Worum geht's?
Wer kennt es nicht aus dem geschäftlichen oder auch privaten Alltag- Mal eben in ein neues Thema einlesen oder auf die Schnelle ein Geburtstagsgeschenk online shoppen? Bevor Sie ins Thema eintauchen oder den Kauf abschließen können, haben Sie bereits einen Cookie-Banner, mehrere Pop-Ups mit Werbung und eine Anmeldung zum Newsletter weggeklickt. Hierbei handelt es sich um sogenannte Dark Patterns, die Nutzer zu einer Handlung überreden sollen. Sie überlegen diese Elemente ebenfalls in Ihrem Online-Shop einzusetzen oder tun dies bereits? Wir klären auf, was Dark Patterns sind und ob Sie diese überhaupt verwenden dürfen.
1. Was sind Dark Patterns?
Klären wir zunächst einmal die Frage, was Dark Patterns überhaupt sind.
Bei der Softwareentwicklung und Programmierung folgen Abläufe und Aufbauten bestimmten, wiederkehrenden Mustern. Diese Entwurfsmuster, die bei Problemlösungen helfen sollen, werden als Design Patterns bezeichnet. Der dunkle Teil dieser Muster sind die Dark Patterns. Denn diese nutzen bestimmte Verhaltensmuster aus, um Nutzer zu Handlungen zu verleiten. Da diese Handlungen für den Nutzer nachteilig sind, werden die Patterns als “dark” bezeichnet.
Grundlage sind Erkenntnisse aus der Verhaltenspsychologie, wonach der Mensch intuitiv, konditioniert und nach bestimmten Mustern handelt. Hierzu gehört auch, dass das Gehirn Informationen nur oberflächlich liest, also Inhalte auf Webseiten überfliegt, um Energie zu sparen. Auch kann eine Vielzahl an Informationen zu einer Reizüberflutung führen, sodass der Nutzer dazu neigt, vor Entscheidungen zu flüchten und den leichten Weg zu wählen, indem er keine oder die leichteste Entscheidung trifft.
Genau diese Verhaltensweisen nutzt ein Dark Pattern aus, der auch als Anti-Pattern bezeichnet werden kann. Die Aufmerksamkeit des Nutzers wird im Ergebnis auf die fürs Unternehmen vorteilhaften Optionen gelenkt. Privatsphäre-Einstellungen werden mit einem Klick konditioniert fürs Unternehmen passend ausgewählt und Abonnements vom Nutzer unbeabsichtigt abgeschlossen.
Der Einsatz kann so unterschwellig erfolgen, dass dem Benutzer erst später bewusst wird, dass er manipuliert wurde. Je nach Gestaltung der Pattern merkt der Nutzer aber auch bereits in Aktion, dass sein Verhalten gelenkt werden soll.
Beispiel: Auf Ihrer Website setzen Sie Pop-Ups ein, die für eines Ihrer Produkte werben. Damit der Verbraucher weiterlesen kann, muss er den Pop-Up schließen. Nach nur kurzer Zeit öffnet sich dieser erneut.
AUFGEPASST
Auch clever platzierte Buttons, vorangekreuzte Kästchen, versteckte Gebühren und falsche Bewertungen werden im User Experience Design im Online Handel eingesetzt und sollen die Entscheidung des Benutzers gezielt beeinflussen.
Zusammengefasst können Sie sich merken, dass User Interface-Designs, die Interessen Ihres Unternehmens verfolgen, aber den Nutzer zu für ihn nachteiligen Handlungen bewegen, Dark Patterns darstellen.
2. Die Vielfalt von Dark Patterns und ihre raffinierte Anwendung im Webdesign: Beispiele aus der Praxis
Geht es um die Irreführung und Täuschung von Verbrauchern, denken viele direkt an namhafte große Unternehmen. Auch diese standen bereits in der Kritik und lieferten Beispiele für den Einsatz von Dark Patterns.
Aber wie sieht es mit Ihrem Online-Shop oder Ihrer Website aus? Die Buttons Ihres Cookie Banners sind in verschiedenen Farben gestaltet und Sie fordern den Nutzer an mehreren Stellen zur Newsletter Anmeldung auf?
Wir haben Ihnen nachfolgend einige Beispiele für Dark Patterns im Internet aufgelistet.
- Künstliche Verknappung, zeitlicher Druck,
Beispiel: nur noch wenige Produkte auf Lager, Countdown bis zum Auslaufen eines Angebotes, Aktivitätsbenachrichtigungen wie „Das Produkt wurde gerade gekauft”, - Verwirrende oder undeutliche Gestaltung, Fokus auf bestimmte Auswahlmöglichkeit,
Beispiel:Verneinende Formulierungen wie „Ich möchte mich nicht zum Newsletter anmelden” statt der üblichen Formulierung, farbliche Hervorhebung einzelner Elemente, Einsatz verschiedener Schriftgrößen, - Confirmshaming,
Beispiel: Formulierungen wie „Ich will nicht erfolgreich sein”, „Ich mag keine Angebote” in Pop-Ups oder CTA-Buttons, die beim Nutzer Scham erzeugen oder ein schlechtes Gefühl vermitteln, - sneak into basket,
Beispiel: Automatisiert werden dem Kunden weitere zum ausgewählten Produkt passende Waren in den Warenkorb gelegt, - Informationsüberflutung,
Beispiel: Weitere Buttons in Cookie Bannern mit zusätzlichen Auswahlmöglichkeiten, die den Nutzer überfordern, - zahlreiche oder immer wiederkehrende Pop-ups, sich überlagernde Pop-Ups,
Beispiel: Trotz Wegklicken erneutes Auftauchen von Pop-Ups, Kreuz zum Wegklicken kaum sichtbar, - Fake-Bewertungen,
- versteckte, zusätzliche Kosten,
Beispiel: Mindermengenzuschlag wird erst im Warenkorb angezeigt, keine Informationen zu den Versandkosten, - Vorauswahl,
Beispiel: Opt-in-Boxen für die Newsletter Anmeldung oder fürs Spar Abo sind vorangekreuzt, - verborgene Informationen und fehlende Menüpunkte.
Auch wenn an dieser Stelle bereits gesagt werden kann, dass nicht alle diese Designstrategien per se illegal sind, muss Ihr Online-Shop den aktuellen rechtlichen Vorgaben entsprechen.
Bleiben Sie stets rundum informiert mit Live-Webinaren, eBooks und Checklisten zum Thema Rechtssicherer Online-Shop. Sichern Sie Ihre Website und Ihre Online Marketing Aktivitäten mit den eRecht24 Premium Tools ab.
3. Die Kunst des Lenkens: Wie funktionieren Dark Patterns?
Wer kennt es nicht: Beim Besuch von Webseiten werden die Buttons der Cookie Banner intuitiv ausgewählt und Häkchen in den jeweiligen Opt-in-Boxen gesetzt. Das menschliche Gehirn ist darauf trainiert, bestimmte Abläufe routiniert durchzuspielen. Sind Benutzeroberflächen anders gestaltet als üblich, können einzelne Informationen überlesen und falsch gesetzte Häkchen schnell übersehen werden. Das im Wesentlichen von dem Webdesigner Harry Brignull geprägte Interface Design macht sich diese Verhaltensmuster zu eigen.
AUFGEPASST
Nutzer von Websites sind es gewohnt, per Opt-in dem Versand von Newslettern und dem Erhalt von Werbung zuzustimmen. Fordern Sie durch Setzen eines Häkchens ein Opt-out, also dass der Nutzer aktiv einen Haken setzen muss, um keine Werbung zu erhalten, nutzen Sie einen Dark Pattern.
Die Wirkungsweise ist damit klar: Durch Täuschung und Tricks im User Interface tätigt der Nutzer Handlungen, die er ansonsten nicht vorgenommen hätte.
4. Warum werden Dark Patterns verwendet?
Die Konkurrenz auf dem Markt wächst und immer neue Online-Shops werben mit besseren Preisen. Händler und Unternehmer setzen dabei auf neue Strategien. Um für Werbezwecke E-Mail-Adressen und weitere Daten zu erhalten, ist eine Newsletter Anmeldung marketingtechnisch von großer Bedeutung.
Dark Patterns sind mittlerweile alltäglich. Eine Studie der EU Kommission und nationaler Verbraucherschutzbehörden hat ergeben, dass 40 % der kontrollierten Online-Shops manipulative Praktiken anwenden.
Die verschiedenen Arten von Dark Patterns in Onlineshops haben letztlich ein Ziel: Die Preisgabe von Informationen und die Steigerung von Verkäufen.
5. Darf ich als Online-Shop-Betreiber Dark Patterns auf meiner Website verwenden?
Websitebetreiber bewegen sich in einer Grauzone bei der Nutzung von Dark Patterns. Dark Patterns sind nicht schlechthin illegal. Gibt es gesetzliche Vorgaben wie beispielsweise zu der Gestaltung von Cookie Bannern, müssen Sie diese in Ihrem Online-Shop umsetzen. Überschreiten Sie hier die Grenzen und nutzen unzulässige Designs, drohen Abmahnungen.
Beispiel für eine unzulässige Gestaltung:
In Ihrem Cookie Banner bieten Sie dem Nutzer keine Abwahlmöglichkeit oder die Abwahlmöglichkeit ist nicht lesbar aufgrund der Schriftgröße und Farbwahl.
Grundsätzlich führt eine unterschiedliche Farbe der Buttons nicht automatisch zu einem Verstoß gegen die DSGVO. Da eine unterschiedliche Farbwahl jedoch den Nutzer beeinflusst und in eine Richtung lenkt, handelt es sich hier um den klassischen Einsatz eines Dark Patterns.
LESE-TIPP
Wollen Sie mehr zum Thema Cookie Consent Banner lesen, finden Sie zahlreiche weitere Informationen in unserem Artikel “So muss ein Cookie Consent Banner aussehen, um nicht abgemahnt zu werden.”
Ein klassischer Verstoß gegen die DSGVO liegt bei einer Vorauswahl im Cookie Banner vor. Vorschriften des Wettbewerbsrecht setzten ebenfalls Grenzen. Handelt es sich bei den Designs um aggressive, geschäftliche Handlungen, die die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers erheblich beeinträchtigen, ist die Nutzung unlauter. Erst wenn die Dark Patterns die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, ist ihr Einsatz verboten.
Beispiel: Pop-Ups, die nach dem Wegklicken erneut auftauchen, sind nervig, aber regelmäßig nicht verboten. Auch das sogenannte Confirmshaming beeinflusst zwar den Nutzer, überschreitet die Erheblichkeitsschwelle jedoch nicht.
Ein Countdown bis zum Auslaufen eines Angebots ist ebenfalls nicht per se unzulässig. Bauen Sie durch Designs zeitlichen Druck auf, müssen die Angaben über die zeitliche Begrenzung des Angebots wahr sein. Ist dies nicht der Fall, ist die geschäftliche Handlung irreführend und damit unzulässig.
Weitere Vorgaben für die Gestaltung Ihrer Website finden sich nicht nur in der DSGVO, sondern in zahlreichen weiteren Vorschriften. Die Preisangabenverordnung (PAngV) macht Vorgaben zur Ausweisung des Gesamtpreises, ein Mindermengenzuschlag darf also nicht erst im Warenkorb angezeigt werden.
LESE-EMPFEHLUNG
Sie erheben in Ihrem Online-Shop Mindermengenzuschläge und suchen nun weitere Informationen zum Thema? In unserem Artikel “Online-Shops: Muss ich als Händler auf einen Mindermengenzuschlag gesondert hinweisen?" zeigen wir Ihnen, was Sie unbedingt beachten sollten.
Setzen Sie Dark Patterns unbedacht ein, kann dies Abmahnungen und Bußgelder zur Folge haben. Die Vorgaben für die Gestaltung von Onlineshops unterliegen aktuellen Entwicklungen. Der kürzlich von der EU erlassene Digital Services Act, der ab dem 17. Februar 2024 in Kraft tritt, befasst sich mit dem Verbot von Dark Patterns. Betroffen sind Social-Media-Plattformen und Online-Marktplätze.
Wie Sie sehen, ist bei der Gestaltung Ihres Onlineshops Vorsicht geboten. Damit Sie im Paragraphen-Dschungel nicht die Übersicht verlieren und durch den Einsatz von unzulässigen Patterns in die Abmahnfalle tappen, stehen wir Ihnen im eRecht24 Premium Bereich mit Checklisten, Tools und Live-Webinaren zur Seite. Sichern Sie Ihren Online-Shop mit den eRecht24 Premium Tools ab.
6. Welche Alternativen habe ich, wenn ich keine Dark Patterns nutzen möchte?
Setzen Sie unzulässige Dark Patterns ein, drohen nicht nur Abmahnungen. Neben rechtlichen Konsequenzen können dunkle Designs auch zu einem Vertrauensverlust bei Ihrer Kundschaft führen. Tricks und Täuschungen wie beim Confirmshaming, der Vorauswahl von Boxen oder ungenaue Formulierungen/doppelte Verneinungen lassen Ihren Shop im schlimmsten Fall als unseriös erscheinen. Ein schlechtes Image lässt sich im Nachhinein nur schwer beseitigen.
Eine Alternative hierzu sind Transparenz und Kundenfreundlichkeit. Verständliche Texte und übersichtliche Websites stärken das Vertrauen der Kundschaft. Anstatt einer einmaligen Steigerung der Verkaufszahlen können Sie Kunden durch Zufriedenheit langfristig binden.
- Setzen Sie aktuelle, rechtliche Vorgaben um,
- gestalten Sie Ihre Website übersichtlich,
- informieren Sie Ihre Kunden über alle wesentlichen Aspekte,
- verwenden Sie eine verständliche Sprache und keine verschachtelten Sätze,
- seien Sie transparent,
- orientieren Sie sich am Nutzer und ermöglichen diesem eine freie Wahl.
Ein rechtssicherer Onlineshop ist das A und O für ein erfolgreiches Business. Entsprechen Ihre Rechtstexte den aktuellen Vorgaben, vermeiden Sie nicht nur Abmahnungen, sondern stärken auch das Vertrauen Ihrer Kunden in Ihr Unternehmen.
7. FAQ
Nachfolgend beantworten wir Ihnen häufig gestellte Fragen zum Thema Dark Patterns in Onlineshops.