Worum geht's?
Der richtige Domainname kann im Hinblick auf die Webpräsenz einen entscheidenden Vorteil für Ihr Unternehmen darstellen. Wählen Sie einen einprägsamen Domainnamen, der als Alleinstellungsmerkmal dient, können Sie damit nicht nur Kunden generieren, sondern auch ein hervorragendes Marketing betreiben. Als Inhaber einer Gattungsdomain könnten Sie so einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Ihren Konkurrenten haben. Aber ist das rechtlich überhaupt erlaubt? Wir klären Sie auf.
1. Was ist eine Gattungsdomain?
Bevor Sie Ihre Webpräsenz aufbauen, machen Sie sich sicherlich Gedanken um den Domainnamen. Wie sollte er lauten, damit er möglichst einprägsam ist? Beliebt sind vor allem Gattungsbegriffe/generische Begriffe. Dabei handelt es sich um einen Oberbegriff für Waren oder Dienstleistungen. Diese können mit Ziffern oder Ortsangaben verbunden werden.
Beispiele für eine Gattungsdomain wären second level domains wie Kanzlei, Anwalt, Arzt oder Buch.
Der Kunde kann mit dem Begriff also direkt etwas assoziieren. Der Kunde denkt beispielsweise bei “Tempo” an ein Taschentuch (Achtung: Tempo ist eine eingetragene Marke).
2. Eine Gattungsdomain als Marke anmelden
Wollen Sie eine Gattungsdomain registrieren, ist dies rechtlich erstmal kein Problem. Sicherlich wollen Sie sich Ihren Domainnamen aber auch als Marke schützen lassen. Nur so haben Sie als Markeninhaber das alleinige Recht, den Begriff kommerziell verwenden zu dürfen. Aber hier wird es rechtlich etwas komplex:
Denn ein Gattungsbegriff kann gemäß § 8 Abs. 2 MarkenG nur als Marke eingetragen werden, wenn dieser eine ausreichende Unterscheidungskraft besitzt und nicht nur eine allgemein gebräuchliche Beschreibung für etwas darstellt. So kann es im Laufe der Zeit auch dazu kommen, dass Gattungsbegriffe, die zunächst als Marke beim DPMA eingetragen wurden, wegen fehlender Unterscheidungskraft wieder gelöscht werden müssen. Die Umwandlung von der Marke zu einer allgemein gebräuchlichen Bezeichnung stellt dann einen Verfallsgrund dar.
Beispiele: Lotto, Wedges, Fön, Dynamit, Flip-Flop
Es gibt allerdings auch Gattungsbegriffe, die als Domainname tabu sind! Das liegt daran, dass sie als eingetragene Marke einen Schutz genießen und daher nicht als Domain registriert werden dürfen. Beispiele hierfür sind Tempo, Inbus, Kaba, Labello oder Teflon.
WUSSTEN SIE`S SCHON?
Der Begriff für ein Online-Seminar “Webinar” ist als Marke eingetragen und damit rechtlich geschützt. Der Markeninhaber hat die Marke allerdings seit der Eintragung 2003 nicht genutzt und sieht daher auch von Abmahnungen ab, wenn Sie den Begriff verwenden. Ein Antrag auf Löschung der Marke wurde bereits mehrfach beim DPMA eingereicht, allerdings wurde ihm bislang nicht stattgegeben.
Eingetragene Marken wie Plexiglas, Jeep, Memory, Ohropax oder Frisbee haben nach vielen Jahrzehnten Unterscheidungskraft eingebüßt. Kunden assoziieren beispielsweise mit der Marke “Jeep” an sich nicht mehr unbedingt einen Geländewagen des Automobilherstellers Jeep, sondern jeden X-beliebigen Geländewagen. Daher handelt es sich bei diesen Beispielen um gefährdete Gattungsbegriffe, die innerhalb der nächsten Jahre möglicherweise als Marke gelöscht werden könnten.
Kurz und knapp: Die Registrierung einer Gattungsdomain und die markenrechtliche Eintragung einer Gattung müssen rechtlich getrennt betrachtet werden. Eine Übertragung der markenrechtlichen Grundsätze ins Domainrecht soll nicht stattfinden, da eine Domain nicht zu einem Ausschließlichkeitsrecht führe wie eine eingetragene Marke. Selbst wenn Sie eine Gattungsdomain registrieren lassen können, kann eine Eintragung des Domainnamens als Marke ausscheiden.
3. Was sagt die Rechtsprechung zur Registrierung einer Gattungsdomain?
Die Registrierung einer Gattungsdomain ist rechtlich kein Problem, sofern Sie Markenrechte, wie oben beschrieben, einhalten. Zusätzlich darf die Gattungsdomain nicht gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Das bedeutet im Klartext: Gattungsbegriffe, durch die das Unternehmen eine Monopolstellung auf dem Markt einnimmt, sind rechtlich umstritten und bedürfen oftmals einer Einzelfallentscheidung.
INTERESSANT
Bis zu einer Entscheidung des BGH am 17.05.2001 (Az. I ZR 216/99) wurde eine Registrierung und Nutzung eines Gattungsbegriffs grundsätzlich als wettbewerbswidrig eingestuft. Nachdem das OLG Hamburg (Urteil vom 13.07.1999, Az. 3 U 58/98) entschied, dass der Verein mehrerer Mitwohnzentralen verschiedener deutscher Städte die Domain mitwohnzentrale.de nicht nutzen dürfe, entschied der BGH, dass die Nutzung zulässig sei.
Der BGH urteilte, dass eine Gefahr der Irreführung des Nutzers nicht bestehe und daher keine wettbewerbswidrige Behinderung vorliege. Unter zwei Umständen kann die Verwendung von Gattungsbegriffen als Domainname sich gemäß Internetrecht allerdings als rechtswidrig erweisen. Unter folgenden Punkten ist dies bei Seiten im Internet allerdings im Einzelfall zu entscheiden:
- Der Domaininhaber blockiert die Verwendung einer Gattungsdomain, indem er nicht nur die Domainbezeichnung, sondern auch verschiedene Tippfehlerdomains, die aus der Bezeichnung resultieren, registriert oder die Gattungsdomain unter mehreren Top Level Domains registriert,
- Irreführung liegt vor allem dann vor, wenn dem Nutzer durch den Gattungsbegriff suggeriert wird, dass es sich bei der Seite im Internet um eine Monopolstellung des Unternehmens oder gar um das einzige Angebot dieser Branche handelt.
In Anlehnung an dieses Urteil, entschied der BGH im Folgejahr zu Gattungsbegriffen in Kombination mit Ortsnamen in Domains. So wurde entschieden, dass die Gattungsdomains presserecht.de und rechtsanwaelte-notar.de nicht rechtswidrig sind. 2010 wurde auch steuerberater-suedniedersachsen.de als rechtlich erlaubte Gattungsdomain bestätigt.
Auch wenn ein Nutzer unter der Domain ein Verzeichnis von Steuerberatern in Südniedersachsen als Inhalt der Internetseite vermutet, kann dies durch die Landingpage der Domain hinreichend korrigiert werden, ohne dass eine Irreführung des Nutzers vorliegt. Dass es sich oftmals um Einzelfallentscheidungen handelt, zeigen auch diese Beispiele:
- anwaltskanzlei-[ortsname].de (OLG Hamm, 19.06.2008, Az. 4 U 63/08)
- kanzlei-niedersachsen.de (OLG Celle, 17.11.2011, Az. 13 U 168/11)
- autovermietung.com (OLG München, 19.04.2001, Az. 29 U 5725/00)
- lastminute.com (LG Hamburg, 30.06.2000, Az. 416 O 91/00)
- tauchschule-dortmund.de (OLG Hamm, 18.03.2003, Az. 4 U 14/03)
- rechtsanwaelte-dachau.de (OLG München, 18.04.2002, Az. 29 U 1573/02)
- deutsches-handwerk.de (OLG Hamburg, 15.11.2006, Az. 5 U 185/05)
- rechtsanwaelte.de (LG München I, 16.11.2000, Az. 7 O 5570/00)
4. Worauf muss ich in der Praxis bei der Gattungsbezeichnung und dem Domain-Namen achten?
Streben Sie für die Webpräsenz Ihres Unternehmens die Verwendung einer Gattungsdomain an, ist Vorsicht geboten. Sie sollten darauf achten, dass Sie keine Markenrechte verletzen und nicht wettbewerbswidrig handeln. Ein Gattungsbegriff in Kombination mit einem Ortsnamen ist in der Regel erlaubt, sofern keine Irreführung des Nutzers durch eine Alleinstellungsbehauptung besteht.
Mehrere verschiedene Schreibweisen des gleichen Begriffs einer Second Level Domain zu registrieren oder eine Gattungsdomain mit verschiedenen Top Level Domains zu registrieren, kann nach bisheriger Rechtsprechung unzulässig sein. Beispiele: Arzt.de, Arzt.com, Arzt.org
Bei der Top-Level-Domain handelt es sich um die Endung einer Domain. Beliebt ist vor allem die Verwendung von länderspezifischen Top-Level-Domains wie .de oder .com.
ÜBRIGENS
Der Domain Name sollte auf Zulässigkeit in Hinblick auf etwaige Namensrechte überprüft werden. Mehr zum Thema Namensrechte bei einer Domain lesen Sie in unserem Artikel.
Die Registrierung einer Domain in Hinblick auf rechtliche Stolpersteine ist nicht so einfach. Wollen Sie auf Nummer Sicher gehen und teure Abmahnungen wegen verletzter Marken- oder Wettbewerbsrechte vermeiden, empfehlen wir Ihnen, einen Anwalt für Internetrecht zu beauftragen. Unsere Partnerkanzlei Siebert Lexow Lang hilft Ihnen gern bei der rechtlichen Prüfung Ihres Domainnamens und führt gerne auch eine Markenanmeldung für Sie durch.
Mehr zum Thema Domainvergabe und woher Sie die Domain für Ihr Unternehmen bekommen, lesen Sie in unserem Artikel “Die richtige Domain für Ihr Unternehmen: Darauf sollten Sie bei der Domainvergabe achten”.