Worum geht's?
Für Online-Händler gibt es zahlreiche Informationspflichten, die auf Websites und in Online-Shops umgesetzt werden müssen. Neben der Pflicht zur Belehrung über das Widerrufsrecht haben viele Händler von der Pflicht gehört, einen Link zur OS-Plattform bereitzuhalten. Aber was ist die OS-Plattform überhaupt und sind Sie als Händler überhaupt zur Online Streitbeilegung verpflichtet? Diese und viele weitere Fragen beantworten wir Ihnen in unserem Artikel.
1. Informationspflicht und Streitbeilegung: Warum und woher?
Seit 2016 gilt die Online Dispute Resolution (ODR-VO) in allen Mitgliedsstaaten. Als Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten gilt diese ohne einen weiteren Umsetzungsakt direkt in den Mitgliedsstaaten und soll die Errichtung und Arbeit der europäischen Streitschlichtungs-Plattform (sog. OS-Plattform) regeln.
Die OS-Plattform wurde von der EU-Kommission entwickelt und wird von dieser betrieben.
Neben der Plattform für Online Streitbeilegung ist das Hauptziel der Verordnung, die Zusammenarbeit mit den nationalen Stellen für die alternative Streitbeilegung zu regeln.
Daneben wurde die Alternative Dispute Resolution (ADR-Richtlinie) mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) in nationales Recht umgesetzt. Dieses regelt die Streitschlichtung von allen Unternehmen, die Verbraucherverträge abschließen und ist damit nicht wie die ODR-Verordnung auf den Online-Handel begrenzt.
Es geht dabei um die alternative Streitbeilegung in Verbraucherstreitfällen. So sollen vor allem teure und langwierige Prozesse vor Gericht sowohl für Sie als Unternehmer als auch für den Kunden vermieden werden.
GUT ZU WISSEN
Die alternativen Streitbeilegungsverfahren sind nicht gleichzusetzen mit den Verfahren der Mediation und dem Schiedsverfahren.
2. Welche Informationspflicht müssen Online-Händler hinsichtlich der OS-Plattform beachten?
Die OS-Plattform soll Streitigkeiten zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher im Online-Handel schlichten. Offline geschlossene Verträge sowie Streitigkeiten im B2B Bereich werden nicht erfasst.
Als zentrale Anlaufstelle stellt die Plattform Informationen zur alternativen Streitbeilegung bereit und es können Beschwerden mehrsprachig und benutzerfreundlich eingereicht werden. Neben der Beschwerde ist auch ein direktes Gespräch zur Klärung zwischen Verbraucher und Unternehmer möglich. Kommt keine Einigung zustande, wird das Verfahren an die Alternativen Streitbeilegungs-Stellen (AS-Stellen) weitergeleitet.
WICHTIG
Die Nutzung der OS-Plattform erfolgt freiwillig. Eine Pflicht, auf Beschwerden durch Verbraucher auf der Plattform zu reagieren, gibt es für Sie als Unternehmer nicht.
Aber welche Informationspflicht müssen Sie nun auf Ihrer Website umsetzen? Alle in der EU ansässigen Händler und Unternehmer, die online Waren oder Dienstleistungen im B2C Bereich verkaufen, müssen einen Link zur europäischen Online-Streitbeilegungs-Plattform sowie ihre E-Mail Adresse angeben. Der Link muss für Verbraucher leicht zugänglich sein.
PRAXIS-TIPP
Wir empfehlen Ihnen, den Hinweistext mit Link in die AGB sowie in Angebots-E-Mails aufzunehmen und unterhalb des Impressums anzufügen.
Wichtig: Eine Ausnahmeregelung für Kleinunternehmer gibt es nicht.
Nicht nur klassische Online-Shops sind von dieser Pflicht erfasst. Denn ein Verkauf von Waren kann online nicht nur über die Website, sondern auch auf anderen Wegen erfolgen.
Beispiel: Unternehmer U bietet auf seiner Website handgefertigte Bienenwachskerzen an. Verbraucherin C möchte gerne fünf Kerzen kaufen und füllt ein Bestellformular aus. Dieses schickt sie per Mail an U. U verkauft also auf elektronischem Wege online Waren und ist daher verpflichtet, den Link zur OS-Plattform auf der Website bereitzuhalten.
Tipps für die Umsetzung der Informationspflicht
Folgenden Formulierungsvorschlag können Sie für die Umsetzung nutzen:
OS-Plattform:
Die Plattform zur Online-Streitbeilegung der Europäischen Kommission können Sie unter diesem Link aufrufen:
https://www.ec.europa.eu/consumers/odr
WICHTIG
Der Link zur OS-Plattform muss anklickbar sein. Ist der Link fehlerhaft, kann dies einen Wettbewerbsverstoß darstellen und abgemahnt werden.
Sind Sie als Händler auf Verkaufsplattformen wie ebay und Amazon unterwegs, gelten dieselben Vorgaben. Auf Amazon können Sie durch Setzen von Häkchen im Backend Informationen zur OS-Plattform anzeigen lassen, bei ebay kann der Hinweistext unter „Rechtliche Informationen des Verkäufers” eingefügt werden.
Verkaufen Sie Waren über Instagram oder Facebook sollten Sie den Hinweistext auch dort ins Impressum aufnehmen.
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Wer muss die Informationspflicht nicht umsetzen?
Treffen einer oder mehrere der in der Checkliste genannten Punkte auf Sie zu, sind Sie nicht von der Informationspflicht aus der ODR-Verordnung betroffen und müssen keinen Link zur OS-Plattform zur Verfügung stellen.
- Waren stationär verkaufen,
- lediglich eine Website zur Präsentation Ihrer Waren betreiben, aber keine Bestellungen über die Website oder auf elektronischem Wege erfolgen können,
- Ihren Sitz nicht in der EU haben,
- Ihre Angebote nur an Unternehmer richten,
- nur an Verbraucher außerhalb der EU verkaufen.
3. Welche Pflichten ergeben sich für Händler aus dem VSBG?
Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz richtet sich an alle Unternehmer im Online-Handel und im stationären Handel und betrifft Verträge mit Verbrauchern. Europäische Vorgaben wurden durch das VSBG in deutsches Recht umgesetzt.
Das müssen Sie beachten:
1. Als Unternehmer müssen Sie den Verbraucher gemäß § 36 VSBG darüber informieren, ob Sie bereit oder verpflichtet sind, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.
2. Wenn Sie an Streitbeilegungsverfahren teilnehmen, müssen Sie außerdem die Anschrift und Webseite der Streitbeilegungsstelle (seit dem 01.01.2020 Universalschlichtungsstelle) mitteilen.
3. Die Informationen müssen Sie leicht zugänglich, klar und verständlich auf der Webseite (im Footer oder im Impressum) und (wenn Sie AGB verwenden) in den AGB anbringen.
WICHTIG
Verwenden Sie als Shopbetreiber oder Dienstleister AGB, so müssen Sie diese an die aktuellen Vorgaben anpassen.
Wollen Sie nun tätig werden und Ihre AGB an die aktuelle Rechtslage anpassen, ist Vorsicht geboten. Keinesfalls sollten Sie AGB von anderen Händlern kopieren oder Vorlagen nutzen, die womöglich veraltet sind und aktuelle Vorgaben nicht erfüllen.
Tipps für die Umsetzung der Informationspflicht
Unterhält ein Unternehmer eine Website, so müssen die Informationen nach § 36 VSBG auf der Website zur Verfügung gestellt werden. Hierfür können Sie zum Beispiel eine separate Rubrik im Footer einrichten. Gängige Praxis ist es, die Informationen unterhalb des Impressums darzustellen.
Verwenden Sie als Händler AGB, sind Sie verpflichtet, die Informationen auch dort vorzuhalten.
Für die Umsetzung der Informationspflicht können Sie folgenden Formulierungsvorschlag nutzen:
Bei Teilnahme am Schlichtungsverfahren
Wir nehmen an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teil. Zuständig ist die Universalschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V., Straßburger Straße 8, 77694 Kehl am Rhein (https://www.verbraucher-schlichter.de).
Bei Nichtteilnahme am Schlichtungsverfahren
Wir sind nicht bereit oder verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.
Welche Händler oder Unternehmer müssen die Informationspflicht aus dem VSBG nicht umsetzen?
Die Pflicht aus § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG müssen Sie nicht umsetzen, wenn Sie:
- am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres zehn oder weniger Personen beschäftigt haben
- keine Website unterhalten und keine AGB verwenden.
Haben Sie sich jedoch freiwillig bereit erklärt, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen oder sind dazu verpflichtet, müssen Sie die Informationspflichten aus § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten beachten.
4. Pflichten aus dem VSBG im Detail: Was Sie als Händler beachten müssen
Wichtig: Die Teilnahme an Verfahren vor den Schlichtungsstellen ist grundsätzlich freiwillig. Bedeutet für Sie, dass Sie entscheiden können, ob Sie bei Streitigkeiten in Verbraucherangelegenheiten an Schlichtungsverfahren teilnehmen wollen.
Aber: Die Informationspflicht ist davon unabhängig. Das heißt, dass die Pflichtinformationen fast immer zur Verfügung gestellt werden müssen.
Verpflichtung zur Teilnahme am Schlichtungsverfahren
Einige wenige Unternehmen aus spezifischen Branchen sind allerdings zur Teilnahme an den Schlichtungsverfahren verpflichtet. Aus gesetzlichen Vorschriften ergibt sich die Teilnahme beispielsweise für den Bereich der Energieversorgung und in der Luftfahrt.
Haben Sie in einer Mediations- oder Schlichtungsabrede festgelegt, an Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, sind Sie hierzu verpflichtet. Haben Sie der Teilnahme in Tarifverträgen zugestimmt, müssen Sie dem ebenfalls nachkommen.
Einzelhändler und Shopbetreiber sind in der Regel nicht verpflichtet, an der Streitbeilegung teilzunehmen.
Was müssen Sie gemäß § 37 VSBG nach Entstehen eines Streits beachten?
Der § 37 VSBG bestimmt eine weitere Informationspflicht für den Fall, dass bereits eine Verbraucherstreitigkeit entstanden ist. Wenn Sie als Händler eine Streitigkeit aus einem Verbrauchervertrag also nicht durch Verhandlungen mit Ihrem Kunden beilegen können, trifft Sie eine weitere Pflicht.
Anders als bei der allgemeinen Informationspflicht aus § 36 VSBG sind von dieser weitergehenden Informationspflicht nicht nur Händler, die eine Website betreiben und/oder AGB verwenden, betroffen.
Die Infopflicht aus § 37 VSBG gilt auch dann, wenn sie keine Website und/oder keine AGB haben. Auch gilt sie unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten.
Was müssen Sie also tun, wenn Sie eine Streitigkeit mit dem Kunden nicht beilegen können?
Zunächst müssen Sie dem Verbraucher die zuständige Schlichtungsstelle unter Angabe von Anschrift und Website mitteilen. Zugleich müssen Sie angeben, ob Sie zur Teilnahme am Schlichtungsverfahren bereit oder verpflichtet sind.
Bedeutet: Auch wenn Sie angeben, dass Sie zur Teilnahme nicht bereit oder verpflichtet sind, müssen Sie die zuständige Schlichtungsstelle angeben.
PRAXIS-TIPP
Die Informationen aus § 37 VSBG müssen dem Verbraucher in Textform mitgeteilt werden, also beispielsweise per E-Mail oder Post. Ein bloßer allgemeiner Hinweis auf der Website ist nicht ausreichend.
Welche Schlichtungsstelle ist zuständig? Gibt es für Ihren Fall keine branchenspezifische Verbraucherschlichtungsstelle, so ist die Universalschlichtungsstelle des Bundes zuständig.
Die Information an den Verbraucher kann wie folgt formuliert werden:
Wir [Firma XY] sind freiwillig bereit, an dem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherstreitschlichtungsstelle teilzunehmen. Zuständig ist die Universalschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V., Straßburger Straße 8, 77694 Kehl am Rhein (https://www.verbraucher-schlichter.de).
oder
Wir [Firma XY] sind gemäß […] verpflichtet, an dem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherstreitschlichtungsstelle teilzunehmen. Zuständig ist die Universalschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V., Straßburger Straße 8, 77694 Kehl am Rhein (https://www.verbraucher-schlichter.de).
Wann ist ein Streit mit einem Kunden "nicht beigelegt"?
Der Wortlaut des Gesetzes ist hier nicht ganz eindeutig. Die Information muss aber erst gegeben werden, "wenn die Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag durch den Unternehmer und den Verbraucher nicht beigelegt werden konnte".
Die Gesetzesbegründung zu § 37 VSBG schreibt hierzu, dass die Pflicht dann besteht, wenn Sie die Streitigkeit aus dem Verbrauchervertrag nicht durch Verhandlungen mit dem Verbraucher (Kunden), zum Beispiel im Rahmen eines unternehmenseigenen Kundenbeschwerdesystems, beilegen konnten.
Solange Sie also noch mit dem Verbraucher in Verhandlungen stehen, ist die Streitbeilegung nicht gescheitert.
5. Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen?
Die Informationspflichten zur Streitbeilegung sollten Sie nicht auf die leichte Schulter nehmen. Bei Verstößen drohen kostspielige Abmahnungen! Außerdem können auch Verbraucherschutzverbände gegen Sie vorgehen und Unterlassungsansprüche geltend machen.
Nicht nur Verstöße gegen die Informationspflichten zur Streitbeilegung können teure Folgen haben. Sind Rechtstexte auf Ihrer Website fehlerhaft oder fehlen Impressum oder Datenschutzerklärung, drohen teure Abmahnungen. Warten Sie nicht ab, sondern checken Sie Ihre Website auf Schwachstellen.
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6. Übersicht
Bevor Streit entsteht, § 36 VSBG:
- gilt unabhängig davon, ob es einen Streitfall mit einem Verbraucher gibt
- gilt für Händler, die eine Webseite und/oder AGB haben
- gilt nicht für Händler, die am 31. Dezember des Vorjahres zehn oder weniger Personen beschäftigt hat
Wenn schon Streit mit dem Kunden entstanden ist, § 37 VSBG:
- gilt dann, wenn eine Streitigkeit mit einem Verbraucher aus einem Verbrauchervertrag entstanden ist und nicht beigelegt werden konnte
- gilt unabhängig davon, ob der Händler eine Webseite und/oder AGB hat
- gilt unabhängig davon, wie viele Mitarbeiter der Händler hat
Sie sind gerade dabei, Ihr Online-Business aufzubauen oder sind als Händler tätig und wollen Ihre Website auf Vordermann bringen? Neben der Umsetzung unserer Tipps zu den Pflichtinfos zur alternativen Streitbeilegung sollten Sie Ihre AGB, Ihr Impressum und Ihre Datenschutzerklärung ebenfalls rechtssicher gestalten.
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