Behörde nutzt neue Befugnisse
Ermöglicht hat das der erst kürzlich geschaffene § 19a des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (kurz: GWB). Die vor rund einem Jahr in Kraft getretene Regelung soll verhindern, dass digitale Riesen wie Amazon, Facebook, Apple oder eben Google eine Vormachtstellung ausbauen, die fairen Wettbewerb verhindert. Dazu muss die Kartellbehörde zunächst in einer offiziellen Untersuchung zu dem Schluss kommen, dass ein Unternehmen „überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb“ hat. Ist das der Fall, können ihm im zweiten Schritt bestimmte wettbewerbsgefährdende Praktiken verboten werden. Welche das sind, ist im GWB beispielhaft aufgelistet.
Vormachtstellung hebelt Wettbewerb aus
Der vom Kartellamt veröffentlichte Fallbericht zu Google berücksichtigt zum einen die Auswertung verschiedener öffentlich zugänglicher Quellen. Darüber hinaus fanden Gespräche und Ermittlungen bei Google selbst sowie bei verschiedenen ebenfalls betroffenen Unternehmen statt. Ergebnis: Seine herausragende Stellung habe dem Konzern zahlreiche Verhaltensspielräume eröffnet, die durch den Wettbewerb allein nicht mehr kontrolliert werden könnten. Auf dem Markt für Suchdienste beispielsweise halte Google einen Anteil von 80 Prozent. Das verschaffe dem Unternehmen nicht nur wirtschaftliche Macht, sondern auch eine Schlüsselfunktion für das gesellschaftliche Leben, so der Bericht.
Marktübergreifender Einfluss Googles
Aber neben seiner Suchmaschine gehört dem Konzern-Imperium eine Vielzahl weiterer marktstarker Dienste: die Video-Plattform YouTube, der Browser Chrome, das Betriebssystem Android, der Play Store und der E-Mail-Dienst G-Mail beispielsweise. Das bringt Synergie-Effekte. So kann Google über das Betriebssystem Android und den Play Store Einfluss auf vorab installierte Dienste sowie deren Voreinstellungen auf Smartphones und Tablets nehmen. Und dann ist da noch der Bereich der Online-Werbung, bei dem Google als Vermarkter ebenfalls ganz vorne mitspielt. Allein im Jahr 2020 habe man hier 147 Milliarden US-Dollar erzielt, was 80 Prozent des gesamten Umsatzes entsprach. Darüber hinaus beeinflusse Google ganz wesentlich den Zugang anderer Akteure, sowohl zum Publikum als auch zum Markt für Online-Werbung. Das zeige sich nicht zuletzt an Marktwert und Finanzkraft des Unternehmens.
Besondere Missbrauchsaufsicht
Die Einschätzung der Behörde gilt nun laut Gesetz für fünf Jahre. Während dieser Zeit ist das Kartellamt befugt, vorbeugend wettbewerbsfeindliche Praktiken zu untersagen. Noch hat es das nicht getan. Aber: Schon jetzt ist man dabei, die Verarbeitung persönlicher Daten durch Google genauer zu überprüfen. Außerdem beschäftigt die Wettbewerbshüter das News Showcase, bei dem Google für ausgewählte Medienberichte Lizenzgebühren zahlt. Der Konzern hat bereits angekündigt, keine Rechtsmittel gegen die Bewertung des Kartellamts einzulegen. Das solle allerdings nicht bedeuten, dass man alle Feststellungen teile oder mit der Entscheidung einverstanden sei.
Fazit
Zum ersten Mal seit Inkrafttreten des Digitalisierungsgesetzes ist mit Google ein global tätiger Internet-Konzern unter die besonders Missbrauchsaufsicht des Bundeskartellamts gestellt worden. Damit gehen besondere Befugnisse der Behörde einher, die wettbewerbsgefährdende Praktiken verhindern sollen. Parallel dazu laufen die Verfahren gegen Facebook, Amazon und Apple weiter. Auch hier könnte das Kartellamt eine überragende marktübergreifende Bedeutung feststellen.