1. Darf’s ein bisschen schneller gehen?
Am Beispiel eines Kugelgrills hatte der Bundesverband der deutschen Verbraucherschutzzentralen (kurz: vzbv) das strittige Vorgehen deutlich gemacht. Das Unternehmen Pearl bezeichnete den Artikel auf seiner Webseite als versandkostenfrei. Der Preis war mit „111,99 Euro nur bei Standardversand“ angegeben. Neben verschiedenen anderen Informationen enthielt die Darstellung außerdem den Hinweis, dass der Grill „expressfähig“ sei. Für den Expressversand werde ein Zuschlag in Höhe von 1,00 Euro berechnet.
2. Unterschied zwischen Opt-in und Opt-out
Nutzer, die sich für den kostenlosen Standardversand entschieden hatte, mussten beim Bezahlvorgang allerdings genau hinsehen. Unterhalb des Warenkorbs waren zwar beide Zustellungsmöglichkeiten aufgeführt. Das Kästchen neben der Variante „Expressversand“ war allerdings bereits mit einem Häkchen versehen. Kunden, die auf Eile keinen Wert legten, mussten also selbst aktiv werden, um statt der voreingestellten Variante die kostenlose zu erhalten. Im Fachjargon spricht man von Opt-out (also dem Untersagen oder Abwählen einer Option durch den Nutzer) im Gegensatz zum Übernehmen einer vorgegebenen Möglichkeit beim Opt-in.
3. Vzbv: Aufpreis für Express muss aktiv ausgewählt werden
Nach Ansicht des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen war diese Darstellung bei dem genannten Kugelgrill und diversen anderen Produkten unzulässig. Der vzbv verwies dabei auf § 312a BGB. Darin wird zwischen Haupt- und Zusatzleistungen bei Verbraucherverträgen unterschieden. Als Hauptleistung sei in diesem Fall der Grill mit Standardversand anzusehen, der zu einem Preis von 111,99 € angeboten worden war. Der Expressversand stelle eine Zusatzleistung dar, die der Kunde ausdrücklich selbst auswählen und ankreuzen müsse.
4. Gericht gibt Verbraucherschützern recht
Die Vertreter von Pearl erklärten in der Verhandlung, einige Artikel aus ihrem Sortiment würden grundsätzlich per Express versendet. In diesen Fällen sei die voreingestellte Lieferung daher als Teil der Hauptleistung zu werten, und nicht als zusätzliche Leistung. Überdies sei die Darstellung transparent.
Den Kunden werde also nicht unbemerkt ein kostenpflichtiger Zusatz untergeschoben. Doch das Landgericht Freiburg (Az. 12 O 57/22 KfH) gab den Verbraucherschützern recht. Das BGB sei in seinem §312a Abs. 3 klar und eindeutig. Dort gehe es ausdrücklich darum, jegliche Voreinstellung bei zahlungspflichtigen Zusatzleistungen zu untersagen.
Auch die vom Anbieter behauptete Transparenz konnte das Gericht nicht erkennen. In der Produktdarstellung springe der angegebene „Gesamtpreis 111,99 €“ dem Betrachter förmlich ins Auge. Der Hinweis auf den Expressversand folge erst später und könne bei der Bestellung leicht übersehen werden.
5. Fazit
Für das LG Freiburg ist der Fall eindeutig. Der teurere Expressversand darf nicht voreingestellt
sein, sondern muss vom Kunden mit aktiv mit Opt-in ausgewählt werden. Das Unternehmen
Pearl allerdings will an seiner Darstellungsform festhalten. Es hat Berufung gegen das Urteil
beim Oberlandesgericht Karlsruhe eingelegt (Az. 14 U 134/23).
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