Blitzerfoto mit Taschenrechner
Im Mai 2018 macht sich ein Immobilienmakler aus dem Kreis Soest auf den Weg zu einem Kundentermin. Noch bevor er am Zielort eintrifft, will er wissen, wie hoch seine Provision ausfallen wird. Also greift er mit der rechten Hand nach seinem Taschenrechner und gibt die erforderlichen Werte ein. Just in diesem Moment wird der Mann geblitzt – mit einer Geschwindigkeit von 63 Stundenkilometern innerhalb einer geschlossenen Ortschaft.
Elektronisches Gerät zur Information?
Für das Amtsgericht Lippstadt (Az. 7 Owi 181/18) ist der Fall klar. Es verhängt eine Geldbuße von knapp 150,- Euro für zu schnelles Fahren und die Nutzung eines Mobiltelefons am Steuer. Doch der Makler legt Beschwerde ein. Schließlich hat er die Provision nicht mit seinem Smartphone ausgerechnet, sondern mit dem Taschenrechner. Und der fällt seiner Meinung nach nicht unter den relevanten § 23 Abs. 1a der Straßenverkehrsordnung. Darin ist die Rede von elektronischen Geräten, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen. Wörtlich erwähnt sind unter anderem Mobil- und Autotelefone, Navigationsgeräte, Touchscreens und tragbare Flachrechner. Von Taschenrechnern ist in der Verordnung nicht die Rede.
Eine Frage der Definition
Gleichzeitig verweist der Fahrer auf einen ganz ähnlichen Fall aus dem Jahr 2018. Damals hatte das Oberlandesgericht Oldenburg (2Ss (OWi) 175/18) entschieden: Ein reiner Taschenrechner wird nicht von § 23 Abs. 1a erfasst. Seine Nutzung am Steuer eines fahrenden Wagens ist daher nicht verboten. Für den Immobilienmakler allerdings ist nun das OLG Hamm (Az. 4 RBs 191/19) zuständig. Und das kann das Urteil der Oldenburger Richter so gar nicht nachvollziehen.
Auch Handys haben eine Rechner-Funktion
Die Richter aus Hamm stellen fest: Ein Taschenrechner ist unzweifelhaft ein elektronisches Gerät. Er dient außerdem dazu, über das Ergebnis einer Rechenaufgabe zu informieren. Damit fällt er klar unter den fraglichen Paragrafen, auch wenn dort „Taschenrechner“ nicht explizit als Beispiel genannt sind. Die Verordnung sei ja bewusst offen formuliert, so das OLG. Sie solle Gefahren minimieren, die durch die geistige Ablenkung beim Nutzen eines solchen Geräts entstünden. Es sei unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber ausgerechnet Taschenrechner von dieser Regelung ausnehmen wolle.
Fazit
Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung vom Urteil eines anderen OLG abweichen, gibt es ein festgelegtes Prozedere: Die Sache muss dem Bundesgerichtshof vorgelegt werden. Nun also hat Karlsruhe zu entscheiden, ob der Taschenrechner am Steuer ebenso bestraft wird, wie das Mobiltelefon.
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