Kündigung wegen falscher Arbeitszeitbuchungen
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz hat sich im Fall einer 47-jährigen Laborleiterin mit genau dieser Frage beschäftigt. Bei deren Arbeitgeber existierte eine Gleitzeitregelung, wonach auch die Klägerin zur elektronischen Erfassung ihrer täglichen Arbeitszeit verpflichtet war.
Für den 07.06.2013 hatte sie im Zeiterfassungssystem schon im Voraus einen kompletten Dienstreisetag gebucht. Tatsächlich aber war sie an diesem Tag zumindest von 8:00 bis 12:00 Uhr als Riegenführerin bei den Bundesjugendspielen ihrer Tochter eingeteilt. Das hatte sie auch in dem Lotus-Notes-Kalender ihres betrieblichen Notebooks vermerkt und diesen Eintrag als „privat“ markiert.
Nachdem der Arbeitgeber ihr schon aus anderen Gründen gekündigt hatte und man sich in einem Kündigungsschutzprozess befand, untersuchte der Chef schließlich auch das dienstliche Notebook der Klägerin. Dabei wurde unter anderem dieser Privateintrag gefunden und zur weiteren Kündigungsbegründung herangezogen.
Unternehmensinterne Regelungen zur IT-Nutzung
Nach einer betriebsinternen Richtlinie war den Beschäftigten die Privatnutzung von Internet und E-Mail auf Dienstrechnern ausdrücklich untersagt. Ein entsprechendes Dokument hatte die Klägerin bereits im Jahr 2008 unterschrieben und sich gleichzeitig mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbedingter Daten in diesem Rahmen einverstanden erklärt. Kontrolliert wurde die Privatnutzung von Dienstrechnern – wie wohl in den meisten Fällen – aber offenbar nicht.
Außerdem gab es noch eine Rahmenbetriebsvereinbarung. Die bestimmte unter anderem, dass in unzulässiger Weise erlangte Daten zu Verhalten oder Leistung von Arbeitnehmern bei Personalmaßnahmen nicht berücksichtigt werden dürfen.
Die Gekündigte meinte, dass die ausdrücklich als „privat“ markierten Daten vom Arbeitgeber gar nicht eingesehen und erst recht nicht gegen sie verwendet werden durften. Das sahen die Richter am LAG allerdings anders und ließen eine Verwertung im Kündigungsschutzprozess zu.
Nichtbeachtung des Bundesdatenschutzgesetzes?
Die Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses sind in § 32 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geregelt. Ohne Einwilligung der betroffenen Person ist das nur erlaubt, wenn der begründete Verdacht einer Straftat im Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Außerdem ist in diesen Fällen zusätzlich eine individuelle Abwägung der beiderseitigen Interessen erforderlich ist.
Allein das Verbot der Privatnutzung soll Arbeitgeber noch nicht dazu berechtigen, auch als „privat“ markierte Termine einzusehen. Und tatsächlich bejahten die Richter in diesem Fall sogar einen Verstoß gegen das Datenschutzrecht.
Zwar stand der objektiv begründete Verdacht im Raum, dass die Mitarbeiterin bei der Zeiterfassung falsche Angaben gemacht hat. Allerdings hätte die Einsichtnahme in den Kalender nicht heimlich erfolgen dürfen und außerdem hätte man einen Datenschutzbeauftragten hinzuziehen können. Der Eingriff – in Form der gegebenen heimlichen Durchsuchung der Notebook-Daten – war damit unverhältnismäßig und unzulässig.
LAG nutzt Kalenderdaten im Kündigungsschutzprozess
Trotzdem können die gefunden Daten im Kündigungsschutzprozess verwendet werden, urteilte das LAG. Das ist das Ergebnis einer weiteren Abwägung zwischen der Art und Weise des Datenschutzverstoßes durch den Arbeitgeber und dem letztlich unstreitig gewordenen Verstoß der Gekündigten bei der Erfassung ihrer Arbeitszeiten. Korrekt verhalten haben sich in diesem Fall beide Seiten nicht.
Ganz sicher waren sich die Richter bei ihrer Entscheidung aber wohl auch nicht, schließlich gibt es zu dem Thema noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Aus diesem Grund wurde in der Angelegenheit auch die Revision zugelassen.
Aber ganz gleich wie das BAG möglicherweise irgendwann entscheiden sollte: Es bleibt eine Frage der Abwägung, auf welche Daten ihrer Mitarbeiter Arbeitgeber zugreifen dürfen, und ob diese später für den gewünschten Zweck verwendbar sind. Selbst wenn die Privatnutzung grundsätzlich verboten ist, dürfen ausdrücklich als „privat“ markierte Daten nicht ohne Weiteres vom Chef mitgelesen werden.
Auf der anderen Seite sollten Arbeitnehmer Daten, die ihrem Arbeitgeber keinesfalls in die Hände fallen sollen, auch nicht auf betrieblichen Computersystemen speichern. So logisch und banal das klingt, so oft wird das in der Praxis doch immer noch missachtet.
(LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 25.11.2014, Az.: 8 Sa 363/14)
Alles, was Sie wissen müssen
Report absenden