Worum geht's?
Die Produktabbildung in einer Internetwerbung oder in einem Angebot trägt für Käufer wesentlich zu einer Kaufentscheidung bei. Damit sie nicht die Katze im Sack kaufen, sind Produktfotos von der Ware in Online-Shops, in Social Media oder auf Verkaufsplattformen wie Amazon Marketplace, eBay oder Kleinanzeigen nicht mehr wegzudenken. Aber ist ein Produktbild laut IT-Recht zwingend notwendig? Welche rechtlichen Anforderungen müssen Sie als Verkäufer bei Produktfotos erfüllen? Und was passiert, wenn das Produkt nicht dem Bild entspricht? Mehr dazu lesen Sie in unserem Ratgeber.
1. Müssen Sie Produktbilder verwenden?
Waren ohne Produktabbildung verkaufen ist im E-Commerce undenkbar. So treffen viele Kunden ihre Kaufentscheidung aufgrund eines aussagekräftigen Bildes zum Produkt und dem Lieferumfang. Aber müssen Sie als Verkäufer Produktbilder verwenden? Ist eine Produktabbildung beim Online-Verkauf rechtlich vorgeschrieben?
WUSSTEN SIE’S SCHON?
Händler müssen ihre Kunden über die wesentlichen Eigenschaften der Ware informieren. Das geht aus den Informationspflichten nach § 312d Abs. 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB hervor. Nach § 5a Abs. 1 UWG handelt ein Verkäufer unlauter, wenn er dem Käufer wesentliche Informationen, die zum Kauf beitragen, vorenthält. Aus dem Gesetz geht allerdings nicht hervor, in welcher Form diese Informationen zur Verfügung gestellt werden müssen.
Neben einer Produktbeschreibung muss seit Ende 2024 laut Produktsicherheitsverordnung auch eine Produktabbildung zur Verfügung gestellt werden. Hierbei muss es sich nicht um ein Foto handeln. Eine Abbildung oder Illustration, mit der sich das Produkt eindeutig identifizieren lässt, ist ebenfalls gestattet. Die Produktsicherheitsverordnung gilt für alle EU-Länder und enthält zusätzlich dazu konkrete Informationspflichten zum Hersteller, Angaben zur Identifizierung des Produkts, Warn- und Sicherheitshinweisen usw.
Im Rahmen des Produktfotos kann allerdings einiges falsch gemacht werden. Im Folgenden klären wir Sie über die häufigsten Probleme bei Produktfotos auf.
2. Problem 1: Abweichende Produktbilder
Bei Online-Angeboten müssen Online-Händler darauf achten, dass die Produktfotos den Angebotsumfang wiedergeben. So entschied bereits der BGH in einem Urteil vom 12.01.2011 (Az. VIII ZR 346/09), dass Produktfotos den Lieferumfang erkennen lassen müssen und für den Kaufvertrag genauso bindend sind wie die Produktbeschreibung in Textform.
Nicht selten kommt es dann aber vor, dass der Verbraucher beim Auspacken der Ware sieht, dass das Produkt nicht dem Bild entspricht. In diesem Fall liegt die Haftung bei Ihnen als Händler. Sie müssen sicherstellen, dass das Produktbild die verkaufte Ware und das Zubehör widerspiegelt. Das gilt auch für die Farbe und den Zustand des Produkts.
PRAXIS-TIPP
Verkaufen Sie gebrauchte Produkte sollten Sie als Händler darauf achten, dass auf dem Produktfoto ersichtlich ist, dass es sich nicht um Neuware handelt. Zusätzlich dazu müssen Sie den Zustand des Artikels auch in der Produktbeschreibung wiedergeben. Gehen Sie in diesem Zusammenhang auch auf Mängel oder Fehler des Produktes ein, wenn es welche gibt.
Wichtig ist, dass Sie Abweichungen des Produktes vom Bild im Blickfang darstellen. Ein entsprechender Hinweis auf dem Bild (z. B. “Farbabweichungen möglich” oder “Die Abbildung weicht in folgenden Punkten vom Kaufgegenstand ab: …”) ist hier denkbar. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Produktbild nicht vom tatsächlichen Produkt abweicht.
3. Problem 2: Für Zubehör gilt die Hinweispflicht
Produktfotos müssen das Produkt, das verkauft wird, darstellen. Auch Zubehör, das auf dem Produktfoto zu sehen und essentiell für die Nutzung des Produktes ist, muss mitgeliefert werden. Andernfalls handelt es sich um eine Irreführung des Verbrauchers. In der Vergangenheit gab es bereits einige Urteile in diesem Bereich.
In einem Urteil vom OLG Hamm vom 04.08.2015 (Az. I-4 U 66/15) entschied das Gericht, dass ein Produktbild mit einem Sonnenschirm und notwendigen Bodenplatten irreführend war, da die Bodenplatten bei dem Angebot nicht mitgeliefert worden waren.
Der Amazon-Verkäufer hatte zwar in der Produktbeschreibung darauf hingewiesen, dass ausschließlich der Schirm und nicht die Bodenplatten verkauft werden. Das reichte dem Gericht allerdings nicht. Die Bodenplatten sind zur Nutzung des Schirms essentiell. Daher geht der Verbraucher bei dem Produktbild davon aus, dass diese im Lieferumfang inbegriffen sind.
AUFGEPASST
Das Produktbild ist blickfangmäßig herausgestellt. Ein bloßer Hinweis über fehlendes essentielles Zubehör in der Produktbeschreibung genügt daher nicht. Befindet sich der Hinweis direkt im Bild oder im Titel des Produkts und damit im Blickfang des Verbrauchers, gestaltet sich die Sachlage eindeutiger und es stellt in der Regel keine Irreführung dar.
Zu einem ähnlichen Urteil kam das OLG Hamm auch ein Jahr zuvor (Urteil vom 05.06.2014, Az. I-4 U 152/13) bei einem im Online-Handel angebotenen Bett. Dieses war auf dem Produktbild mit Unterkonstruktion, Matratze und Bettzeug zu sehen. In der Produktbeschreibung fand der Verbraucher den Hinweis “Ohne Rahmen, Auflagen und Dekoration”.
Auch hier genügt der Hinweis in einem maßgeblichen Teil der Produktbeschreibung nicht, da der Verbraucher bei dem Produktbild von einem vollständigen Bett inkl. Lattenrost und Matratze ausgeht. Hier kreidete das Gericht auch die Fachbegriffe “Rahmen” für Lattenrost und “Auflage” für Matratze an. Allein in Bezug auf das Bettzeug als Dekoration liegt keine Irreführung vor.
4. Problem 3: Irreführung durch Werbeaussagen auf dem Produktbild
Nicht nur in Bezug auf den Lieferumfang kann eine Irreführung vorliegen, sondern auch in Bezug auf Werbeaussagen, die Sie treffen. So hat der BGH in einem Urteil vom 15.04.2021 (Az. I ZR 134/20) entschieden, dass Sie den Verbraucher über die Fundstelle des Tests informieren müssen, wenn Sie mit einem Test-Siegel werben. Nur so kann der Kunde seine Kaufentscheidung abwägen und entsprechend bewerten.
ACHTUNG
Problematisch ist auch Werbung mit Siegeln wie CE-geprüft, TÜV geprüft, GS geprüft oder geprüfte Qualität, wenn Sie diese Werbeaussagen nicht näher erläutern. Auch die Werbung mit Garantien kann irreführend sein, wenn Sie mit der gesetzlichen Gewährleistung werben oder spezielle Garantien nicht erklären.
Bestimmte Produkte, wie Zigaretten, lösen zusätzliche Hinweispflichten aus. Hier hat der EuGH in einem Urteil vom 09.12.2021 (Az. C-370/20) entschieden, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweise nicht nur auf den Verpackungen selbst, sondern auch auf Produktabbildungen angebracht werden müssen. Hierzu gibt die Produktsicherheitsverordnung, die seit Ende 2024 gilt, ebenfalls genauere Vorgaben.
5. Problem 4: Urheberrechte
Um die eigenen Produkte richtig in Szene zu setzen, können Sie selbst zur Kamera greifen. Das kostet allerdings Zeit und erfordert fotografisches Know-How. Dafür haben Sie selbst allerdings die Urheberrechte inne und müssen sich um Lizenzen keine Gedanken machen. Nutzen Sie fremde Produktfotos, müssen Sie eine kommerzielle Lizenz dafür erwerben.
Haben Sie keine Erlaubnis des Urhebers, die Produktfotos zu nutzen, droht eine teure Abmahnung. Eine Urheberrechtsverletzung liegt im Übrigen auch vor, wenn Sie eine Lizenz haben, diese für Ihre Zwecke allerdings nicht ausgelegt ist. So kann je nach Lizenz beispielsweise eine kommerzielle Nutzung oder die Verwendung auf Social Media ausgeschlossen werden. Dies ist u. a. bei Creative Commons Lizenzen aus Online-Bilddatenbanken der Fall.
6. Problem 5: Markenrechte bei fremden Waren
Achten Sie darauf, dass auf den Produktfotos keine fremden und markenrechtlich geschützten Marken, Wörter, Logos oder Namen zu erkennen sind. Haben Sie eine Lizenz vom Markeninhaber für den Verkauf von fremden Marken in Ihrem Online-Shop, stellt die Benutzung der Marke nach § 24 Abs. 1 MarkenG kein Problem dar.
AUFGEPASST
Verkaufen Sie Ersatzteile, die für ein Markenprodukt bestimmt sind, ist dies ebenfalls möglich, sofern Sie sich an drei Voraussetzungen halten:
- Es handelt sich um eine Benutzung als Bestimmungshinweis,
- Für den Zweck ist die Benutzung der Marke notwendig und
- die Benutzung der Marke widerspricht nicht den anständigen Gepflogenheiten des Handels und Gewerbes.
7. Produkt entspricht nicht dem Bild: Konsequenzen für Verkäufer
Artikelbilder sind laut Produktsicherheitsverordnung seit Ende 2024 Pflicht! Die Fotos müssen rechtlichen Anforderungen entsprechen. Halten Sie diese Vorschriften nicht ein, liegt die Haftung in der Regel bei Ihnen als Händler.
Im schlimmsten Fall kann dies Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Außerdem sind teure Abmahnungen sowie Unterlassungsansprüche von Wettbewerbern denkbar. Um keine markenrechtlichen oder urheberrechtlichen Verletzungen zu begehen, ist es immer ratsam, im Vorfeld die Erlaubnis des Urhebers oder Markeninhabers einzuholen.
8. Diese 9 Dinge müssen Sie beachten, damit Ihre Produktbilder den rechtlichen Anforderungen entsprechen
Verkäufer sollten auf Produktfotos nur das tatsächliche Produktfoto abbilden. Etwaige Abweichungen sollten präsent im Blickfang und in der Beschreibung zum Produkt aufgenommen werden. Achten Sie darauf, dass Zubehörteile im Lichtbild und in der Beschreibung Erwähnung finden. Bei ungenauen Angaben gehen Sie als Verkäufer ein Risiko ein. Ersparen Sie sich rechtlichen Ärger und befolgen Sie unsere 9 Punkte bei Ihren Produktbildern:
- Produktfotos sollten nicht vom tatsächlich verkauften Produkt abweichen
- Bei Abweichungen sollten Sie dies im Blickfang des Verbrauchers kennzeichnen
- Essentielles abgebildetes Zubehör muss im Lieferumfang inkludiert sein
- Hinweise auf fehlendes elementares Zubehör in der Produktbeschreibung reichen nicht aus
- bei Werbung mit Siegeln Erläuterungen und Quellen nicht vergessen
- zusätzliche gesetzliche Hinweispflichten bei bestimmten Produkten wie Alkohol oder Zigaretten beachten
- Urheberrechte und Lizenzbedingungen bei fremden Bildern beachten
- Keine markenrechtlich geschützten Namen, Logos oder Produkte auf den Produktbildern abbilden
- Benutzung von Marken als Hinweis auf die Bestimmung der Ware sind unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt
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