Worum geht's?
Für Unternehmer spielen zahlreiche Rechtsgrundlagen eine wichtige Rolle. Eine davon ist der Medienstaatsvertrag (MStV). Dieser gilt zwar in erster Linie für Rundfunkanbieter und Social Media Plattformen. Allerdings ist er auch für Sie als Unternehmer, Websitebetreiber, Onlineshopinhaber oder Influencer relevant. Lesen Sie hier, was der Medienstaatsvertrag überhaupt ist und wann auch Sie sich an die Regeln des Medienstaatsvertrags halten müssen.
1. Was ist der Medienstaatsvertrag und seit wann ist er in Kraft?
Der Medienstaatsvertrag (auch: Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland oder kurz: MStV) ist seit dem 7.11.2020 in Kraft. Er regelt in erster Linie das Rundfunksystem - also ist Grundlage für den privaten und den öffentlich rechtlichen Rundfunk - und löste den Rundfunkstaatsvertrag ab.
Neben den Regelungen für das Rundfunksystem enthält der Medienstaatsvertrag auch Regelungen für Telemedien. Seit Inkrafttreten ist er bereits vier Mal geändert worden, die aktuelle Fassung basiert auf der letzten Änderung am 1.1.2024 (4. Medienänderungsstaatsvertrag).
WUSSTEN SIE'S SCHON?
Bei den Regelungen vom Medienstaatsvertrag handelt es sich um Grundsatzregelungen, wobei die Landesmedienanstalten der 16 Bundesländer überwachen, ob die Adressaten der jeweiligen Länder sich an die Regelungen halten. Die Medienanstalten mussten in diesem Zuge auch Satzungen zur Umsetzung der Regelungen des Medienstaatsvertrags erlassen, was sie erstmals im April 2021 taten.
2. Welche Regelungen enthält der Medienstaatsvertrag?
Der Medienstaatsvertrag enthält nach der Präambel zunächst im ersten Abschnitt Grundsätze für den Rundfunk insgesamt. Wichtig dazu ist zu wissen, dass es in Deutschland ein duales Rundfunksystem gibt, also den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunk. Insbesondere ersterer hat dabei den Auftrag, durch Vielfalt zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen (Grundversorgung) und muss staatsfern und programmautonom sein.
Zu den Regeln im Medienstaatsvertrag gehören etwa Richtlinien zur Rundfunkwerbung, zur Programmquote an europäischen Beiträgen, zum Sponsoring, zur Kurzberichterstattung, zur Finanzierung und zum Versorgungsauftrag (Sicherung der Meinungsvielfalt). Es folgen Regeln für Telemedien sowie besondere für den Bereich des öffentlich rechtlichen Runkfunks sowie für den privaten Rundfunk.
Der folgende Bereich enthält Regeln für besondere Telemedien, etwa für Angebotsformen wie sogenannte rundfunkähnliche Telemedien, Medienintermediäre, Streamingdienste sowie Dienste, die den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten ermöglichen. Abschließend finden sich Regeln zur Übertragung und zur Medienaufsicht durch die Medienanstalten.
3. Welche Auswirkungen hat der MStV für Unternehmen? Wer ist neben dem Rundfunksystem von den Regelungen betroffen? (Medien, Streams, Blogger und Social Media)
In erster Linie sind von den Vorgaben neben dem Radio solche Medien betroffen, die Streamingdienste anbieten, sowie sogenannte Medienintermediäre. Unter Medienintermediäre fallen zum Beispiel Suchmaschinen, Soziale Netzwerke wie Facebook und Co., App-Portale und Blogging-Portale. Wichtig dabei zu wissen: Onlineshops sind nach § 91 Abs. 2 Nr. 2 MStV ausdrücklich keine Medienintermediäre.
Sie als Websitebetreiber bzw. Onlineshopinhaber betreiben zwar sog. Telemedien. Damit müssen Sie nach § 18 MStV ein Impressum, also Ihren Namen, Ihre Anschrift und bei juristischen Personen Namen und Anschrift des Vertretungsberechtigten leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar bereithalten. Das ist für Sie jedoch nichts Neues: Diese Impressumspflicht ergibt sich bereits aus dem ehemaligen § 5 TMG, der im Mai 2024 vom Nachfolger § 5 DDG abgelöst wurde.
LESEEMPFEHLUNG
Mehr Details rund um das ehemalige TMG können Sie in unserem Artikel “Welche Regelungen umfasst das TMG und was müssen Unternehmen beachten, um nicht abgemahnt zu werden?” nachlesen.
Etwas anderes gilt, wenn Sie journalistisch-redaktionelle Inhalte anbieten. Dann macht der MStV für Sie einige Vorgaben (siehe unten). Wichtig für Influencer sind zudem die Regelungen hinsichtlich Werbung. Mehr dazu gleich.
4. Welche Rechtsgrundlagen sind für Unternehmer, Websitebetreiber, Influencer und Co. relevant?
Wichtig sind für Influencer die Regeln zur Werbung. Zudem gelten Besonderheiten für Sie als Websitebetreiber, wenn Sie redaktionell gestaltete Angebote bereithalten.
Influencer Werbung
Der Medienstaatsvertrag macht für Rundfunkwerbung bestimmte inhaltliche Vorgaben: z. B. darf diese nicht die Menschenwürde verletzen, diskriminieren oder Verbraucher irreführen, auch Schleichwerbung ist verboten. Diese Grundsätze sind jedoch bereits in anderen Rechtsgrundlagen wie dem UWG oder dem ehemaligen TMG - jetzt DDG - enthalten.
Mehr Infos zur Verbraucherwerbung finden Sie etwa auch in unserem Artikel “Welche rechtlichen Stolperfallen lauern durch das Wettbewerbsgesetz für Online-Shop-Betreiber?”.
Eine zentrale Rolle spielt allerdings der Trennungsgrundsatz in § 8 Abs. 3 MStV bzw. für Websitebetreiber (§ 22 MStV) und rundfunkähnliche Telemedien wie Sky, Netflix und Amazon Prime sowie für Influencer (§ 74 S. 1 MStV): Demnach muss Werbung als solche leicht erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein.
Kennzeichnen können Sie die Werbung etwa mit “Anzeige” oder “Werbung”. Besonderheiten gelten für Influencer hinsichtlich sogenannter “Tap Tags”: Das sind Verlinkungen im Bild, die erst dann sichtbar werden, wenn Sie es antippen und beim Klicken auf andere Seiten leiten. Nach einem aktuellen BGH-Urteil müssen Influencer diese grundsätzlich nicht kennzeichnen. Allerdings gilt besondere Vorsicht, wenn die Tap Tags auf die Webseite des Herstellers des Produktes bzw. des Anbieters der Dienstleistung führen.
LESEEMPFEHLUNG
Weitere Infos zur Kennzeichnung von Werbung und Influencerwerbung inkl. Tap Tags finden Sie in unserem Beitrag “Instagram, Facebook & TikTok: Werbung kennzeichnen leicht gemacht”.
Besonderheiten bei journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten
Ihre Website oder Ihr Onlineshop enthält journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote? Dann macht der Medienstaatsvertrag einige für Sie relevante Vorgaben.
Doch was genau bedeutet dieser Begriff eigentlich? Im Grunde geht es bei journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten darum, dass Sie durch Ihr Angebot auf die öffentliche Meinungsbildung einwirken oder Menschen informieren möchten. Das gilt etwa, wenn Sie einen Blog oder eine News-Seite haben oder regelmäßig über Events berichten. Ist Ihre Seite dagegen rein kommerziell - geht es also ausschließlich um Ihr Warenangebot, Produktbeschreibungen oder die Vorstellung Ihres Unternehmens (“Über uns”) -, gelten die Vorgaben für Sie nicht.
inhaltlich Verantwortlicher im Impressum
Sofern Sie also einen Blog, eine News-Seite oder Ähnliches haben, müssen Sie zunächst besondere Vorgaben für Ihr Impressum beachten. Nach § 18 Abs. 2 MStV müssen Sie einen inhaltlich Verantwortlichen (Name und Anschrift) angeben. Diese Pflicht war früher in § 55 Abs. 2 Rundfunkstaatsvertrag enthalten.
Neue Sorgfaltspflichten
Zudem müssen Sie bestimmte Sorgfaltspflichten einhalten, indem Sie anerkannte journalistische Grundsätze beachten (§ 19 Abs. 1 MStV). Das bedeutet konkret: Sie müssen Nachrichten sorgfältig auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit überprüfen, bevor Sie sie verbreiten. Das kann etwa bedeuten, dass Sie den Inhalt durch mindestens zwei weitere unabhängige Quellen bestätigen müssen.
Meinungsumfragen
Veröffentlichen Sie auf Ihren Seiten Meinungsumfragen? Dann müssen Sie Details dazu angeben, ob diese repräsentativ sind (§ 19 Abs. 2 MStV). Sie sollten also im Idealfall genaue Angaben dazu machen, wann und wo Sie wie viele Personen welcher Zielgruppe auf welche Art befragt haben.
Möglichkeit der Freiwilligen Selbstkontrolle
Bieten Sie journalistisch-redaktionelle Informationen an, können Sie außerdem eine Freiwillige Selbstkontrolle einrichten (vgl. § 19 Abs. 3 MStV). Solche Einrichtungen überprüfen, dass Sie die oben genannten Sorgfaltspflichten einhalten.
Die Landesmedienanstalten erkennen derartige Einrichtungen der FSK an, wenn sie bestimmte Vorgaben enthalten: z. B. müssen sie unabhängig sein und eine Beschwerdestelle sowie eine Verfahrensordnung besitzen (§ 19 Abs. 4 MStV). Vergleichbar ist eine solche FSK mit dem Pressekodex für Printmedien.
Zulassungspflichtigkeit von Live Streams und Lets Plays unter bestimmten Voraussetzungen
Sie sind Influencer und veröffentlichen regelmäßig Live Streams, Webradio oder Live-Podcasts? Oder bieten Sie als YouTuber oder Gamer Let's Plays (Video-Gaming) an? Dann gibt es eine weitere wichtige Vorschrift im Medienstaatsvertrag: Nach § 54 MStV brauchen Sie unter bestimmten Voraussetzungen eine Zulassung.
VORAUSSETZUNGEN FÜR EINE RUNDFUNKLIZENZ
Ihr Beitrag
- ist live oder startet zu bestimmten Zeitpunkten (Sendeplan),
- erreicht in 6 Monaten durchschnittlich mehr als 20.000 Nutzer,
- ist an die Allgemeinheit gerichtet und hat eine gewisse Bedeutung für die individuelle oder öffentliche Meinungsbildung,
- ist journalistisch-redaktionell gestaltet
- und steht regelmäßig bzw. dauerhaft zur Verfügung.
Allerdings dürften all diese Voraussetzungen nur selten erfüllt sein. Insbesondere fehlt es wohl in vielen Fällen an der Meinungsbildungsrelevanz oder an der erforderlichen Nutzerzahl. Somit brauchen Sie wahrscheinlich keine Zulassung. Haben Sie diese Regelung aber im Blick, sofern Ihr Kanal besonders erfolgreich ist!
Übrigens: Sind Sie sich nicht sicher, ob Sie eine Zulassung brauchen, können Sie bei der Landesmedienanstalt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragen!
5. Fazit
Der Medienstaatsvertrag als Nachfolger vom Rundfunkstaatsvertrag enthält hauptsächlich Regelungen für den Rundfunk und ist für Sie und Ihr Business als Onlineshopbetreiber oder Websiteinhaber in großen Teilen nicht relevant.
Ist das doch der Fall, beschränkt er sich auf Klarstellungen, die Sie bereits aus anderen Rechtsgrundlagen kennen. Allerdings sollten Sie im Kopf behalten, dass der Medienstaatsvertrag eine Rolle spielen kann, wenn Sie eine News-Seite oder einen Blog betreiben oder Influencer sind.