Worum geht's?
Immer wieder kommt es dazu, dass Betreiber von Internetseiten oder Online-Shops abgemahnt werden. Nicht selten stellt sich dabei die Frage, ob hier tatsächlich das Hauptaugenmerk auf der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen liegt oder doch eher juristische Abzocke dahintersteckt. Teilweise kommt es zu einer regelrechten Abmahnwelle, bei denen Abmahnvereine oder einzelne Unternehmen in einer sehr hohen Anzahl von Fällen gegen Gewerbetreibende vorgehen. Aber wann ist eine Abmahnung im Internet rechtsmissbräuchlich? Wir klären Sie auf!
1. Was ist eine Abmahnung?
Eine Abmahnung ist die Aufforderung einer Person an eine andere Person, ein bestimmtes vermeintlich rechtswidriges Verhalten umgehend zu unterlassen. Hierzu dient die zumeist der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung. Mit Hilfe der Abmahnung soll ein rechtlicher Anspruch schnell, kostengünstig und ohne Inanspruchnahme der Gerichte durchgesetzt werden.
Der Abgemahnte kann entscheiden, ob er den Rechtsverstoß als rechtswidrig anerkennt und so die Kosten und den Zeitaufwand für ein Gerichtsverfahren vermeidet.
VORSICHT!
Eine solche Unterlassungserklärung zu unterschreiben, sollte gut überlegt sein. Sie könnten vorschnell Ihre Rechtspositionen aufgeben, obwohl die Abmahnung ungerechtfertigt ist und müssten die gegnerischen Anwaltskosten tragen. Diese müssen Sie allerdings nur zahlen, wenn die Abmahnung berechtigt ist.
2. Welches Verhalten kann abgemahnt werden?
Abmahnungen spielen vorwiegend im Wettbewerbsrecht eine Rolle. Maßgeblich dafür ist das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Da der Begriff des Wettbewerbsrechts relativ weit gefasst ist, kommen Abmahnungen in verschiedenen Rechtsgebieten in Betracht.
Im Wettbewerbsrecht kommt es, wie schon angedeutet, vorwiegend zu Verstößen gegen das UWG. Dazu zählen etwa unzulässiges Werben oder eine Behinderung von Mitbewerbern sowie unlautere Ausnutzung fremder Leistungen.
Im Urheberrecht stellen der Content-Diebstahl, Urheberrechtsverletzungen durch Bilder-Klau oder das Anbieten von Musiktiteln im Internet die hauptsächlichen Abmahngründe dar.
Beim Markenrecht und Domainrecht liegt die größte Gefahr etwa im unzulässigen Nutzen markenrechtlich geschützter Bezeichnungen wie Logos und Unternehmenskennzeichen. Auch auf das unzulässige Nutzen markenrechtlich geschützter Bezeichnungen, beispielsweise als Domainname, folgen häufig Abmahnungen. Im Datenschutzrecht werden beispielsweise falsche oder fehlende Angaben im Impressum abgemahnt.
Auf Grund von Verbraucherschutzvorschriften kommt es immer wieder zu Abmahnungen durch Konkurrenten. Hier sind vor allem die fehlende bzw. fehlerhafte Widerrufsbelehrung oder unwirksame Klauseln in den AGB relevant. Eine fehlende Datenschutzerklärung kann ebenfalls ein Grund für eine Abmahnung im Internet sein.
LESETIPP
Mehr zum Thema unwirksame Klauseln lesen Sie in unserem Artikel “Achtung: Diese Klauseln in AGB sind nicht erlaubt”.
Schließlich existiert auch die so genannte Störerhaftung. Hier genügt es schon, dass ein Webseitenbetreiber zu einer Rechtsgutsverletzung beigetragen hat, die von einem anderen begangen wurde.
3. Wann ist eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich?
Gerade wenn der Begriff Massenabmahnung fällt, liegt der Verdacht eines rechtsmissbräuchlichen Vorgehens nahe. Doch so leicht lässt sich ein solches wettbewerbswidriges Verhalten nicht ausmachen. Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass das Vorliegen eines Missbrauchs im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu beurteilen ist.
WUSSTEN SIE’S SCHON?
Ausgangspunkt für das Vorliegen einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung ist § 8 c II UWG. Demnach ist die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist.
Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Abmahnung im Internet vorwiegend dazu dient, gegen den Abgemahnten einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Ob und wann das der Fall ist, wurde in einigen Gerichtsverfahren entschieden.
4. Wonach beurteilen die Gerichte den Rechtsmissbrauch bei Abmahnungen?
Das OLG Hamm hat in seinem Urteil vom 24.03.2009 (Az.: 4 U 211/08) entschieden, dass eine Abmahnung beim Vorliegen folgender Indizien rechtsmissbräuchlich ist:
- derselbe Wettbewerbsverstoß wird jeweils mit einem formelhaften Musterschreiben abgemahnt
- es besteht ein extremes Missverhältnis zwischen Geschäftsumsatz und „Abmahnumsatz“
- Geschäftstätigkeit der Parteien überschneidet sich nur geringfügig
Hinzu kam im vorliegenden Fall noch, dass die Abmahnerin mit ihrem Rechtsanwalt verwandt war.
Im Ausgangsfall bot die Beklagte bei eBay Schmuck und Accessoires an, wobei die Widerrufsbelehrung falsch gewesen sein soll. Die Klägerin begehrte Unterlassung und bezifferte den Gegenstandswert der Abmahnung auf 10.000 €. Der gesamte Jahresumsatz lag dagegen lediglich bei 2.400 €.
Ähnlich entschied auch das LG Stade in seinem Urteil vom 23.04.2009 (Az.: 8 O 46/09). Zum einen sei eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich, wenn der Umfang der Abmahntätigkeit in keinem angemessenen und vernünftigen Verhältnis zum betrieblichen Nutzen für die Verfügungsklägerin stehe. Zum anderen, wenn es sich bei den Hauptmotiven für die Abmahnung um nicht schutzfähige Interessen und Ziele handelt.
Auch in diesem Fall waren die Streitparteien eBay-Händler und boten Kosmetikartikel an. Die Klägerin sprach in fünf Jahren ganze 164 Abmahnungen gegen ihre vermeintlichen Konkurrenten aus.
Zahlreiche Abmahnungen werden ausgesprochen, um einen Mitbewerber aus dem Markt zu drängen. Dabei erschleichen sich die Abmahner oftmals einen finanziellen Vorteil. Viele Abmahnungen im Internet sind aber durchaus berechtigt.
5. So erkennen Sie eine gültige Abmahnung
Meistens sind Abmahnungen im Internet rechtlich begründet. Dies ist aber nicht immer der Fall. Woran Sie als Internetnutzer eine rechtsgültige Abmahnung erkennen, haben wir Ihnen in einer Checkliste zusammengefasst:
- Abmahnung beinhaltet Sachverhaltsschilderungen
- Schadensersatzforderungen sind aufgeführt
- Unterlassungserklärung
- Auflistung der Anwaltskosten
- rechtliche Würdigung und Nachweise vom entstandenen Schaden
- Beweise
- Angaben zur Uhrzeit und dem Ort des Vergehens (IP-Adresse)
6. Fazit
Nur der Fakt allein, dass eine Partei Massenabmahnungen ggf. sogar in Form von regelrechten Abmahnwellen an verschiedene Wettbewerber verschickt hat, reicht als Indiz für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauches nicht aus. Es müssen weitere Voraussetzungen hinzukommen. Dies können insbesondere sein:
- es wird jeweils derselbe Wettbewerbsverstoß mit einem formelhaften Musterschreiben abgemahnt
- es besteht ein extremes Missverhältnis zwischen Geschäftsumsatz und „Abmahnumsatz“
- die Geschäftstätigkeit der Parteien überschneidet sich nur geringfügig
- der Gegenstandswert ist deutlich überzogen
- es liegt ein Verwandtschaftsverhältnis mit dem Prozessbevollmächtigten vor
Im Falle einer Abmahnung bleibt zu raten, vor jeder Reaktion einen spezialisierten Rechtsanwalt für Internetrecht zu Rate zu ziehen. So vermeiden Sie als Seitenbetreiber unnötige Fehler und können die Kosten der Abmahnung und das Haftungsrisiko deutlich minimieren.
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