Wenn Bewertungen bewertet werden
Bereits im Jahr 2014 hatte die ehemalige Bodybuilding-Weltmeisterin Renate Holland Klage erhoben. Anlass war die damalige Darstellung eines ihrer Fitness-Studios auf der Bewertungs-Plattform Yelp. Aufgrund eines einzigen Erfahrungsberichts war es damals mit einer Gesamtbewertung von nur 3 Sternen aufgeführt. Dabei fanden sich 24 weitere Rezensionen anderer Nutzer ebenfalls auf Yelp. Sie kamen zwar zu positiveren Einschätzungen des Studios, wurden vom Portalbetreiber aber in die Wertung nicht einbezogen.
Geheimer Algorithmus legt Glaubwürdigkeit fest
Grundsätzlich unterscheidet das Portal zwischen „empfohlenen“ und „(momentan) nicht empfohlenen“ Einträgen. Nur aus Ersteren wird die durchschnittliche Bewertung errechnet: ein bis fünf Sterne. Wer sich durch alle empfohlenen Kritiken hindurchscrollt, stößt gegebenenfalls auf weitere Erfahrungsberichte. Sie seien von einer Software als weniger hilfreich erkannt worden, erläutert Yelp dazu. Bei dieser automatischen Einstufung spiele die Qualität des Textes ebenso eine Rolle wie Glaubwürdigkeit und bisherige Aktivitäten des Verfassers.
Jahrelanger Rechtsstreit
Willkürlich und nicht nachvollziehbar nannte die Inhaberin des Fitness-Studios dieses Vorgehen. Beim Leser entstehe der Eindruck, dass ihre drei Sterne den Durchschnitt aus allen aufgeführten Bewertungen darstellten. Vor dem Oberlandesgericht München (Az. 18 U 1282/16) bekam sie 2018 mit dieser Auffassung recht. Es verurteilte Yelp zu Schadensersatz für bisher entstandene und künftige Ausfälle. Der BGH (Az. VI ZR 496/18) entschied nun anders und stellte damit das ältere Urteil des Landgerichts (Az. 25 O 24646/14) wieder her. Es hatte 2014 die Klage der ehemaligen Bodybuilderin abgewiesen.
Für den Nutzer erkennbar
Die Karlsruher Richter stellten nun klar: Yelp hat nicht, wie behauptet, unwahre Tatsachen verbreitet. Denn auf der Plattform stehe nirgendwo geschrieben, dass in die Sterne-Bewertung alle Erfahrungsberichte eingeflossen seien. Ein unvoreingenommener und verständiger Nutzer könne erkennen, wie sich die Zahl der Sterne errechne. Im konkreten Fall sei offensichtlich, dass nur eine einzige Rezension für die Durchschnittsnote verantwortlich sein. Auch gegen die Unterscheidung von empfohlenen und nicht empfohlenen Bewertungen hat der BGH nichts einzuwenden. Sie sei durch die Berufs- und Meinungsfreiheit geschützt.
Fazit
Ein Gewerbetreibender muss grundsätzlich Kritik an seinen Leistungen hinnehmen, ebenso wie die öffentliche Erörterung solcher Kritik, so der Bundesgerichtshof. Die rechtlich geschützten Interessen der Klägerin Renate Holland überwögen nicht die schutzwürdigen Belange des Bewertungsportals Yelp. Die Entscheidung dürften auch andere Plattformen mit großem Interesse aufnehmen.
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