschöpfung des Markenrechts?
Mit “Erschöpfung” ist der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz gemeint, der im Markenrecht unter § 24 MarkenG (Markengesetz) geregelt ist:
“(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke oder dieser geschäftlichen Bezeichnung von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.”
Die Erschöpfung des Markenrechts legt also fest, dass der Inhaber die Rechte an seiner Marke nicht mehr durchsetzen kann, sobald die markenrechtlich gekennzeichnete Ware mit seiner Zustimmung in den Handel gebracht wurde.
EIN BEISPIEL ZUR VERDEUTLICHUNG
Stellen Sie sich vor, Sie betreiben ein Unternehmen, das Sportschuhe produziert. Für ein bestimmtes Modell haben Sie sich die Markenrechte gesichert und die Bezeichnung “SuperFit3000” als Markennamen schützen lassen. Sobald Sie dieses Modell nun an einen Händler oder einen Kunden verkaufen, ist Ihr Markenrecht erschöpft: Sie können nicht mehr kontrollieren, was mit dem Sportschuh passiert. Ihr Käufer kann die Schuhe weiterverkaufen oder verschenken, ohne dass Sie dies verhindern können.
Als Markeninhaber dürfen Sie somit über das erstmalige Inverkehrbringen (Verkaufen) Ihrer Marke entscheiden. Sie können den Preis für die Ware selbst bestimmen – jedoch nicht die anschließenden Vertriebswege über Zwischenhändler oder Käufer kontrollieren. Sobald die Produkte mit Ihrer Zustimmung in der EU bzw. dem EWR verkauft werden, sind Ihre Markenrechte erschöpft und jeder darf das Produkt weiterverkaufen.
Diese Erschöpfung des Markenrechts betrifft nicht nur den Verkauf von markenrechtlich gekennzeichneten Produkten, sondern auch die Werbung mit der Marke (z. B. mit Fotos von der Bildmarke in Werbeprospekten). Eine Markenrechtsverletzung liegt im Fall einer Erschöpfung des Markenrechts damit nicht vor.
2. Welchen Zweck hat der Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht?
Der Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht verfolgt den Zweck, den freien Warenverkehr zu fördern, indem Markeninhaber den wirtschaftlichen Wert ihrer Produkte selbst festlegen können – und gleichzeitig zu verhindern, dass Inhaber unbegrenzte Kontrolle über den Weiterverkauf der Produkte erhalten, sobald sie einmal in den Verkehr gebracht wurden.
Damit stellt der Inhalt des § 24 Abs.1 MarkenG eine Balance zwischen dem freien Handel und dem Markenschutz her. Zugleich gibt es Ausnahmen, in denen der Grundsatz nicht greift, um geschützte Marken und deren Wert und Exklusivität zu schützen.
3. Wann liegt keine Erschöpfung im Markenrecht vor?
Gemäß Markengesetz haben Sie als Markeninhaber das Recht, unter bestimmten Voraussetzungen den Weiterverkauf bzw. die Nutzung Ihrer Marke trotz der Erschöpfung des Markenrechts zu unterbinden.
PRAXISTIPP
Eine Erschöpfung des Markenrechts kann grundsätzlich nur für Waren eintreten – Markenrechte an einer Dienstleistung können nicht erschöpft sein.
- Veränderung oder Verschlechterung der Ware: Wird Ihre Marke nach dem erstmaligen Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert, dürfen Sie den Weiterverkauf untersagen, um zu verhindern, dass minderwertige oder veränderte Produkte unter der Marke in den Handel gelangen, die Ihrem Business schaden.
- Unangemessene Benutzung der Marke: Schadet die Art und Weise, wie die Marke verwendet wird, ihrem Image, findet der Erschöpfungsgrundsatz ebenfalls keine Anwendung.
- Nicht zum Verkauf bestimmte Musterware: Sind Musterartikel, Proben oder Tester mit Zusätzen wie “nicht zum Verkauf bestimmt” oder “unverkäuflich” gekennzeichnet und werden dennoch weiterverkauft, liegt keine Erschöpfung vor. Der Verkauf verletzt nicht nur die Rechte an der Marke, sondern verstößt auch gegen das Wettbewerbsgesetz.
- Umverpackung ohne Zustimmung: Das erstmalige Inverkehrbringen betrifft nicht nur den Verkauf und die Werbung, sondern auch die Verpackung. Werden Markenprodukte ohne Zustimmung des Markeninhabers umetikettiert, umverpackt oder die Verpackung ganz weggelassen, kann dies die Rechte der Originalware verletzen. Auf eine Erschöpfung lässt sich nicht berufen. Ausnahmen bestehen bei Medizinprodukten und Arzneimitteln.
- Importe außerhalb von EU und EWR: Der Erschöpfungsgrundsatz gilt nur für den Handel in der Europäischen Union und dem Europäischen Wirtschaftsraum. Waren, die außerhalb dessen in den Verkehr gebracht wurden, sind nicht betroffen. Sie können als Markeninhaber den Import solcher Waren untersagen, wenn dieser ohne Ihre Zustimmung erfolgt.
WICHTIG ZU WISSEN
Wer sich bei der Nutzung einer fremden Marke auf § 24 I MarkenG beruft, muss die Erschöpfung auch beweisen. Kommt es zu einem Rechtsstreit, liegt es nicht in der Verantwortung des Markeninhabers, sondern in der des Markennutzers, nachzuweisen, dass keine Markenrechtsverletzung vorliegt.
4. Welche Konsequenzen hat es für mich als Unternehmer, wenn mein Markenrecht erschöpft ist?
Ist das Markenrecht erschöpft, verlieren Markeninhaber bestimmte Kontrollrechte über den Weiterverkauf der Produkte, die unter der Marke in den Verkehr gebracht wurden. Für Sie als Unternehmer hat das folgende Konsequenzen:
Keine Kontrolle über den Weitervertrieb
Nach dem erstmaligen Verkauf Ihrer markenrechtlich gekennzeichneten Ware können Sie nicht mehr verhindern, dass die Produkte weiterverkauft, weitergegeben oder sonst wie vertrieben werden. Dies gilt für alle Produkte, die mit Ihrer Zustimmung in der EU und dem EWR in den Handel gebracht wurden.
Keine Durchsetzung von Markenrechten
Die Ansprüche, die das Markenrecht Inhabern geschützter Marken zugesteht – wie z. B. der Anspruch auf Auskunft, Beseitigung und Schadensersatz – entfallen bei Erschöpfung im Markenrecht. Sie haben beispielsweise keine Handhabe mehr, wenn Händler oder andere Unternehmen Ihre Markenprodukte ohne Erlaubnis weiterverkaufen, sobald diese einmal in Verkehr gebracht wurden. Dies betrifft auch den Verkauf von Ware auf Verkaufsplattformen wie eBay und Kleinanzeigen, in Discountern und in Outlet-Stores.
GUT ZU WISSEN
Der unkontrollierte Weiterverkauf kann das Image einer Marke negativ beeinflussen – z. B., wenn das Produkt in Umgebungen oder unter Bedingungen verkauft wird, die mit dem eigentlichen Markenerlebnis kollidieren. Dadurch kann es passieren, dass Verbraucher die Marke anders wahrnehmen als ursprünglich von Ihnen bei der Markenentwicklung beabsichtigt wurde.
Eingeschränkte Handhabe bei Preisgestaltung
Den Preis, zu dem Ihre Produkte vertrieben werden, können Sie nicht mehr kontrollieren, sobald Ihre Markenrechte erschöpft sind. Es kann also gut sein, dass Ihre Markenware zu niedrigeren Preisen verkauft wird, was Auswirkungen auf die Positionierung der Marke am Markt haben kann.
Keine Lizenzgebühren
Greift der Grundsatz der Erschöpfung im Markenrecht, können Sie als Markeninhaber weder Lizenzgebühren noch andere zusätzliche Gebühren von Händlern oder Zwischenhändlern verlangen, die Ihre Produkte weiterverkaufen.
5. Wie kann ich verhindern, dass meine Marke durch die Erschöpfung an Wert verliert?
Um den Wert Ihrer Marke trotz des Erschöpfungsgrundsatzes zu schützen, können Sie als Unternehmer folgende Maßnahmen ergreifen:
- Qualitätskontrollen: Beobachten Sie den Markt und den Handel, um sicherzustellen, dass Ihre Produkte auch nach dem ersten Verkauf Ihren Ansprüchen entsprechen und um schnell auf mögliche Qualitätsprobleme reagieren zu können.
- Autorisierte Händler: Arbeiten Sie mit autorisierten Händlern zusammen und treffen Sie klare vertragliche Vereinbarungen (z.B. im Rahmen eines Markenlizenzvertrags), um Präsentation und Verkauf Ihrer Waren zu steuern. Dadurch können Sie zwar nicht den Erschöpfungsgrundsatz umgehen, aber zumindest sicherstellen, dass die Marke angemessen repräsentiert wird.
- Exklusivverträge: In bestimmten Fällen kann es sinnvoll sein, mit ausgewählten Händlern Exklusivverträge abzuschließen, um die Kontrolle über die Vertriebswege Ihrer Produkte zu behalten.
- Markenimage pflegen: Stärken Sie den Wert und das Ansehen Ihrer Marke durch Marketing, Werbung und Kundendienst, um einen Wertverlust aufgrund der Erschöpfung des Markenrechts zu begrenzen.
- Markenüberwachung: Mit einer nachhaltigen Markenüberwachung können Sie zwar nicht die Erschöpfung Ihrer Marke verhindern, jedoch können Sie Markenverletzungen frühzeitig aufdecken und dagegen vorgehen.
Schützen Sie den Wert Ihrer Marke durch regelmäßige Updates in der Produktentwicklung, einen hochwertigen Kundenservice und zielgruppengerechtes Marketing und überwachen Sie den Handel mit Ihren Produkten proaktiv. So wissen Sie, wo und wie Ihre Marke vertrieben wird – und können trotz der Erschöpfung im Markenrecht gegensteuern, sollten andere Ihre Marke verletzen.
Haben Sie sich die Rechte an Ihrer Marke noch gar nicht gesichert, ist der erste Schritt die Markenanmeldung beim Deutschen Marken- und Patentamt. Die eRecht24 Partnerkanzlei Siebert Lexow Lang unterstützt Sie dabei.