Kostensteigerungen ohne neuerliche Zustimmung vorgesehen
„Nach billigem Ermessen“ – frei übersetzt: unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen – erklärten sich Netflix und Spotify für befugt, ihre Abonnements „von Zeit zu Zeit“ teurer zu machen. So sollten höhere Kosten ausgeglichen werden, beispielsweise für Lizenzen und Produktionen, IT-Systeme, Kundendienst, Marketing, Personal, Strom, Steuern und Gebühren. Preissteigerungen würden mindestens 30 Tage im Voraus angekündigt, hieß es weiter, so dass Film- und Musikfans auf Wunsch rechtzeitig kündigen könnten. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen sah darin eine Benachteiligung der Konsumenten.
Landgericht: „Unangemessen und intransparent“
Das sah auch das Landgericht Berlin so. Die Klausel verstoße gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB, denn sie könne zur Folge haben, dass die Anbieter die Preise nach Belieben änderten. Es fehle außerdem an der notwendigen Transparenz. Schließlich gehe aus der Formulierung nicht hervor, ob die weltweit agierenden Konzerne sich auf international oder in Deutschland gestiegene Kosten bezögen. Die unangemessene Benachteiligung der Kunden werde auch nicht durch kurze Kündigungsfristen kompensiert. Zumal die Konzerne ausdrücklich nur Preissteigerungen an die Abonnenten weitergeben wollten, Preissenkungen dagegen nicht vorgesehen waren. Das Gericht untersagte Netflix (16.12.21 Az. 52 O 157/21) und Spotify (28.06.22 Az. 52 O 296/21) daher die Nutzung der Klausel.
Gleiche Regel auch für Preissenkungen
Beide Streaming-Anbieter legten Berufung gegen die Gerichtsentscheidungen ein. Das Kammergericht Berlin (Az. 23 U 15/22 und Az. 23 U 112/22) hat diese nun zurückgewiesen und die Urteile des Landgerichts bestätigt. Es begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass weder Netflix noch Spotify das notwendige berechtigte Interesse für die einseitige Preiserhöhung geltend machen könnten. Schließlich seien beide Unternehmen ohne erheblichen Aufwand in der Lage, per Mail oder über die App die Zustimmung zur neuen Kostenstruktur einholen. Darüber hinaus sah auch das Kammergericht einen Verstoß gegen das Gebot der Reziprozität: Wer die Preise aufgrund gestiegener Produktionskosten erhöhen wolle, müsse umgekehrt auch bei sinkenden Steuern, Abgaben oder ähnlichem die Abonnements billiger machen.
Fazit
Das Kammergericht hat keine Revision zugelassen. Allerdings könnten Netflix und Spotify in den kommenden 3 Wochen noch beim Bundesgerichtshof gegen diese Nichtzulassung vorgehen. Wer selbst über das Internet Abonnements anbietet, sollte aber vorsichtshalber schon jetzt einmal prüfen, ob die AGB unzulässige Preisanpassungsklauseln enthalten.
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