Worum geht's?
In der komplexen Dynamik von Vereinsstrukturen agieren Vorstände als zentrale Gestalter. Die Frage der Haftung wirft jedoch einen Schatten über diese Gestaltungskraft. Sie als Vereinsvorstand oder Vereinsmitglied wollen tatkräftig in Ihrem Verein mitwirken, sorgen sich aber darüber, wie die Haftung im Fall der Fälle aussieht? In unserem Artikel erfahren Sie, wie Sie sich rechtlich absichern und zukünftig sorgenfrei in Ihrem Verein aktiv werden können.
1. Haftung im Vereinsleben kompakt erklärt
Für Vereinsmitglieder und Vorstände steht die Vereinsarbeit im Fokus und die Vereinsziele werden mit viel Engagement gefördert. Die Erfolge können jedoch durch Pflichtverletzungen und Haftungsansprüche überschattet werden.
Beispiel: Ihr Verein betreibt eine Vereinswebsite, die aktiv genutzt wird. Da Sie jedoch keine Datenschutzerklärung eingebunden haben, werden Sie abgemahnt.
Abmahnungen können mit hohen Kosten verbunden sein. Doch wer hat diese Kosten zu tragen und wie gestaltet sich das Verhältnis von Verein und Vorstand, wenn dieser gerade für den Verein tätig geworden ist und die Website fehlerhaft erstellt hat?
Beispiel: Zu den Aufgaben des Vorstands gehören steuerliche Pflichten wie die Buchführungspflicht. Werden Fristen versäumt, kann es teuer werden. Beim Verdacht auf Steuerhinterziehung drohen strafrechtliche Folgen.
Für Vereinsmitglieder stellen sich ebenfalls Haftungsfragen. Denn auch diese können für den Verein gegenüber Dritten tätig werden und bei Ausübung ihrer Tätigkeiten Pflichtverletzungen verursachen. Auch bei vermeintlich einfachen, alltäglichen Tätigkeiten können Schäden gegenüber einer dritten Person auftreten.
PRAXISFALL
Beim Sommerfest Ihres Vereins werden Kaffee und Kuchen verkauft. Einem am Kaffeestand tätigen Vereinsmitglied rutscht die volle Tasse aus der Hand und Kaffee tropft auf die weißen Leinenschuhe eines Besuchers. Der Besucher möchte den entstandenen Schaden ersetzt bekommen.
2. Verantwortung tragen, Risiken verstehen: Wer haftet wann?
Bei der Erfüllung von Pflichten sind Pflichtverletzungen nicht fern. Für die Beantwortung der Frage, wer, wann und wie für welchen Schaden haftet, muss zunächst ein Blick ins Gesetz geworfen werden.
Haftung des Vereins
Kann ein Verein haften? Ja. Hierbei kommt es darauf an, ob der Verein rechtsfähig ist oder nicht. Ein nicht wirtschaftlicher Verein, also ein Verein, der keine wirtschaftlichen Zwecke verfolgt, erlangt die Rechtsfähigkeit durch Eintragung ins Vereinsregister. Ein wirtschaftlicher Verein, der mit Gewinnerzielungsabsicht handelt und wirtschaftliche Vorteile anstrebt, erhält Rechtsfähigkeit durch Verleihung. Einen eingetragenen Verein erkennen Sie am Namenszusatz e.V. Der Verein ist als rechtsfähige juristische Person Träger von Rechten und Pflichten und haftet mit seinem Vereinsvermögen.
In § 31 BGB ist die Organhaftung geregelt. Da es sich bei einem Verein um eine juristische Person handelt, werden die Organe des Vereins für ihn tätig. Zu den Organen zählen der Vorstand, einzelne Vorstandsmitglieder und besondere Vertreter. Verursachen diese Vereinsorgane bei ihren Tätigkeiten für den Verein einen Schaden, so ist der Verein für den Schaden verantwortlich.
Aber was bedeutet das konkret? Schädigen Sie als Mitglied des Vorstands in Ausführung Ihrer Vorstandstätigkeit grob fahrlässig einen Dritten, indem Sie Ihre Sorgfaltspflichten besonders schwer verletzen, so ist Ihr Verein ebenfalls haftbar, denn die Pflichtverletzung wird ihm nach § 31 BGB zugerechnet. Der Betroffene kann verlangen, dass sein Schaden von Ihnen als Vorstandsmitglied oder vom Verein selbst ersetzt wird. Dies wird gesamtschuldnerische Haftung genannt.
Haftung des Vereinsvorstands
Der Vorstand des Vereins agiert als gesetzlicher Vertreter und vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich. Er ist für die Geschäftsführung im Verein verantwortlich.
Der Umfang der Vertretungsmacht des Vorstands kann durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden. Sie möchten dies gerne umsetzen, sind sich aber unsicher, wie eine solche Formulierung rechtssicher in die Satzung aufgenommen werden kann?
Beispiel: Ihr Fußballverein braucht neue Fußbälle. Sie als Vorstand bestellen bei einem Sportgeschäft 30 neue Fußbälle im Namen des Vereins. Da Sie in Vertretung handeln, wird der Verein Vertragspartner des Sportgeschäfts und nicht Sie selbst.
Anders gestaltet sich die Situation, wenn Sie die Vertretungsmacht überschreiten oder ohne Vertretungsmacht handeln. In solch einem Fall können Sie mit Ihrem Privatvermögen haftbar gemacht werden.
Beispiel: Sie als Vorstand sind mit dem Vereinsbus und der Mannschaft zu einem Turnier unterwegs. Die Zeit drängt und Sie nehmen einem anderen Verkehrsteilnehmer bewusst die Vorfahrt.
In diesem Fall haften Sie dem Dritten unter anderem nach § 823 BGB für den Schaden. Die Pflichtverletzung wird auch dem Verein nach § 31 BGB im Wege der Organhaftung zugerechnet. Der Geschädigte hat die Wahl, wen er in Anspruch nimmt.
Die Frage nach der Haftung stellt sich weiterhin, wenn der Vorstand seinen Pflichten im Verein nicht oder nicht korrekt nachkommt.
Durch die Annahme des Amtes als Vorstandsmitglied gehen Sie auch Verpflichtungen gegenüber dem Verein ein. Rechtlich kann das Verhältnis von Vorstandsmitglied und Verein als unentgeltliches Auftragsverhältnis oder als Geschäftsbesorgungsvertrag eingeordnet werden. Kommen Sie Ihren Pflichten nicht nach, können Sie vom Verein in Regress genommen werden.
- Auskunft-und Informationspflichten,
- Verfolgen von Vereinsinteressen und Vereinszielen,
- Einhaltung rechtlicher Vorgaben,
- steuerrechtliche Pflichten.
Wichtig: Bei steuerrechtlichen Pflichtverletzungen nimmt das Finanzamt regelmäßig grobe Fahrlässigkeit an. Sie haften als Vorstand also mit Ihrem Privatvermögen.
Eine gesetzliche Haftungsbegrenzung für Vorstandsmitglieder ergibt sich aus § 31 a BGB. Organmitglieder und besondere Vertreter, die unentgeltlich tätig werden oder eine jährliche Vergütung von nicht mehr als 840 Euro erhalten, haften nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.
Ihre Vergütung beträgt mehr als 840 Euro jährlich und Sie haben keine Haftungsbeschränkungen in die Satzung mit aufgenommen? Unsere Partnerkanzlei hilft Ihnen, sich rechtlich abzusichern.
Haftung von Vereinsmitgliedern
Werden Vereinsmitglieder im Verein aktiv, stellt sich für diese ebenfalls die Frage nach der Haftung im Vereinsrecht. Verursachen deren Handlungen einen Schaden, so ist eine persönliche Haftung mit dem Privatvermögen nicht ausgeschlossen. Über Zurechnungsnormen im Gesetz können Pflichtverletzungen auch dem Verein zugerechnet werden, sodass dieser ebenfalls haftet. Kommen Mitglieder also ihren Pflichten nach und handeln für den Verein, muss sich dieser etwaige Pflichtverletzungen zurechnen lassen.
Die Person, die einen Schaden erlitten hat, kann in diesem Fall wählen, von wem sie die Zahlung des Schadensersatzes verlangt. Hat das Vereinsmitglied bei der Erfüllung satzungsgemäß übertragener Aufgaben unvorsichtig gehandelt und einen Schaden verursacht, für den es aufkommen muss, steht ihm anschließend gegenüber dem Verein in bestimmten Fällen ein Freistellungsanspruch zu. Es kann also einen Ausgleich der Kosten im Innenverhältnis verlangen. Hat das Vereinsmitglied seine Sorgfaltspflichten in besonders hohem Maße verletzt, kann es keine Freistellung vom Verein verlangen und bleibt auf den Kosten sitzen.
Fallbeispiel aus der Praxis
Obwohl die Ampel rot ist, halten Sie nicht an und fahren mit dem Mannschaftsbus auf die Kreuzung, da Sie der Meinung sind, dass um die Uhrzeit auf den Straßen wenig los sei. Ereignet sich in der Folge ein Unfall, müssen Sie als Vereinsmitglied die Kosten tragen und können keine Freistellung verlangen, da Ihr Verhalten besonders sorgfaltswidrig gewesen ist.
Der Freistellungsanspruch ergibt sich aus § 31 b BGB, der die Haftung von Vereinsmitgliedern regelt. Dieser sieht eine Beschränkung der Haftung für unentgeltlich tätige Mitglieder und Mitglieder, deren Vergütung jährlich 840 Euro nicht übersteigt, vor. Haben diese fahrlässig bei Wahrnehmung der Vereinsaufgaben einen Schaden verursacht und ein Dritter verlangt den Ersatz des Schadens, können Mitglieder vom Verein die Befreiung von dieser Verbindlichkeit verlangen. Die Haftungsbeschränkung greift nicht, wenn sie den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht haben.
Im Beispiel von oben kann das Vereinsmitglied, das versehentlich Kaffee verschüttet hat, vom Verein die Freistellung von den Kosten verlangen.
3. Vereinshaftung entwirrt: Haftung im Innenverhältnis vs. Haftung im Außenverhältnis
Auch wenn die Begriffe Innenhaftung und Außenhaftung zunächst sehr juristisch klingen, sind sie für Sie als Vorstandsmitglied von großer Bedeutung. Kurz und knapp erklärt: Die Außenhaftung betrifft das Verhältnis zu dritten Personen, sei es einem geschädigten Dritten oder auch Vertragspartner. Bedeutet, dass das Außenverhältnis betroffen ist, wenn Sie und Ihr Verein einem Dritten gesamtschuldnerisch haften.
Aber worum geht es im Innenverhältnis? Das Innenverhältnis regelt die Rechte und Pflichten innerhalb des Vereins, also zwischen Vereinsmitgliedern, Vorstandsmitgliedern und dem Verein als juristischer Person. Bei Pflichtverletzungen bestehen je nach Situation Ausgleichs- oder Freistellungsansprüche.
Kommen Sie als Vereinsvorstand Ihren Verkehrssicherungspflichten nicht nach und lassen beispielsweise Sportgeräte nicht überprüfen oder organisieren beim Vereinsfest keine Flucht- und Rettungswege, kann ein geschädigter Dritter Sie in Anspruch nehmen. Im Außenverhältnis hat der Geschädigte die Wahl, ob er Sie oder den Verein in Anspruch nimmt. Wird der Verein im Außenverhältnis in Anspruch genommen und begleicht den Schaden, so hat er intern einen Ausgleichsanspruch gegen Sie, wenn Sie den Schaden grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht haben.
Unwissenheit schützt nicht vor Haftungsansprüchen. Übernehmen Sie das Amt des Vorstands, sollten Sie den Aufgaben gewachsen sein. Bei Überforderung sollten Sie diese dem Verein und anderen Vorstandsmitgliedern mitteilen.
Die Ausgleichsansprüche folgen wie die Freistellungsansprüche aus den §§ 31 a und b BGB. Hiernach haften Mitglieder, Vorstände und besondere Vertreter, die unentgeltlich oder geringfügig vergütet tätig werden, dem Verein für vorsätzlich und grob fahrlässig verursachte Schäden. Der Verein muss das Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beweisen. Dieselben Regelungen finden Anwendung bei Ansprüchen von Vereinsmitgliedern gegen den Vereinsvorstand, wenn dieser Pflichten verletzt und dadurch ein Vereinsmitglied geschädigt hat.
4. Von der Theorie zur Praxis: So reduzieren Sie Haftungsrisiken
Da Fehler bei der Verrichtung von Aufgaben und Pflichtverletzungen nie ganz auszuschließen sind, sollten Sie am besten schon bei Vereinsgründung aktiv werden und entsprechende Regelungen zur Haftung in die Satzung mit aufnehmen.
LESE-TIPP
Mehr zum Thema Satzung und deren Pflichtinhalte lesen Sie in unserem Artikel "Vereinsleben leicht gemacht: Eine Vereinssatzung als Grundlage der Vereinsarbeit".
Da die gesetzlichen Haftungsbeschränkungen nur bei unentgeltlicher Tätigkeit oder bei einer jährlichen Vergütung bis 840 Euro greifen, können Sie Regelungen in die Satzung aufnehmen, die Haftungsbeschränkungen auch bei einer höheren Vergütung vorsehen. Weiterhin besteht die Möglichkeit eine Haftung auch bei grober Fahrlässigkeit auszuschließen, nicht jedoch bei vorsätzlichem Handeln.
Neben Haftungsbeschränkungen können auch die Voraussetzungen eines Entlastungsbeschlusses in der Satzung geregelt werden.
Wichtig zu wissen: Einen gesetzlichen Anspruch auf eine Entlastung des Vorstands oder einzelner Mitglieder des Vorstands gibt es ohne Regelung in der Satzung nicht.
Möchten Sie also, dass als Tagesordnungspunkt bei der Mitgliederversammlung über die Entlastung entschieden wird, muss eine entsprechende Regelung in die Satzung mit aufgenommen werden. Weitere Einzelheiten sollten ebenfalls in der Satzung festgehalten werden.
Die Entlastung an sich erfolgt stets rückwirkend und basiert nur auf den der Mitgliederversammlung bekannten Tatsachen. Die Folge: Der gesamte Vorstand oder einzelne Vorstandsmitglieder werden von Bereicherungs- und Schadensersatzforderungen freigesprochen und müssen für diese nicht mehr persönlich haften.
Bevor Sie sich mit den Haftungsfragen auseinandersetzen können, ist eine Satzung für Ihren Verein und die Eintragung zwingend notwendig. Aber auch eine Datenschutzerklärung und ein Impressum dürfen auf Ihrer Vereinswebsite nicht fehlen. In unserem eRecht24 Premium Bereich können Sie nicht nur eine Datenschutzerklärung und ein Impressum erstellen, sondern auch eine Satzung mit dem Vereinssatzungs-Generator.
5. FAQ