Bis zu 60 Cent pro Anruf
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (kurz: vzbv) hatte es zunächst mit einer Abmahnung versucht. Im Frühjahr 2020 war die Hermes GmbH aufgefordert worden, ihre Servicenummer durch ein kostengünstigeres Angebot zu ersetzen. Denn ein Anruf unter der Vorwahl 01806 kostet aus dem Festnetz 20 und aus dem Mobilfunknetz sogar bis zu 60 Cent. Eine vergleichsweise hohe Summe für Kunden, die daran gewöhnt sind, dass sämtliche Telefonate in ihrer monatlichen Flatrate enthalten sind. Die möglichen Kosten könnten genau das bewirken, was die EU-Verbraucher-Richtlinie verhindern will: dass Verbraucher davon abgehalten werden, ihre vertragsmäßigen Rechte wahrzunehmen.
Tarif-Dschungel statt festem Grundpreis?
Nachdem Hermes an seiner Service-Praxis festhielt, klagte der vzbv vor dem Landgericht Hamburg (Az. 312 O 139/20). Hier verwies der Versender unter anderem darauf, dass Kunden neben der Hotline auch einen Live-Chat oder ein Kontaktformular nutzen könnten. Außerdem seien laut Gesetz kostenpflichtige Telefonnummern nur dann verboten, wenn der Unternehmer damit Gewinne mache. Zudem gebe es so viele unterschiedliche Anbieter und Tarifmodelle, dass man die üblichen Kosten eines normalen Anrufs gar nicht bestimmen könne.
Gebühr darf Verbraucher nicht abschrecken
Das Landgericht Hamburg allerdings gab den Vertretern der Verbraucherzentrale recht. Hermes verstoße mit dem kostenpflichtigen Dienst gegen § 312a Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Sowohl mit dem Handy als auch über Festnetz fielen bei der Hotline höhere Gebühren an als beim Anruf einer gewöhnlichen Nummer. Zu Sicherheit rechneten die Richter das gleich vor: Bei allen gängigen Mobilfunknetzen seien gewöhnliche Telefonate in der Flatrate enthalten und verursachten somit keine zusätzlichen Kosten. Das gelte auch für die meisten Festnetztarife, mit Ausnahme der Deutschen Telekom. Selbst hier allerdings koste ein anderthalbminütiger Anruf lediglich 6,2 Cent. Um auf die 20 Cent Hotline-Gebühr zu kommen, müsse ein Gespräch also 4,5 Minuten dauern. Das sei aber sicher nicht der Regelfall.
Fazit
Selbst wenn man mit der Service-Nummer einen Verstoß begehe, so sei dieser doch kaum spürbar, hatte sich Hermes vor Gericht gerechtfertigt. Es gehe ja schließlich nur um wenige Cent. Dieses Argument allerdings wiesen die Richter zurück. Relevant sei nicht die finanzielle „Schmerzgrenze“ des Verbrauchers. Vielmehr dürften die zusätzlichen Kosten keine Hürde bei der Kontaktaufnahme mit dem Vertragspartner darstellen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass bei Problemen durchaus auch mehrfache Anrufe nötig werden könnten.
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